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Der Schrei des Löwen

Der Schrei des Löwen

Titel: Der Schrei des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ortwin Ramadan
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war, huschte ein Lächeln über Big Eagles Gesicht. Er nahm ein weiteres Stück Antilopenfleisch aus der blutverschmierten Plastikwanne und warf es auf die Terrasse. Die angekettete Hyäne schnappte reflexartig zu.
    »Glaubst du, der Junge schafft es?«, fragte er seinen Leibwächter.
    »Auf jeden Fall brauchen wir einen neuen Buchhalter«, brummte Tupac. Er fläzte mit Springerstiefeln in einem Liegestuhl am Swimmingpool und schlürfte einen Cocktail.
    Big Eagle griff erneut in die Wanne, wobei er peinlich genau darauf achtete, seinen Anzug nicht zu beschmutzen. »Ich hoffe nur, der Junge kommt nicht auf dumme Gedanken und bringt mir mein Geld zurück!«
    »Wir haben seinen Bruder, den Krüppel«, meinte Tupac ruhig. »Der Junge hängt an ihm.«
    »Hoffentlich täuschst du dich nicht! Ich an seiner Stelle würde die Chance nutzen. Es ist eine Menge Cash.«
    Tupac schlug nach einem Moskito auf seinem Arm. In den Abendstunden waren die Biester eine Qual. »Vielleicht sollten wir den Jungen am Leben lassen. Wir können neue Leute gebrauchen.«
    Big Eagle schüttelte energisch den Kopf. »Wenn er es schafft, werden die Blood Axes seinen Kopf wollen. Er hat jemanden getötet, der unter ihrem Schutz stand. Und noch dazu auf ihrem Gebiet. Das wird ihnen nicht gefallen.« Er warf seinem Leibwächter einen vielsagenden Blick zu. »Wir müssen den Jungen und seinen Idioten-Bruder loswerden. Je schneller, desto besser.«
    »Was soll ich tun?«, fragte Tupac.
    Big Eagle machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das überlasse ich dir.«
    Tupac saugte mit dem Strohhalm geräuschvoll den Boden seines fast leeren Cocktailglases ab. Sofort erschien ein Diener. Tupac stellte das Glas auf das Tablett. »Schade drum«, meinte er zu seinem Boss. »Wir könnten wirklich frisches Blut gebrauchen.«
    Plötzlich hörte die Hyäne auf zu fressen und hob ruckartig den Kopf. Die Kette um ihren Hals klirrte. Tupac war sofort hellwach, entspannte sich aber sogleich wieder. Yoba kam in Begleitung des Voodoo-Priesters den beleuchteten Kiesweg entlang.
    Die Wachen am Tor hatten ihn passieren lassen, aber auf dem Weg durch den Garten war er dem unheimlichen Mann begegnet. Er hatte urplötzlich vor ihm gestanden und seine Pupillen waren ganz weiß gewesen. Yoba hatte sich vor Schreck fast in die Hose gemacht.
    Jetzt hielt ihn der Voodoo-Priester mit eisernem Griff fest und dirigierte ihn um den beleuchteten Swimmingpool herum. Die Amulette um seinen Hals klapperten bei jedem Schritt.
    »Wenn man vom Teufel spricht!«, sagte Big Eagle, als Yoba und der Priester vor ihm standen. »Und? Wo ist mein Geld?«
    »Hier!« Yoba warf die schwarze Leinentasche auf den Gartentisch. Die Pistole legte er vorsichtig daneben.
    Er hoffte inständig, Big Eagle würde sich mit dem Geld zufriedengeben und seinen Bruder freilassen. Dass er es nicht fertiggebracht hatte, einen wehrlosen Mann zu erschießen, würde er ihm später beibringen. Während des ganzen Rückwegs hatte er fieberhaft über eine Ausrede für sein Versagen nachgedacht. Vielleicht war es am besten, er würde einfach behaupten, als er abdrücken wollte, seien plötzlich Leute gekommen und er hätte fliehen müssen.
    »Hat dich jemand gesehen?«, fragte Big Eagle.
    »Glaub nicht«, antwortete Yoba. »Bin durchs Fenster raus.«
    »Gut gemacht, Junge!« Big Eagle klopfte ihm auf die Schulter. Dann zog er ungeduldig den Reißverschluss der prall gefüllten Tasche auf. Er nahm die beiden Flugtickets heraus und las sie.
    »Sie wollten nach Amsterdam«, stellte er nüchtern fest. Er warf die Tickets zurück in die Tasche. »Offenbar hat die Schlampe doch die Wahrheit gesagt.«
    Big Eagle baute sich drohend vor Yoba auf. »Ist das wirklich alles?«, fragte er mit eisiger Stimme und mit Blick auf die offene Geldtasche.
    »Das schwöre ich!«, erwiderte Yoba hastig. »Beim Leben meiner Mutter! Es fehlt nicht ein einziger Schein!«
    Davor hatte er sich von Anfang an gefürchtet. Er konnte nur hoffen, dass Big Eagle nicht auf irgendwelche Gedanken kam.
    »Wo … wo ist mein Bruder?«, stotterte Yoba.
    »Keine Sorge, Junge, dem geht es gut«, entgegnete Tupac. »Er ist in der Küche.«
    Er gab dem im Hintergrund wartenden Diener, einem tattrigen Opa, einen Wink, um Chioke holen zu lassen. Kaum war er schlurfend im Haus verschwunden, begann an der Toreinfahrt ein Tumult. Kurz darauf kam Mama Kambina zusammen mit ihrer Tochter den Kiesweg entlanggestampft. Die beiden Torwachen liefen ihr fluchend hinterher.
    »Sie

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