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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Dreck, und Brunhilde stand mit ihren Pfoten auf mir, ihre Kiefer mit den großen Zähnen über meinem Gesicht, und sie schüttelte den Kopf, als wollte sie sagen: >T-t-t, unartiger Bursche!< Ich würde beschwören, daß sie's so meinte. Ich wünschte, sie wäre schneller gewesen. Denn seitdem habe ich Kate nicht wieder gesehen.« Das Lachen wich. Kummer zeichnete seine Miene.
    »Aha, der Verlust des Hauses traf Sie also so tief, weil es Ihre Beziehung zu Kate symbolisierte.«
    »Sie begreifen nicht einmal einen Bruchteil der Wahrheit. Kein Millionstel. Die ganze Situation, alle Umstände, alles bestand aus Verlust. Es ging nicht allein um das Haus, obwohl es der erste Ort gewesen war, wo ich mich aufhielt und alle Untertöne des Wortes >Heim< zu erfassen vermochte - und nicht allein um Kate, obwohl ich durch sie erstmals einen Begriff von dem zu bekommen angefangen hatte, was man mit dem Wort >Liebe< ausdrückt. Nein, über alldem stand noch etwas anderes, das viel mehr mit mir selbst zu schaffen hatte. Verlust des Selbstbeherrschungsvermögens, das es mir so lange ermöglichte, nach Belieben die Identität zu wechseln. Es verflog in dem Moment, ging mit dem Wind dahin, als ich die Person schlug, der ich auf der Welt am allerletzten weh zu tun wünschte.«
    »Sind Sie davon überzeugt, daß sie dies beiläufige Versprechen, aus KC zurückzukehren, gehalten hätte? Eine Erlaubnis zum Transport des Berglöwen zu bekommen, wäre unerhört schwierig gewesen. Welche Gründe besaßen Sie denn, um davon auszugehen, daß sie es ernst meinte?«
    »Unter anderem die Tatsache, daß sie ein Versprechen einhielt, das sie bezüglich des Berglöwen abgegeben hatte. Sie zählt nicht zu der Sorte Mensch, die ein Versprechen leichthin vergißt. Und inzwischen hatte ich auch kapiert, aus welchem weiteren Beweggrund sie an ein- und derselben Uni einen Studienkurs nach dem anderen besuchte. Ihr lag an einem grundsätzlichen Gefühl der Zusammenhängigkeit. Sie wollte etwas von allem in ihr Weltbild aufnehmen, vom gleichen Fleck aus in der gleichen Perspektive betrachtet. Wenn nötig, hätte sie noch für ein ganzes Jahrzehnt so weitergemacht.«
    »Aber sie begegnete Ihnen, und mit Ihnen zusammenzuleben, das war eine richtige Bildung für sich. Verstehe. Nun ja, ich finde die Idee begreiflich. Zehn Jahre im Tarnover, jedes zu drei Millionen Dollar, dürften Sie in der Tat mit für jedermann ungemein lehrreichen Daten versehen haben.«
    »Ich vermute, Ihr Sinn für Humor beschränkt sich auf Ironie. Haben Sie schon irgendwann einmal über einen Scherz gelacht?«
    »Selten. Ich habe buchstäblich schon alle gehört.«
    »Zweifellos befindet sich unter den Komponenten der menschlichen Persönlichkeit, die Sie zu analysieren versuchen, Humor gleich neben Gram aufgelistet.«
    »Direkt danach. H kommt ja nach G.«
    Eine Pause ergab sich. »Wissen Sie was? Dies ist das erstemal, daß ich mir darin unsicher bin, ob Sie mich aufziehen oder nicht.«
    »Versuchen Sie's selbst herauszufinden.« Freeman stand auf und reckte sich. »Sie können damit Ihren Geist bis zu unserer nächsten Sitzung beschäftigen.«
Ernster Fall
    Nachdem er Kate geschlagen hatte. Es war keine Rechtfertigung, daß seine Welt erneut ins Grau der Bitternis eingefärbt worden war; manche seiner neuen Nachbarn - seiner neugewonnenen Freunde - hatten nicht bloß ein Haus, sondern eine ganze Stadt in Trümmer fallen sehen. Und welche Entschuldigung konnte er überhaupt in einer Umwelt äußern, wo sogar die Hunde zwischen Gewalt und Gewalttätigkeit zu unterscheiden verstanden? Die Rottenmitglieder, die es für eine Belustigung erachtet hatten, eine friedliche Gemeinde aufs Geratewohl mit einem Granatwerfer zu beschießen, waren unschädlich gemacht worden. Einige wiesen Bißwunden auf. Aber die Bisse waren zielsicher und angemessen gewesen. Dieser Arm hatte eine Schußwaffe oder ein Messer gehalten; deshalb hatte man die Finger dazu zwingen müssen, sich zu öffnen und die Waffe fallen zu lassen. Jenes Paar Beine hatte dem Eigentümer zur Flucht verhelfen sollen; folglich hatte man einen Fußknöchel gerade fest genug packen müssen, um ihn zu Fall zu bringen. Alles aus gutem Grund. Doch er hatte keinen guten Grund gehabt, um Kate zu schlagen. Man erklärte ihm, wieso nicht, erläuterte es ihm im ruhigen Ton der Geduld. Er blieb gegenüber allen Zureden taub, antwortete mit fadenscheinigen Rechtfertigungsversuchen, durchsetzt mit Kränkungen, bis man schließlich Blicke

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