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Der Schönheitschirurg

Der Schönheitschirurg

Titel: Der Schönheitschirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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hatte. Der arme kleine Teufel hatte auf Rauchen, Trinken und Urlaub verzichtet, das Dienstmädchen entlassen und das bescheidene Dach, unter dem seine Frau und seine drei Kinder in ewiger Hoffnung und zeitlicher Enthaltsamkeit lebten, mit einer Hypothek belastet.
    «Ich dachte nicht, daß es Ihnen etwas ausmachen würde, Graham», sagte er schüchtern. «Die private Warteliste war schon enorm lang.»
    «Natürlich macht es mir etwas aus! Den Geist unserer Partnerschaft zu verletzen ist viel abscheulicher als den Buchstaben zu brechen. Ich sehe es jedenfalls so, auch wenn Sie das nicht verstehen.» ^
    Tom begann gehorsam die verstreuten Akten aufzusammeln. «Ich werde Ihnen sagen, warum ich diese Fälle übernahm. Weil ich finde, daß ich nicht genug Erfahrung bekomme.»
    «Mein Gott, Sie bekommen die beste Erfahrung der Welt! Ich habe Ihnen im St. Sebastian’s und im Blackfriars Hospital reichlich freie Hand gelassen, oder etwa nicht? Ich hätte in Amerika fünfzig junge Burschen für die Stelle aussuchen können statt Ihnen. Denken Sie das nächste Mal daran, wenn Sie wieder zu Frechheiten aufgelegt sind. Natürlich muß ich die ganze kosmetische Arbeit machen, privat jedenfalls. Es hat seinen guten Grund. Ich kann es viel besser als Sie.»
    Graham lehnte sich in seinen Stahhrohrsessel zurück und faltete die Arme über seinem eleganten, doppelreihigen grauen Anzug mit weißen Streifen. Tom fuhr in beiläufigem Ton fort: «Ich habe alles überdacht, während Sie weg waren, Graham, und ich habe mich entschlossen, Sie zu verlassen.»
    «Oh?» Graham setzte sich gerade. «Deshalb haben Sie also all diese kosmetischen Operationen gemacht? Sich einen hübschen kleinen Ruf unter den Freunden und Ärzten der Patienten verschafft, während ich aus dem Weg war. Ich verstehe.»
    «Nein, nein, so war es gar nicht.» Tom rang seine kleinen Hände. Er sah mehr denn je wie ein Maulwurf aus, ein Maulwurf, der endlich an das höchste unangenehme Tageslicht gezerrt wird.
    «Nun gut, wenn Sie sich selbständig machen wollen, tun Sie es nur», sagte Graham impulsiv. «Wir trennen uns. Lassen Sie die Anwälte etwas auf ein Stück Papier kritzeln.»
    «Ich weiß natürlich, daß ich meine Investitionen verliere ...»
    «Ich würde mein Gewissen nicht mit einem Pfund von Ihrem Fleisch belasten», sagte Graham eitel. «Gott weiß, wovon Sie leben werden. Unser Fach ist das härteste der Welt. Ich habe mir meinen Weg in den Ring gebahnt, aber ich will verdammt sein, wenn ich Ihnen helfen werde. Das ist Ihre Angelegenheit. Ich bin nur bestürzt über Ihre krasse Undankbarkeit.»
    «Hören Sie, Graham ...» Tom lehnte sich über den Schreibtisch, seine Augen sprühten, und seine Zähne wurden sichtbar. Graham blickte überrascht. Ein zorniger Maulwurf ist ein ungewöhnlicher Anblick. «Erinnern Sie sich an den Artikel, den Sie über Mandibularfrakturen veröffentlichten? Wer tat die Arbeit?» Er klopfte an seine dicke Brust. «Ich. Wessen Name erschien darin? Ihrer. Erinnern Sie sich an die Hasenscharten, über die Sie vor der Gesellschaft für Pädiatrie sprachen? Wessen Fälle waren das? Wer machte die Operationen? Und wer wurde dafür gelobt? Sie lassen mich ja nicht einmal einen eigenen Vortrag halten! Ich kann wirklich nicht verstehen, warum Sie mir neidisch sind. Ich habe nie etwas getan, um Ihnen zu schaden, ich bin Ihnen nie in den Weg getreten.»
    «Neidisch, Ihnen ?» Graham war empört. «Seien Sie doch nicht so verdammt blöd. Sie könnten ebensogut sagen, Carnera war einem Fliegengewichtler neidisch.»
    Toms Zorn versprühte wie ein Streichholz und ließ nichts als schwarze Reue zurück. «Es tut mir leid, Graham. Ich hätte nicht so wütend werden sollen. Sie waren sehr gut zu mir, und ich anerkenne das - ich hoffe, Sie werden mir glauben.» Graham sagte nichts. «Schließlich habe ich jetzt fast zehn Jahre lang auf die eine oder andere Art mit Ihnen gearbeitet. Das letzte, das ich möchte, wäre, Sie im Stich lassen. Ich bleibe selbstverständlich in der Praxis, bis Sie mich nicht mehr sehen wollen.»
    Graham blickte auf seine Armbanduhr. «Es ist jetzt Viertel nach elf Uhr. Sagen wir zwölf Uhr mittag?»
    Tom Raleigh verzog den Mund. Langsam sammelte er fünf oder sechs Notizmappen ein. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Sprechzimmer.
    Graham saß in schlechter Laune hinter seinem Schreibtisch, und seine Stimmung wurde noch durch den Verdacht verschlimmert, daß Tom vollkommen recht hatte. Natürlich gönnte er ihm

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