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Der Schreiber von Córdoba

Der Schreiber von Córdoba

Titel: Der Schreiber von Córdoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Little
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immer darauf,
    dass der Schrecken aufhört, aber er hört nicht auf.
    Ganz gleich, wie tief ich in die Stadt hineingehe,
    die Gassen stinken nach toten Geschöpfen.
    Ich gehe in die Außenbezirke.
    Es wird dunkel.
    Endlich finde ich eine Höhle in einem Hügel.
    Gerade als ich einschlafe,
    fällt mir Licht in die Augen.
    So schnell entdeckt?
    Bin ich bereit, zu sterben?
      
    Hunger
    Was ich sehe, ist eine winzige Hand.
    Sie reicht kaum um den Schaft der Fackel.
    Ich hebe den Blick.
    Ein Mädchen, nicht älter als sechs, späht mir ins Gesicht.
    Als sich unsere Augen begegnen, lächelt sie.
    Sie spricht Arabisch! Aber nicht die Art,
    die in Büchern und Diskussionen verwendet wird. Dieses Arabisch
    klingt so wie in den Straßen und Geschäften
    und in den Höhlen. Wie bei meiner Mutter.
    Sie spricht es so selbstverständlich, dass ich
    einen Augenblick lang beinah glaube, ich hätte
    mein ganzes Leben keine andere Sprache gehört.
    »Guten Abend, mein Bruder.
    Hast du uns etwas zu essen mitgebracht?«
    Ich setze mich auf. Jetzt sehe ich im schwachen Licht der Flamme,
    was ich vorher nicht bemerkt hatte.
    Eine ganze Familie ist hier, zusammengedrängt und stumm,
    eher wie ein kantiger Felsen in der Höhle
    als wie Menschen. So still und reglos sind sie.
    Und ihre Gesichter –
    so eingesunken vor Hunger,
    ihre riesigen Augen lassen die Wangen fast verschwinden.
    Ich öffne meine Tasche. Am Morgen habe ich dort
    meine Essensration verstaut, wie im Lager gewohnt.
    Man weiß nie, was der Tag mit sich bringt.
    Ich reiße das Brot in fünf Teile. So eine Freude über ein paar Krumen!
    Die Kinder lächeln so breit,
    dass ich fast sehen kann, wie jeder magere Bissen
    in ihrer Kehle hinunterrutscht.
    Das jüngste kaut noch weiter, als es nichts mehr im Mund hat
    als ein paar durchbrechende Zähne.
      
    Am nächsten Morgen
    Die Kinder strahlen mich an
    und erwarten offenkundig, dass ich noch mehr Essen herbeizaubere.
    Ich schlage die Augen nieder.
    Fühle mich wie das verfaulte Innere jenes Kohlkopfes,
    als ich mich aus ihrem Leben davonmache.
    Ein Mann in der Nähe des Hafens rupft Seiten aus Büchern heraus.
    Er reißt sie in Streifen. Er wird sie in Wasser kochen,
    erzählt er mir, bis sie weich werden und Lumpen geben.
    Dann kann er sie anziehen. Die Nächte sind kalt hier.
    Auf einem Schild an einem Karren steht: »Bücher und Briefe«.
    Es ist in Arabisch.
    Ich hole Luft und biete mich dann
    als Schreiber an.
    Er lacht mir ins Gesicht.
    »Hast du nichts als dich selbst, du Knochengestell?«
    Mein Herz wird schwer.
    Ich sage es ihm.
    »Ein Buch«, höhnt er. »Du siehst ja, welche Verwendung
    ich dafür in diesen Zeiten habe.
    Und dann noch auf Arabisch, darauf wette ich.
    Sag mal, junger Spaßvogel, wer in diesem Ort
    würde es mir denn abkaufen? Hast du kein Schwert
    aus Federn, das du mir stattdessen verkaufen willst?
    Das wäre praktischer!«
    Aber ich zeige ihm, welches Buch. Er schnappt nach Luft.
    Einen flüchtigen Moment lang flackert ein Licht in seinen Augen auf.
    Jetzt will er mich schnell loswerden.
    »Hier, nimm«, sagt er. Er drückt mir einen einzigen Maravedi in die Hand.
    »Viel Glück bei deiner Suche nach etwas zu kaufen.«
      
    Die Schale in deiner Hand
    Natürlich habe ich Hafis ein letztes Mal aufgeschlagen.
    Eine Zeile zur Prophezeiung meines ganzen restlichen Lebens.
    Glaube ich diesen Unsinn wirklich?
    Natürlich nicht.
    Natürlich doch.
    Und das habe ich gefunden:
    Achte die Schale in deiner Hand. Der Ton, aus dem sie gemacht ist,
    bildete einst die Schädel begrabener Könige.
    Das gefiel mir. Es hatte einen Sinn, besonders
    für das Nachdenken über die Vergangenheit.
    Aber was sagte es mir über meine Zukunft?
    Ich gebe es zu. Ich habe gemogelt.
    Ich habe das Buch noch einmal aufgeschlagen.
    Wie könnt ihr mir einen Vorwurf machen? Ich gab ihn doch weg.
    Aber Hafis behielt das Lachen auf seiner Seite.
    Wundere dich nicht über die Kapriolen des Schicksals.
    Dieses Rad hat sich schon tausendmal gedreht.
    Wenn ich je ein eigenes Zuhause habe,
    werde ich das vielleicht an die Tür nageln.
      
    Aufruf
    Sieben Tage seit der Einnahme der Stadt.
    Endlich kommt der Aufruf.
    Alle müssen sich im großen Innenhof
    der Alcazaba einfinden. Zehntausend Malagueños –
    darunter auch Kinder – strömen zur Burg.
    Soldaten stehen auf den Mauern.
    Wir sind von allen Seiten eingerahmt.
    Trotzige Hoffnung im Hof.
    Jahrhundertelang haben
    Muslime, Christen und Juden
    die Halbinsel miteinander

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