Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Raabe
Vom Netzwerk:
Johnnie-Walker-Flasche in seiner rechten Hand ein fremdes glattes Etwas.
    »Weißt du, womit ich anfangen werde?«, fragte der Mann und beugte sich zu ihm herab, so dass sein Gesicht direkt vor Jans war.
    Seine Finger packten die Flasche noch fester.
    Der Tätowierte fuhr mit der Messerspitze über Jans Mal. Ein Reflex fing sich in der Klinge, warf einen hellen Fleck auf die Augenpartie des Mannes, und die Iris wechselte die Farbe. Mit einem Mal waren seine Augen rot.
    Jan starrte ihn an.
    Der Mann starrte zurück.
    Nicht wegsehen, dachte Jan und hielt dem Blick stand.
    Seine linke Hand glitt unter den Flaschenboden. Die Rechte hielt die obere Flaschenhälfte so fest, dass seine Knöchel schmerzten.
    Dann stieß er mit aller Kraft die Flasche nach oben und rammte seinem Gegner den Flaschenhals unters Kinn. Jan hörte Zähne aufeinanderschlagen. Der Kopf des Mannes flog in den Nacken, er ließ Jan los, taumelte zurück und stürzte über Gandalfs Leiche.
    Jan rannte los, den Weg, den er gekommen war, quer unter der Brücke durch, dann um die Ecke des Brückenkopfes.
    Schlagartig war es finster. Eine graue, taube Finsternis. Kein Feuerschein mehr, nur Gebüsch und Nebel, und irgendwo weit oben der diffuse Fleck einer Straßenlampe. Jan hastete den steilen Pfad hoch, so schnell es ging, zwischen den kratzenden Büschen hindurch, rutschte aus und schlug mit dem Gesicht voran auf die festgetretene Erde am Hang.
    Unter der Brücke hallte ein wütender Schrei wider, dann Schritte. Jan versuchte, mit den Füßen Halt zu finden, kletterte auf allen vieren den Pfad empor.
    Die Straßenlampe.
    Geschafft!
    Hinter sich hörte er das Keuchen seines Verfolgers, das Rutschen von Sohlen auf der Böschung.
    Er durfte keine Sekunde verlieren. Jan rannte, die Brücke im Rücken, auf dem Bürgersteig die Straße entlang. Der Nebel verschluckte die gesamte nähere Umgebung: Autos, Menschen, Häuser. Straßenlampen schwebten über ihm wie stumpfe Sonnen, Scheinwerfer wurden zu gespenstischen Irrlichtern. Die Schritte hinter ihm waren immer noch da. Scheinbar mühelos, schnell und unbeirrbar.
    Jans Beine wurden schwer, als ob jemand mit einem Strohhalm die Kraft aus ihnen saugte. Seine Lungen begannen zu brennen. Zu wenig Sauerstoff, zu schnelles Atmen. Warum zur Hölle hatte er nur aufgehört, Sport zu treiben?
    Er lief nach rechts. Hundert Meter weiter, dann wieder nach links. Er rannte einen Mann um, dessen Hund bellte, fiel über ihn, stand wieder auf, lief weiter. Seine Lungen wollten zerreißen. Die Schritte hinter ihm wollten nicht verklingen.
    Wieder nach rechts.
    Da war eine offene Hofdurchfahrt, kurz vor der nächsten Straßenlaterne.
    Er lief hinein. Die Durchfahrt war finster wie ein Loch. Ein paar Meter vor dem Innenhof blieb er stehen, den Rücken an die feuchtkalte Wand gepresst und das offene Tor im Blick, das sich vor dem erleuchteten Nebel abzeichnete. Sein Atem pumpte verräterisch, sein Puls dröhnte in den Ohren, und die Beine zitterten vor Anstrengung.
    Er wartete, dass die Schritte näher kamen, dass der Mann vorbeilief. Doch es kam niemand.
    Langsam wich Jan Richtung Hof zurück, den Blick weiter aufs Tor gerichtet. Lautlos trat eine Gestalt in den Lichtschein der Straßenlampe, ein unscharfer Schattenriss, aber Jan erkannte ihn sofort an der Kapuze.
    Er hielt den Atem an, betete, dass der Mann ihn im dunklen Durchgang nicht sah, und tastete sich rückwärts an der Wand entlang bis zum Ende der Durchfahrt. Dann schob er sich um die Ecke. Der Innenhof war eine Sackgasse, vier Stockwerke rundherum, die Dächer verschwanden im Nebel. Hinter mehreren Fenstern brannte Licht. In einer Wohnung flackerte der typisch blaue Schimmer eines Fernsehers.
    Hier drinnen war er geliefert. Es gab keinen zweiten Ausgang.
    Jans Blick flog von den Mülltonnen über die geparkten Autos zu den Fenstern im Souterrain. Überall Gitter. Aber direkt über einer Treppe zum Souterrain stand ein Fensterflügel im Hochparterre offen. Das untere Drittel des Fensters war mit eingemauerten Querstangen vergittert, doch darüber war genug Platz, um einzusteigen. Sofern er überhaupt so hoch kam. Das Fenstersims lag zwar nur zwei Meter oberhalb des gepflasterten Hofs, doch die Treppe machte es nicht einfacher. Er musste springen, über sie hinweg.
    Jan rannte los, direkt auf die Hauswand zu, sprang und warf die Arme hoch. Er bekam die unterste Querstange der Vergitterung zu fassen, prallte aber so heftig gegen die Hauswand, dass er beinah sofort wieder

Weitere Kostenlose Bücher