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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Geschmack reichlich dunkel, aber man konnte immer die nächste Waffel vor sich sehen.
    Kleinere Abflussleitungen führten in das Hauptabflussrohr. Nummy konnte sie nicht immer sehen, aber er konnte hören, wie sich das Echo seiner Schritte nach links oder rechts ausbreitete, wenn er an einem anderen Rohr vorbeikam. Wenn Mr Lyss die Dunkelheit in genau dem Moment verfluchte, wurden seine Worte hohl und gespenstisch in andere Teile der Stadt getragen.
    Manchmal, wenn Nummy allein im Abflussrohr war, hatte er das Gefühl, hier unten lebte etwas – etwas, nicht jemand – , aber er wusste nicht, was das sein könnte, und er wollte es auch gar nicht herausfinden. Wenn dieses Gefühl wirklich stark wurde, hielt er sich wochenlang von dem Abflussrohr fern.
    Ein paarmal sah er, wenn er eine Taschenlampe dabei hatte, eine Ratte – einmal tot, dreimal lebendig. Nie mehr als eine, keine Rudel. Aber Ratten waren ohnehin nicht das unbekannte Ding, das vielleicht hier unten lebte. Jedes Mal, wenn Nummy eine lebendige Ratte sah, schien sie verängstigt vor etwas anderem als ihm davonzulaufen.
    Da es seit zwei Wochen nicht mehr geregnet hatte, war das Rohr trocken. Im Moment stank es auch nicht, sondern roch nur stark nach dem Zement, von dem sie allseits umgeben waren.
    Mr Lyss, der dicht hinter Nummy war, sagte nicht zum ersten Mal: »Versuch bloß nicht, mir davonzulaufen.«
    »Nein, Sir.«
    »Ich habe die Nase eines Bluthundes.«
    »Das sagten Sie bereits.«
    »Ich werde dich anhand deines Geruchs aufspüren.«
    »Ich weiß.«
    »Und dir die Eingeweide rausreißen.«
    »Ich würde Sie niemals hier drinnen allein lassen.«
    »Ich schlinge dir deine Eingeweide um den Hals und erdrossele dich damit. Würde dir das gefallen, Peaches?«
    »Nein.«
    »Es wäre nicht das erste Mal. Ich habe es schon getan, und ich werde es wieder tun. Ich halte mich an keine Regeln, und ich habe kein Mitleid.«
    Nummy hatte mal jemanden von einer Selbstmitleids-Orgie reden hören. Er wusste zwar nicht, was für eine Art Party das sein sollte, aber es klang so, als könnte Mr Lyss selbst dann keine Selbstmitleids-Orgie besuchen, wenn ihn jemand dazu einlud, weil er kein Mitleid hatte, das er mitbringen konnte. Vielleicht war das einer der Gründe, weshalb er ständig so wütend war – er wollte auf Partys gehen, aber das ging nicht.
    Mr Lyss tat Nummy leid.
    Nummy wurde auch nie auf Partys eingeladen, aber ihm war das recht, weil er ohnehin nicht hingehen wollte. Er hatte immer nur zu Hause bleiben und bei Großmama sein wollen. Da Großmama jetzt fort war, wollte Nummy immer nur zu Hause bleiben und bei seinem Hund Norman sein.
    Aber wenn man auf Partys gehen wollte, und es ging nicht, dann musste das traurig sein. Nummy versuchte sich immer dafür zu entscheiden, glücklich zu sein, denn Großmama hatte gesagt, das könnte und sollte er tun, da er die Wahl hätte, aber er sah auch, wie oft andere Leute traurig waren, und sie taten ihm leid.
    Langsam beschrieb das Abflussrohr einen weiten Bogen, und als sie die Biegung hinter sich hatten und es wieder gerade verlief, war am Ende ein großer Lichtkreis zu sehen.
    Ein runder Gitterrost versperrte das Ende des Abflussrohrs, um zu verhindern, dass Abfälle und abgebrochene Äste in die Kanalisation gespült wurden. Das Abdeckgitter sah so aus, als sei es rundum an den Seiten des Rohrs befestigt, aber in Wirklichkeit war es wie eine Münze, die hochkant dastand. Wenn man wusste, wo der kleine verborgene Hebel war, dann konnte man draufdrücken und das ganze Gitter zur Seite hin öffnen.
    »Drehgelenke«, sagte Mr Lyss. »Wer hat dir das gezeigt?«
    »Niemand. Eines Tage habe ich den Hebel gefunden.«
    Sie kamen aus dem Rohr heraus in ein großes, aber flaches betoniertes Auffangbecken. Arbeiter hatten die Abfälle vom letzten Unwetter beseitigt. Das Betonbecken war sauber und trocken.
    Eine schmale Straße endete an dem Auffangbecken. Sie folgten ihr ein kleines Stück abwärts, verließen dann die befestigte Straße und durchquerten ein Feld, das hinter Nummys Haus lag.
    »Ein süßes kleines Häuschen«, sagte Mr Lyss. »Es sieht so aus, als wohnte hier Schneewittchen mit sieben verdammten Zwergen.«
    »Nein, Sir. Nur ich und Großmama. Jetzt ich und Norman.«
    Nummy lüpfte die Türmatte, um den Schlüssel hervorzuziehen.
    Mr Lyss sagte: »Du versteckst den Schlüssel einfach unter der Türmatte?«
    »Das ist ein Geheimnis«, flüsterte Nummy.
    »Bist du noch nie nach Hause gekommen, und alles war

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