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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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wusste Nummy trotzdem, dass es sich nicht gehörte, diese Wörter zu sagen.
    Als die Polizisten fort waren, drehte sich Mr Lyss zu seinem Zellengenossen um. Nummy lächelte, aber Mr Lyss lächelte nicht.
    Das Gesicht des alten Mannes war verkniffen und zornig – aber vielleicht war das auch sein normaler Gesichtsausdruck, den er von Natur aus hatte, etwas, was man als gegeben hinnehmen musste, keine Entscheidung, die man selbst treffen konnte. Nummy hatte nie einen anderen Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen. Sein kurzes Haar stand in alle Richtungen ab, genauso wie das Fell und die Federn von Tieren in Zeichentrickfilmen, wenn sie einen elektrischen Schlag bekamen. Seine entblößten Zähne waren wie Holzkohlen, nachdem alles Schwarz aus ihnen herausgebrannt war. Seine Lippen waren so schmal, dass sein Mund wie ein Schlitz in seinem Gesicht aussah, eine Schnittwunde.
    »Was, verdammt noch mal, wollte er damit sagen – wir sind Viehbestand?«, fragte Mr Lyss aufgebracht.
    Nummy sagte: »Das Wort kenne ich nicht.«
    »Welches Wort? Viehbestand? Du lebst in Montana, und du weißt nicht, was Viehbestand ist? Du willst mich wohl verarschen.«
    Nummy sagte die Wahrheit: »Ich weiß nicht, wie Sie das meinen, Sir.«
    Mr Lyss baute sich mit geballten Fäusten vor Nummy auf und sagte: »Und jetzt stellst du dich auch noch blöd, du Klugscheißer. Du hältst dich wohl für besonders gescheit?«
    »Nein, Sir. Ich bin nicht gescheit, ich bin vom Glück verwöhnt.«
    Mr Lyss starrte ihn an. Nach einer Weile schlug Nummy die Augen nieder und sah den Fußboden an. Als er wieder aufblickte, starrte ihn der alte Mann immer noch an.
    Schließlich sagte Mr Lyss: »Du bist eine Art Dummkopf.«
    »Gibt es mehr als eine Art?«
    »Es gibt eine Million Arten. Da gibt es die, die sich dumm anstellen, wenn es um Geld geht. Dann gibt es andere, die sich dumm anstellen, wenn es um Frauen geht. Manche sind so dumm, dass sie ihr ganzes Leben mit dem Kopf im Arsch verbringen.«
    »In wessen Arsch, Sir?«
    »In ihrem eigenen Arsch, was dachtest du denn, in welchem Arsch?«
    »Das geht nicht«, sagte Nummy. »Nicht mit dem eigenen Kopf und dem eigenen Arsch.«
    »Machbar ist das«, beharrte Mr Lyss.
    »Selbst wenn es machbar wäre, warum sollte jemand das wollen?«
    »Weil sie Schwachköpfe sind«, sagte Mr Lyss. »Schwachköpfe tun das.«
    Nummy sagte, immer noch zweifelnd: »Die müssen noch viel dümmer sein als ich.«
    »Viele Leute sind dümmer als du, weil sie nicht begreifen, dass sie dumm sind. Du weißt es wenigstens. Das ist immerhin etwas.«
    »Ich kenne meine Grenzen«, sagte Nummy.
    »Du kannst dich glücklich schätzen.«
    »Ja, Sir. Deshalb nennen es die Leute ja auch so, wie sie es nennen.«
    Mr Lyss blickte finster. »Was soll das heißen? Wie nennen die Leute was?«
    »Das Glück der Dummen. Sie nennen es so, weil es dummen Menschen zustößt. Aber es ist nie Glück, es ist Gott. Gott passt auf Leute wie mich auf.«
    »Ach ja? Und woher weißt du das?«
    »Großmama hat es mir erzählt, und Großmama hat nie gelogen.«
    »Jeder lügt, Junge.«
    »Ich nicht«, sagte Nummy.
    »Nur weil du zu dumm zum Lügen bist.«
    »Sie haben gesagt, viele Leute sind dümmer als ich, also gibt es viele Leute, die nicht lügen.«
    Mr Lyss spuckte auf den Boden. »Ich mag dich nicht, Junge.«
    »Das tut mir leid, Sir. Ich mag Sie schon – ein bisschen.«
    »Da haben wir sie doch, die erste Lüge. Du kannst mich absolut nicht leiden.«
    »Das stimmt nicht. Ich mag Sie wirklich. Ein ganz kleines bisschen.«
    Mr Lyss’ rechtes Auge wurde größer als das linke, als hätte er sich eine Lupe davor gehalten, und er beugte sich vor, als musterte er eingehend ein seltsames Insekt. »Was könnte man an mir mögen?«
    »Sie sind nicht langweilig, Sir. Ihre Reizbarkeit ist gefährlich, und das ist nicht gut. Aber Sie sind das, was Großmama einen bunten Hund genannt hat. Ohne Leute, die bunte Hunde sind, wäre die Welt so langweilig wie Vanillepudding ohne was dazu.«
    9.
    Sowie sich die kalte Mündung der Pistole an ihren warmen Nacken presste, hielt Carson vollkommen still. Durch zusammengebissene Zähne bedachte sie Chang mit einem Schimpfwort, für das man sie in New Orleans wegen Mangel an Sensibilität aus dem Polizeidienst entlassen hätte. Sie hätten sie aufgrund von geschlechtsspezifischen, rassistischen und kulturellen Vorurteilen rausgeschmissen.
    Er antwortete mit einem Schimpfwort, das kein Arzt jemals für einen Teil der weiblichen Anatomie

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