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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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wünschte«, sagte sie, »ich hätte nicht das Gefühl, Sie wörtlich nehmen zu müssen.«
    »Mir geht's ebenso. Aber. Stellen Sie sich vor, Sie wären an der Macht. Uberlegen Sie einmal, was das Gefährlichste an einem Kind ohne Eltern und mit hohem IQ ist.«
    Für einen langen Moment musterte sie ihn. »Es sieht die Verhältnisse anders als die Verantwortlichen. Aber es könnte häufiger recht haben.«
    Er schlug sich begeistert auf die Schenkel. »Kate, Sie beeindrucken mich ja zum Fürchten! Sie haben haargenau ins Schwarze getroffen. Was sind das für Menschen, die man fürs Tarnover, fürs Crediton Hill und die übrigen geheimen Zentren rekrutiert? Na, jene, die später womöglich eigene Dinge entwickeln, wenn die Regierung sie nicht für ihre Zwecke einspannt, solange sie noch lenkbar sind. Jawohl, ja! Und obendrein. Sagen Sie, haben Sie das Zimmer auf Wanzen überprüft?« Die Frage war überfällig; was war aus seiner gewohnten Vorsicht geworden? Er war bereits voll aufgestanden, als sie mit einer Spur von Unmut antwortete.
    »Natürlich habe ich das! Und ich besitze einen verdammt guten Wanzen-Detektor. Ein Freund hat ihn mir gebastelt. Er hat in KC an der Uni ein Diplom in Industriespionage-Abwehr gemacht. Also bewahren Sie Ruhe und erzählen Sie weiter.« Erleichtert ließ er sich zurücksinken und betupfte seine Stirn.
    »Sie sagten, diese Tarnover-Abgänger, die Sie gesehen haben, waren vorwiegend in der Verhaltens wissenschaft engagiert. Keine in Biologie?«
    »Zwei habe ich getroffen, die befaßten sich damit, aber nicht in KC. Außerhalb des Bundeslandes, in Lawrence. Kann aber sein, daß sie trotzdem an der Uni in KC sind. Ich fand sie abscheulich, deshalb bin ich nicht mit ihnen in Kontakt geblieben.«
    »Haben sie jemals den Stolz und die Freude Tarnovers erwähnt - die verkrüppelten Kinder mit Genie-IQ, die sie fabrizieren?«
    »Was?«
    »Das erste dieser Kinder habe ich mit eigenen Augen gesehen. Man nannte es Miranda. Natürlich war es kein Genie, also handelte es sich um keinen großen Verlust, als es mit vier Jahren starb. Aber die Techniken haben sich verbessert. Das letzte Exemplar, von dem ich vor meinem Verschwinden hörte, konnte zwar auch noch nicht laufen, nicht einmal essen, aber mit einem Computer-Anschluß so gut umgehen wie die Besten unter uns, und manchmal war es schneller als seine Lehrer. Natürlich hat man sich auf Mädchen spezialisiert. Unterm embryonalen Gesichtspunkt sind Männer, wie Ihnen bekannt sein dürfte, unfertige Frauen.«
    Viel Farbe besaß Kates Gesicht nie. Der geringe Rest wich daraus innerhalb weniger Sekunden und ließ das Fleisch ihrer Stirn und der Wangen so bleich werden wir Kerzenwachs. »Erzählen Sie mir Einzelheiten«, sagte sie mit leiser, gepreßter Stimme. »Daran muß mehr sein.« Er gehorchte; als er die vollständige Geschichte wiedergegeben hatte, schüttelte sie mit ungläubiger Miene den Kopf. »Aber diese Leute müssen ja wahnsinnig sein. Wir benötigen eine Erholungspause von der ultraschnellen Veränderung, nicht noch mehr davon. Die halbe Bevölkerung hat das Schritthalten aufgegeben, die andere Hälfte ist verblödet.«
    »Zwieback«, sagte er matt. »Aber sie verteidigen sich damit, daß ja alles, ob es nun hier gemacht wird oder nicht, auf jeden Fall irgendwann irgendwo von irgend wem getan wird, also.« Er hob ratlos die Schultern.
    »Na schön. Vielleicht werden unsere Nachkommen aus unserem Beispiel lernen. Möglicherweise wiederholen sie nicht alle unsere Fehler. Aber. Sind sich diese Leute im Tarnover eigentlich darüber im klaren, daß sie unsere Gesellschaft auf einen Verein von Hysterikern herunterbringen können?«
    »Anscheinend nicht. Mustergültig für Porters Prinzip, oder nicht? Sie nehmen das Verhalten des Wettrüstungsgeschlechts mit ins Zeitalter des Denkergeschlechts. Sie versuchen inkommensurable Größen zu multiplizieren. Sicherlich wissen Sie auch, daß die Anwendung der Minimax-Methode auf die Frage der Rüstung unweigerlich zu dem Resultat führt, daß man rüsten muß. Und genauso haben es ja ihre geistigen Väter gehalten, selbst als die Wasserstoffbombe der Gleichung der Militärmacht bereits einen Unendlichkeitsfaktor hinzugefügt hatte. Sie trachteten nach Sicherheit, indem sie immer mehr bedeutungslose Waffen anhäuften. Im Tarnover begeht man heute einen gleichartigen Fehler. Man behauptet, die genetischen Elemente der Weisheit zu suchen, und ich bin sicher, daß dort die Mehrzahl glaubt, man täte es

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