Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
die Gefriertruhe im angrenzenden Abstellraum galt. Drei Schlafzimmer, davon ein großes auf der Vorderseite und zwei kleinere rechts und links von dem Flur, der zum Bad führte. Alles war peinlich sauber und ordentlich, genau wie Ron es vorhergesagt hatte.
Frank Parrish ging von Raum zu Raum und suchte nach einem Versteck. Als er mit den naheliegenden Möglichkeiten fertig war, nahm er sich alles andere vor. Ohne Schuhe lief er über die Teppiche in allen Zimmern, um Vertiefungen oder Erhebungen zu spüren – Anzeichen für ungleichmäßige Bodendielen, für eine Klapptür oder Luke. Er untersuchte das Linoleum im Bad und zog dann vorsichtig die Plastikverkleidung neben der Wanne beiseite, um zu schauen, ob dort etwas versteckt war. Jeden einzelnen Raum nahm er sich vor, jedes Stück der Decke im Obergeschoss, um keine verborgene Tür zum Speicher zu übersehen. Es gab keine, was aber nicht notwendigerweise bedeutete, dass es oben keinen Stauraum gab; er musste bloß herausfinden, wie man in diesen Stauraum gelangte. In den kleineren Zimmern lagen die Rucksäcke der Kinder auf den Betten. Hier übernachteten sie also bei ihren Wochenendbesuchen. Am gründlichsten durchsuchte er McKees Schlafzimmer. Dort gab es einen Fernseher mit DVD-Player und ein Fach mit einer DVD-Sammlung. Actionfilme, ganz normales Zeug, nichts Interessantes. Trotzdem kontrollierte er jede einzelne Hülle daraufhin, ob sie tatsächlich den entsprechenden Film enthielt. Er durchsuchte den Kleiderschrank, tastete ihn auf mögliche falsche Böden und Wände ab, schaute unter dem Bett nach, hob die Matratze an und fühlte an ihren Kanten, ob etwas in ihnen versteckt worden war. Das einzige Ergebnis dieser Suche war eine wachsende Frustration.
Parrish ging zurück nach unten. Ein nagender Zweifel machte sich in ihm breit. Auch die Küche half ihm nicht weiter; er zog die Gefriertruhe und die Waschmaschine von der Wand weg, doch so gründlich er auch hinschaute, er sah bloß eine Gefriertruhe und eine Waschmaschine.
Im Garten gab es nur einen Plattenweg, eine kleine Grasfläche und ein paar Quadratmeter blanke Erde.
Parrish blieb eine Weile am Küchenfenster stehen und schaute hinaus.
Denk nach! Wenn ich er wäre, was würde ich tun? Wo würde ich etwas verstecken, das niemand finden darf?
Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, rückte das Sofa und den Tisch von den Wänden ab und schlug die Ränder des Teppichs einen Meter breit in Richtung der Zimmermitte um. Er stellte das Sofa hochkant und löste mit seinem Schraubenzieher genügend Drahtklammern, um seine Hand unter die Bespannung schieben zu können. Außer der Polsterung und Holzstreben ertastete er nichts. Aber irgendetwas befand sich hier im Haus. Er war sich sicher. Er war sich einfach sicher .
Parrish stellte alles so zurück, wie er es vorgefunden hatte. Er fragte sich, ob es im Boden von McKees Garage eine Arbeitsgrube gab oder ob der Mann eine weitere Bleibe besaß, vielleicht einen Wohnwagen irgendwo außerhalb der Stadt, ein geheimes Refugium, ein Schlupfloch, ein verdammtes Privatkino.
Der Stauraum unter der Treppe war klein und schwer zugänglich, doch Parrish räumte jedes einzelne Teil heraus – Farbdosen, einen Staubsauger, eine Kiste mit Decken –, dann kniete er sich hinein und tastete an den Wänden entlang. Sie waren ohne Ausnahme massiv, kein Zweifel, selbst die Unterseiten der Stufen über seinem Kopf bestanden aus festem Holz – keine Verkleidungen, keine falsche Decke, kein in der Wand festgedübeltes verschließbares Behältnis. Parrish stellte alles zurück an seinen Platz. Er setzte sich auf den Teppich im Flur und spürte exakt die überwältigende Woge von Desillusionierung und Misserfolg, vor der er sich gefürchtet hatte. Er versuchte, dagegen anzukämpfen, sie einzudämmen, doch sie schwappte mit Macht über ihn hinweg.
Und im selben Moment hörte er einen Motor, einen Automotor. Der Wagen wurde vor dem Haus langsamer. Eine Sekunde lang redete Parrish sich ein, dass er sich irrte. Dann hielt das Auto an.
Parrish stand auf und eilte zur Haustür. Durch den Spion entdeckte er McKees Geländewagen. In dieser Sekunde stieg McKee aus, und Parrish spürte, wie sein Herzschlag aussetzte. Er lief zurück in die Küche, packte seine Reisetasche, seine Taschenlampe und seinen Schraubenzieher zusammen und huschte mit wenigen Schritten zu dem Stauraum unter der Treppe. Er zwängte sich hinein und zog die Tür, so fest er konnte, hinter sich zu. Im gleichen Augenblick
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