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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Merci.»
    Der Dank war an Grahams Zigarettendose gerichtet. Sie sah ihn nicht einmal an, obwohl er sie sehr gründlich musterte. Sie war fast so schön wie ihre Fotografien, die man überall fand, sogar in Herrentoiletten. Sie schien kleiner als auf der Leinwand. Sie trug ein schwarzes Chiffonkleid mit Spitzen und einem Muster rosa- und goldfarbener Blumensträuße, die die sanften Formen ihres Busens und Beckens so begeistert zu umfangen schienen, wie es die halbe Welt offenbar zu tun wünschte. Ihr blondes Haar fiel in einem Lockenschwall über die Ohren, ihre Unterlippe war voll, die Augen hielt sie unter geometrisch genauen Mascarabögen halb geschlossen. Graham überlegte, ob sie dies für erregender hielt oder vielleicht an irgendeiner Form von Gesichtslähmung litt.
    Als der kleine Kapitän seine Gäste vorstellte, begrüßte Stella Garrod sie alle warm, ja sogar herzlich, doch bemerkte Graham, daß sie sich nie die Mühe machte, ihre Namen zur Kenntnis zu nehmen, nicht einmal ihre Gesichter. Sie schien weder zu hören, was man ihr sagte, noch, was sie selbst sagte. Sie war völlig egozentrisch. Nach wenigen Zügen drückte sie ihre Zigarette aus und verlangte sofort darauf eine neue. Sie nippte kaum an ihrem Cocktail. Während sie plauderte, flatterten ihre kleinen, von Diamanten und Nagellack blitzenden Hände vor, um die Pointen ihrer Geschichten über Ivor Novello, C. B. Cochran, Clark Gable, Alexander Korda und andere zu illustrieren, die sich um sie scharten und den grauen Alltag von ihr fernhielten. Sie ist wirklich erstaunlich nervös, dachte Graham. Er nahm an, daß ihre Selbstsicherheit auf der Bühne von der gleichen professionellen Art war wie seine Selbstsicherheit im Operationssaal. Schauspielerinnen waren interessante Leute. Er wünschte, er würde mehr von ihnen kennen. Aber verdammterweise schienen sie alle ihre Gesichter zu Archie Mclndoe zu tragen.
    Nach zwanzig Minuten war die Vorstellung zu Ende. Als der Kapitän und die Geschäftsleute für den Abgang des Stars zur Seite wichen, folgte Graham einer plötzlichen Eingebung und sagte: «Ich glaube, ich kenne eine Ihrer Freundinnen - Lady Pocock.»
    «Großer Gott! Pat Pocock.» Sie machte eine Pause und strich über ihre blonden Locken. «Aber heutzutage erkennt sie ja kein Mensch mehr, mein Lieber. Sie hat sich für die Krönung eine neue Nase machen lassen.»
    Graham lächelte. «Ich weiß. Ich habe sie gemacht.»
    «Sie haben sie gemacht? Dann sind Sie ein Schönheitschirurg? Wie furchtbar aufregend.» Erkennen dämmerte in ihren blaßgrünen Augen unter den lässigen Lidern. «Diese Woche im Life - das waren Sie, nicht wahr? Seitenlang, ganz sensationelle Publicity. Ich war grün vor Neid.»
    Sie entschwand, ein scharfes Parfüm hinterlassend wie die Auspuffgase eines schönen Rennwagens.
    Stella Garrod aß allein in ihrem Appartement mit ihrer Sekretärin, was, wie sie sich sagte, triste, mais très nécessaire sei. Wenn sie ihre Unerreichbarkeit verlor, war sie auf dem Wege, alles zu verlieren. Außerdem waren die Leute auf Schiffen untragbar, und überdies hatte sie beschlossen, die Seefahrt in schlechter Laune zu verbringen. Ihr Stück hatte in der Hitze eines New Yorker Sommers den Geist aufgegeben, unbeweint. Seine Nachrufe waren schon bei der Geburt geschrieben worden. Sie hatte die Gelegenheit zu einer Rolle in der neuen Bridie Show, die daheim in London in Szene ging, verpaßt. Die Filmindustrie war äußerst beunruhigt, weil sie einen Krieg fürchtete. Stella Garrod meinte verärgert, das habe denn wirklich nichts mit ihr zu tun. Das Drehbuch, das ihr Agent aus London geschickt hatte, war hoffnungslos - der Mann war unmöglich, wenn es auf ihn ankam, würde sie diese Weihnachten in einer Pantomime spielen müssen. Ihre neue Sekretärin, eine junge Engländerin, die sie in New York engagiert hatte, war ebenfalls unmöglich; sie würde ihr gleich bei der Ankunft kündigen müssen. Ihre Stimmung hellte sich nicht einmal auf, als sie sich ins Gedächtnis rief, daß die Schiffahrtslinie sie aus Ehrfurcht vor ihrem Publicity-Wert zu halbem Preis beförderte.
    Doch auch der unnahbarste Filmstar braucht Bewegung. Am nächsten Abend fand Graham sie an Deck. Sie trug eine Sonnenbrille und lehnte in verdrießlicher Betrachtung über der Reling. Ihr hauchzarter Schal flatterte im Wind.
    «Sind Schiffe nicht gräßlich? » begann sie, ehe er sich erneut vorstellen konnte. Er lehnte neben ihr und stützte seine braun-weißen

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