Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
Hirschlederschuhe auf das Metallgitter. «Sie füttern einen wie die Tiere, damit man ruhig bleibt, die Decks sehen aus wie Broad Walk in Atlantic City, und die Leute sind ebenso scheußlich. Das ist meine zwanzigste Überfahrt, glaube ich. Ich habe es aufgegeben, sie zu zählen. Fünf Tage meines Lebens vertan. Hundert Tage im ganzen! Denken Sie nur! Könnten Sie mir nicht irgendeine Droge oder sonst etwas geben, Doktor? Um mich bewußtlos zu machen, bis wir landen? Sie haben also Pat Pococks neue Nase gemacht?» fuhr sie ohne Pause fort. «Nun ja, es gab auch genug zu verbessern.» Sie rümpfte ihre eigene Nase. «Dafür muß man Arzt sein, sagen Sie? Bloß für solche Sachen?»
    «Es ist vielleicht doch eine drastischere Prozedur als Haarwäsche; und Wasserwellen, glauben Sie nicht auch?»
    «Heutzutage scheint sich jeder die Nase ändern zu lassen. Oder das Gesicht spannen. Das ist vermutlich auch Ihr Gebiet?»
    Er nickte. «Eine verzweifelte Operation. Um vergangene Glorie wiederherzustellen, nicht um gegenwärtige zu verschönern.»
    «Wo operieren Sie, Doktor? In London oder in New York?»
    «In London. Zum Großteil in der Cavendish Clinic. Und im Krankenhaus natürlich. Blackfriars. An den mittellosen Patienten.»
    «Erzählen Sie mir, was Sie sonst noch an Operationen machen», lud sie ein. «Ich vertrage es. Ich bin hart, wissen Sie. Man muß hart sein in diesem Geschäft.»
    Graham lehnte den Arm an die Teakholzreling und gab ihr einen kurzen, nicht allzu beunruhigenden, für ihn selbst aber schmeichelhaften Abriß seiner Arbeit. Er besaß die wertvolle Fähigkeit, einem Laienpublikum interessant und angenehm vortragen zu können, wie er an jenem Nachmittag in der Half Moon Street entdeckt hatte. Sie lauschte schweigend. Als er fertig war, riskierte er die Bemerkung: «Ihnen wenigstens, Miss Garrod, bleibt die Notwendigkeit meiner Behandlung erspart.»
    Sie lachte. Sie schien ihn zu verhöhnen. Dann verfiel sie in Schweigen, schaute zum Heck und betrachtete die Abendsonne, die sich erstaunlich schnell ins Meer senkte. «Kommen Sie mit», sagte sie plötzlich.
    Graham folgte ihr. Es war zwar merkwürdig, aber sie war auch eine merkwürdige Frau. Sie fuhren mit dem Lift vier Decks tiefer und gingen den Hauptkorridor mit seinen Farnen in kleinen Töpfen entlang in ihr Appartement. Da sie noch immer nichts sagte, spekulierte Graham über die möglichen Gründe dieser unerwarteten Einladung, und sie waren allesamt schmeichelhaft oder sogar erregend für ihn. Die Tür zu dem Appartement wurde von dem englischen Mädchen geöffnet. Sein Gesicht war rot, und es war offenbar erhitzt, weil es entdeckt hatte, daß seine Sekretärinnenpflichten das Waschen und Bügeln von Miss Garrods Leibwäsche einschlossen. Sie wurde barsch ins Schlafzimmer geschickt. Die Schauspielerin wandte sich Graham zu und zog die Locken von ihrem rechten Ohr. «Nun, Doktor?» Sie blickte ihn schadenfroh lachend an. «Was halten Sie davon ?»
    Das Ohr war verdreht und deformiert, nicht viel mehr als ein paar Bläschen dunkelroten Fleisches.
    «Das überrascht Sie, Doktor? Das Studio kann mir ein falsches geben.» Sie ließ ihr Haar zurückfallen. «Die Filme sind großartig. Nichts ist zu schwer für sie. Aber jetzt heißt es, man wird die Haare hochgesteckt tragen. Vielleicht wird das mein Ruin, so wie die Tonfilme halb Hollywood ruiniert haben.»
    Sie griff nach einer Zigarette.
    «Aber das muß ein ungeheures Handikap gewesen sein», rief Graham aus. Er fühlte tiefes Mitleid. Ein sterbender Mann oder ein verkrüppeltes Kind ließen ihn gleichgültig, aber beeinträchtigte Schönheit rührte ihn.
    «Ja, es wird wohl ein Hindernis gewesen sein», stimmte sie'! leichthin zu.
    «Wollen Sie nicht, daß ich etwas dagegen unternehme? Ich könnte es, wissen Sie. Ich könnte Ihr Ohr genauso machen wie das ' gesunde.»
    Sie blies mit offenem Mund Rauch aus. «Wie?»
    «Darf ich noch einmal schauen?» Sie erlaubte es. « Gillies hat eine Operation - Sie haben sicher von ihm gehört? Er verwendet Knorpel aus dem Ohr der Mutter des Patienten.»
    «Meine Mutter ist tot.»
    «Ich habe ohnedies meine Zweifel an der Gewebeübertragung von einem Menschen auf den anderen.» Er untersuchte die Mißbildung. «Ich würde ein Stückchen von einem ihrer Rippenknorpel als Grundstütze nehmen. Hauttransplantationen und Formung würden die Sache vollenden. Ich würde eine Art Sandwich aus Gewebe machen, außen Haut, innen Knorpel, wissen Sie. Das Läppchen und ein

Weitere Kostenlose Bücher