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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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solltest.«
    Er legte die zwei braunen Briefe vor Dalziel auf den Tresen.
    »Ich hab Bendishs Schrift an der Pinwand in der Cottage gesehen«, sagte er. »Die hier sieht genauso aus.«
    Einer der Briefe war an Sergeant Filmer in der Bezirkswache adressiert, der andere an Chief Constable Daniel Trimble.
    Dalziel wog sie behutsam in der Hand, als wolle er telepathisch in ihren Inhalt eindringen. Dann steckte er kurz entschlossen seinen Zeigefinger unter die Lasche und riss beide Umschläge auf.
    »Chef«, sagte Pascoe besorgt. »Solltest du das wirklich tun?«
    »Könnte eine Bombe drin sein«, sagte Dalziel. »Na jedenfalls, wahrscheinlich waren sie sowieso offen, als du sie gefunden hast, was, Wieldy? Und jetzt lasst den Hund das Karnickel sehen!«
    Er zog das einzelne Blatt heraus, das der an Trimble adressierte Umschlag enthielt, las es ohne eine sichtbare Reaktion und wandte sich dann dem ungleich längeren Schreiben an Sergeant Filmer zu. Und da wurde auf seinen breiten Zügen wie auf Belsazars Esszimmerwand allmählich eine Botschaft sichtbar.
    Als er fertiggelesen hatte, sagte er, wie vermutlich auch Belsazar in einer volkstümlichen Übersetzung: »Himmel, Arsch und Zwirn!«
    »Chef?«, fragte Pascoe nach.
    »Willst sie sicher selber lesen, wo sie eh geöffnet sind, oder?«, bemerkte Dalziel mit Verachtung. »Hier, nimm schon. Thomas, ich brauch ein Telefon.«
    »Steht in der Küche, Andy. Bedienen Sie sich.«
    »Ach, und Thomas, meine Nerven sind am Ende. Ich glaub, ich kann als Erste Hilfe einen doppelten Scotch vertragen!«

Neun
    »Sie schreiben so ebenmäßig, so klar in Stil und Handschrift, so treffsicher und so intelligent, dass es einem die Sprache verschlägt.«
    P ascoe las den kürzeren Brief zuerst. Er war auf vorgestern datiert, den Tag, an dem Wield in Enscombe vorbeigekommen war.
    Lieber Mr. Trimble,
    ich schreibe Ihnen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich mit sofortiger Wirkung meinen Dienst bei der Polizei quittiere. Es tut mir leid, dass ich Sie nicht früher informiert habe, doch Sie werden, wie ich hoffe, mir darin zustimmen, dass ein Beamter, wenn er zu dem Schluss gekommen ist, dass er für die Polizeiarbeit nicht taugt, am besten so schnell wie möglich geht. Außerdem habe ich noch ziemlich viel von meinem Jahresurlaub gut, und so hoffe ich, dass dies die angemessene Frist ersetzt.
    Es tut mir leid, wenn ich Ihnen Unannehmlichkeiten bereite, doch da die Stelle eines Constables in Enscombe sowieso bald gestrichen wird, hoffe ich, dass es nicht so schlimm ist.
    Hochachtungsvoll
    Harold Bendish (Police Constable 79H8)
    Er reichte den Brief an Wield weiter und wandte sich dem zweiten zu, der dasselbe Datum trug.
    Lieber Sarge,
    ich schreibe Ihnen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich den Polizeidienst quittiere. Es hätte keinen Zweck, wenn Sie mich davon abhalten wollten, denn bis Sie mein Brief erreicht, bin ich schon längst weg, und auf alle Fälle habe ich auch an Mr. Trimble geschrieben, es wäre also zwecklos, wenn Sie denken würden, Sie könnten es für sich behalten und mich noch davon abbringen. Aber ich wollte Ihnen persönlich schreiben, da Sie auf Ihre Weise versucht haben, mir zu helfen, und weil ich möchte, dass wenigstens einer bei der Truppe weiß, wieso, und ich Sie immerhin ein bisschen kenne. Das hätte mich eigentlich schon viel früher hellhörig machen müssen. Ich meine, wieso ich bei dem Job nie so richtig Freunde hatte. Also trifft es Sie, mich anzuhören, und falls Sie glauben, dass es bei denen da oben irgend jemanden gibt, den es auch nur die Bohne interessiert, warum ich gegangen bin, dann können Sie ihm das hier gerne zeigen.
    Ich bin zur Polizei gegangen, weil mir, wo ich auch hinsah, ob ich den Fernseher anmachte oder eine Zeitung las, immer entgegenschlug, dass es eine Menge Scheiß in der Welt gibt; immer hieß es, wenn ich nur das richtige Bier trinken oder die richtigen Klamotten tragen oder das richtige Aftershave benutzen würde, dann wär schon alles in Ordnung. Ich dachte, ich muss irgendwas tun, sonst drehe ich noch durch. Ich habe überlegt, ob ich in die Politik soll, aber ich habe nicht lang gebraucht, bis mir klar war, dass gerade da neunzig Prozent der Scheiße gebaut werden. Sozialarbeit schien schon besser, nur dass dort soviel Irre rumlaufen wie Wichser in der Politik, und ich habe mir ausgerechnet, dass man ewig dabei gewesen sein muss, bevor sie dich auch nur annäherungsweise an irgendwelche wichtigen Entscheidungen ranlassen, und dann wäre

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