Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
Kleine in seiner rechten Armbeuge wiegte. Er hielt einen ihrer Füße zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger seiner linken Hand und staunte darüber, wie winzig er war. Dann machte er ihr Komplimente zu ihren rosa Babyschühchen.
    Carson war verwundert darüber, dass es ihr nicht die geringsten Sorgen bereitete, zu sehen, wie dieser riesige und Furcht einflößende Mann, der seine Mordlust in seinen frühen Jahren selbst eingestanden hatte, ihre heiß geliebte Tochter auf seinem Arm hielt. In New Orleans hatten sie sich mit ihm gegen Victor verbündet und waren gemeinsam durch eine Art Hölle gegangen, und er hatte sich immer als standhaft und unerschütterlich erwiesen. Noch entscheidender war jedoch, dass Deucalion etwas, was nicht von dieser Welt war, an sich hatte, die Aura eines Mannes, der durch sein Leiden geläutert war und jetzt im Stand der Gnade lebte.
    Scout indes flößte weder Deucalions Größe Ehrfurcht ein, noch ließ sie sich von der ruinierten und tätowierten Hälfte seines Gesichts einschüchtern. Als er die Lippen vorschob und das Geräusch eines Motorboots von sich gab – putt-putt-putt-putt-putt – , kicherte sie. Als er sie mit einem Finger unter dem Kinn kraulte, packte sie diesen Finger mit einer Hand und versuchte, ihn an ihren Mund zu führen, um ihren neuen Zahn an ihm auszuprobieren.
    Arnie, der noch am Tisch saß, sagte: »Ich habe ihn in die Enge getrieben, Carson. Er veranstaltet diesen ganzen Wirbel um Scout nur, damit er das Spiel nicht fortsetzen und verlieren muss.«
    Bis zum Alter von zwölf Jahren war Arnie autistisch gewesen, so gründlich nach innen gekehrt, dass Carson nie ein normales Gespräch mit ihm geführt, sondern nur Augenblicke einer Verbindung erlebt hatte, die zwar durch Mark und Bein gingen, aber doch unzureichend und frustrierend waren. Nach Victors Niederlage in New Orleans und der Zerstörung seiner Laboratorien und seiner Zuchtfarmen hatte Deucalion den Jungen mit Mitteln geheilt, die Carson nicht verstehen und die Deucalion nicht erklären konnte – oder wollte. Nach ganzen zwei Jahren fand sie es immer noch erstaunlich, dass Arnie ein normaler Junge war, mit knabenhafter Begeisterung und dem ganz normalen Ehrgeiz eines Jungen in seinem Alter.
    Soweit sie sehen konnte, fehlte es Arnie jedoch an den typischen Illusionen, die andere Kinder auf eine harte Probe stellten, sie zu potenziellen Opfern machten und sie manchmal vom rechten Weg abführten. Er besaß ein Gespür für seine naturgegebene Würde, aber nicht das pubertäre Ego, das es ihm erlaubte, seine Fähigkeiten oder sein Schicksal als außergewöhnlich anzusehen. Er schien die Welt und die Menschen als das anzusehen, was sie waren, und er besaß eine stille und unerschütterliche Zuversicht.
    Carson fand die Selbstsicherheit ihres Bruders bemerkenswert, wenn man bedachte, dass er in seinen autistischen Zeiten nur eine geringe Bandbreite von Erfahrungen ertragen hatte. Er hatte sich an feste Alltagsabläufe gehalten, und schon die geringste Abweichung von dieser Routine hatte blankes Entsetzen oder den vollkommenen Rückzug in sich selbst bei ihm auslösen können. Aber so war es nicht mehr.
    Deucalion nahm Arnies Herausforderung an und setzte sich, nach wie vor mit Scout in seiner Armbeuge, wieder hin. Mit seiner freien Hand zog er eine Spielfigur und schien dabei die Konsequenzen nicht zu bedenken.
    Arnie sagte stirnrunzelnd: »Das war ein falscher Zug. Dein Springer konnte es kaum erwarten, zum Einsatz zu kommen.«
    »Oh ja, ich habe seinen Schrei gehört. Aber mit dem Läufer habe ich mehr zu gewinnen. Du wirst es gleich sehen.«
    Michael, der auf einem dritten Stuhl am Tisch saß, sagte: »Wie lebt es sich in der Abtei?«
    »Wie überall sonst auch«, erwiderte Deucalion. »Von oben bis unten voller Bedeutung, aber in jede Richtung geheimnisvoll.«
    Carson setzte sich auf den vierten Stuhl. »Warum fühle ich mich plötzlich unbehaglich?«
    »Diese Wirkung habe ich auf Menschen.«
    »Nein, es liegt nicht an dir, es liegt an dem, weshalb du hier bist.«
    »Warum bin ich hier?«
    »Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber ich weiß, dass es kein zufälliger, impulsiver Besuch ist. Nichts an dir ist impulsiv oder zufällig.«
    Jetzt pulsierte in seinen Augen die subtile Leuchtkraft, die sich von Zeit zu Zeit darin zeigte. Er konnte dieses Glühen nicht erklären, diese flüchtigen Spuren von Licht, obwohl er sagte, es könnte irgendwie der Rest des seltsamen Blitzes sein, der ihn vor zweihundert

Weitere Kostenlose Bücher