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Der Schreiber von Córdoba

Der Schreiber von Córdoba

Titel: Der Schreiber von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Little
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wird eine Flagge mit einem Kreuz aufgezogen.
    Ich höre die Klänge des christlichen Te Deum ,
    der Siegeshymne.
    Mein Reiter steigt bei diesem Anblick ab und kniet nieder.
    Auch ich knie nieder – für einen Moment:
    dann nutze ich die Chance, dass die Köpfe gesenkt sind,
    als Flügel für meine Flucht.
      
    Türen
    Herolde gehen durch die Stadt
    und verkünden,
    Málaga sei jetzt
    ein Teil von Kastilien.
    Sie befehlen allen,
    in ihren Häusern zu bleiben.
    Auf Fürsprache
    der barmherzigen Königin
    werden Essen und Trinken
    einer jeden Familie an die Haustür gebracht.
    Verlasst eure Häuser,
    und ihr verpasst eure Chance.
    Und was ist mit uns Vagabunden,
    die nicht einmal eine Tür haben?
      
    Die Folter der Glocken
    Es stimmt wieder einmal –
    die Königin zieht Anstand hinter sich her,
    wie ein Schiff eine schäumende Spur
    im Wasser hinterlässt.
    Alle knien nieder, wenn sie vorübergeht.
    Ihr langer, pelzbesetzter Umhang
    schleift Allah weiß was
    durch die noch blutbesudelten Straßen.
    Die Monarchin hält Reden
    von den hohen Balkonen
    der Alcazaba.
    Das Thema der Königin ist immer dasselbe:
    Der Krieg ist nichts anderes als ein großer Lobgesang
    zu Ehren Gottes.
    Ihr Beichtvater, Pater Torquemada,
    sitzt neben ihr wie ein schnurrender Kater.
    Er ist jetzt Großinquisitor –
    und der gnadenloseste Mann
    im Land, wie viele sagen.
    Kein Wunder, dass Blut wie Wasser fließt,
    wenn die Königin solche Berater hat.
    König Ferdinand widmet sich stärker der Gegenwart.
    Seine Aufmerksamkeit gilt den »Feinden Gottes«.
    Manche der besiegten Muslime
    haben sich taufen lassen. Sie sind Moriscos geworden.
    Aber die meisten weigern sich.
    Der König verlangt, dass alle Minarette – die Türme der Moscheen –
    in Glockentürme verwandelt werden. Der Ruf
    des Muezzin wird durch Glockenläuten ersetzt.
    »Lasst den Klang ihres Läutens eine Folter sein«, ruft er,
    »für die Ungläubigen, die Christus nicht annehmen wollen.
    Lasst die Glocken durch Málaga hallen bis ans Ende seiner Tage.«
      
    Glocken
    Ich denke, was für eine Grimasse Ramón bei dieser Rede
    ziehen würde.
    Endlich wird seine Gleichsetzung von Folter und Kirchenglocken bestätigt!
    Und von keinem Geringeren als dem König selbst.
      
    Gnade
    Die Christen sind berühmt für ihre Gnade, wisst ihr.
    Ihr Prophet hat, wie der unsere, darüber gepredigt.
    Aber bisher sehe ich wenige Anzeichen von Gnade.
    Mal ganz abgesehen von den Worten Ferdinands,
    die mir, wie die Glocken, noch in den Ohren klingen.
    Ungläubige. Folter.
    Verglichen mit dem, was sie tun,
    sind diese Worte wie ein Kuss.
    An einem strahlenden Tag wird ein Christ, ein Verräter,
    auf der Plaza getötet.
    Männer stechen ihn mit langen Stöcken
    mit Stahlspitzen und wechseln sich dabei ab,
    ganz so, wie Picadores Stiere in der Arena quälen.
    Sie machen noch damit weiter, als er schon tot ist.
    Aber ihr würdet euch wundern.
    Der Tod lässt sich manchmal
    sehr viel Zeit.
      
    Kohlkopf
    Ich gehe durch das verwüstete Málaga und suche meine Onkel.
    Ich verliere jede Hoffnung. Die wenigen Menschen,
    die überhaupt bereit sind, mit mir zu sprechen,
    haben nie von ihnen gehört. Und sie schauen mich an,
    als sei ich verrückt. Warum nach Leben suchen,
    mitten zwischen so viel Tod?
    Als die Arbeit in unserer Werkstatt in Córdoba versiegte,
    konnten wir nur noch ans Essen denken.
    Einmal schrieb ich Kuchen , als ich suchen schreiben wollte,
    und verdarb damit eine bis dahin makellose Seite.
    In dieser Zeit brachte ich eines Tages einen Kohlkopf nach Hause.
    Ich bekam ihn von einer Frau, an deren Stand auf dem Markt
    wir schon eingekauft hatten – als wir noch einkaufen konnten.
    An diesem Tag bot ich ihr ein kurzes Gedicht
    als Gegenleistung an.
    »Gut«, sagte die Frau, »aber ich möchte in deinen Versen vorkommen.«
    Also schrieb ich ein paar Zeilen, in denen ich Consuela und ihre Schönheit pries
    (die sie nicht hatte), und betete, der Kohlkopf
    möge es wert sein.
    (Das war übrigens mein erster Versuch, ein Gedicht zu verfassen!
    Kein Wunder, dass ich das so schwer finde. Vielleicht
    hat mich die Muse für diese Verwendung der Dichtung verflucht!)
    Außen herum war der Kohl verwelkt – wie gewohnt.
    Aber bei jedem Blatt, das ich abzog, wurde noch mehr Fäulnis sichtbar.
    Ich zerteilte den Kohl heimlich, weil die anderen nicht sehen sollten,
    welchen Reinfall ich erlebt hatte.
    Die Mitte war ganz schwarz verfault.
    So ist es mit der Wanderung dieses Tages. Ich warte

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