Der Schreiber von Córdoba
Ländern
senken zum Gruß die Fahne, als sie vorbeizieht.
Der König und seine Männer reiten ihr in vollem Ornat entgegen.
Zwei Berge, so scheint es, sind übereingekommen,
ihren Standort zu verlassen und sich zu treffen.
Und welch eine Pracht! Das Maultier Ihrer Majestät
(von einem schönen Kastanienbraun)
trägt einen Sattel aus Silber und Gold.
Das Tier gleicht eher einem Thron als einem Esel.
Die Soldaten sind bewegt.
Ihre Rücken sehen viel aufrechter aus.
Zum ersten Mal seit Wochen funkeln ihre Augen
ohne einen Schimmer von Bosheit.
Die erste Handlung der Königin:
die Männer zum Gebet anleiten.
Man kann über Isabella sagen, was man will.
Sie glaubt an ihren Gott.
Unrast
Ruhelos treibe ich mich am Rand des Lagers herum,
wie die Hunde.
Ich habe die Zeit nachgerechnet und bin schockiert.
Ich bin schon fast einen Monat in diesem Lager.
Ein Teil von mir sagt:
Mach, dass du wegkommst.
Du gehörst nicht auf diese Seite.
Du musst hinüber.
Aber wenn ich erwischt würde, wäre es fast schon egal,
wer mich sieht. Jede Seite würde mich
für einen Verräter oder Spion halten. Sie würden darum wetteifern,
wer mich am schnellsten mit Pfeilen spicken kann!
Tausch (2)
Ein paar Malagueños kommen aus der Stadt heraus,
die Arme vor sich ausgestreckt
wie Schlafwandler.
Ich könnte jeden Knochen in ihrem Brustkorb zählen,
würde ich es ertragen, so lange hinzuschauen.
Sie sind gekommen, um sich zu ergeben. Sie müssen essen.
Sie sollen sich halbwegs geordnet in einer Reihe aufstellen,
als sei dieser Tausch normal.
Aber ich weiß, wie er aussieht.
Im Moment bekommen sie widerstrebend eine Handvoll Brot.
Dann für immer das Leben – oder das Nichtleben –
eines Sklaven.
Invasion
Eine Gruppe Muslime aus dem nahe gelegenen Guadix
ist gekommen, um den Malagueños zu helfen.
Sie bringen Satteltaschen voll Nahrung
und ein paar zusätzliche Waffen.
Aber zuerst müssen sie
die Reihen der Christen durchbrechen.
Nur wenige haben Erfolg. Sie werfen sich in die
arme, hungernde Stadt. Viel Glück!
Sie sind tapfere Männer, wenn auch nicht sehr klug.
Die meisten werden gefangen, ehe sie hineinkommen.
Die Soldaten hacken sie in Stücke, ohne Zeit zu verschwenden.
Einer bittet um sein Leben. Seine Worte sprudeln im Galopp heraus.
Er spricht Arabisch. Er streckt seine gefalteten, mageren Hände vor.
Bittet er, konvertieren zu dürfen?
Die Königin hat verboten, dass Männer getötet werden,
die ihre Hände in der christlichen Gebetshaltung haben.
Sie brauchen einen Dolmetscher.
Ich mache mich klein, versuche mich so tief wie möglich
in die Menge zu ducken.
Ich werde gesehen.
Ein Wächter ruft mich her.
Anscheinend bin ich doch nicht
nur ein Geist, wie ich gedacht habe.
Ritter?
Ich fürchte, wenn sie
das S in meinem Gesicht sehen,
werden sie mir Fragen stellen,
auf die ich keine Antwort weiß, die mich rettet.
Aber der Mann seiner Majestät
kommt sofort zur Sache.
»Señor, was sagt dieser Mann?«
Ich höre noch einmal aufmerksam zu,
obwohl ich ihn schon genau verstanden habe.
»Er möchte die Königlichen Hoheiten sehen.
Allein. Er sagt, er muss .
Er habe äußerst wichtige Informationen, sagt er, die euch – also uns –
in diesem Krieg helfen werden.«
Ich übersetze mit Leichtigkeit.
Isabellas Wächter dankt mir und sagt: »Ihr könnt gehen.«
Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte.
Dass er mir sein breites Schwert auf die Schulter legen
und mich auf der Stelle zum Ritter schlagen würde?
Na ja, vielleicht.
Aber ich bin nicht enttäuscht.
Vielmehr muss ich mich selbst tadeln,
weil ich mich besonders gefühlt und – ich gebe es zu –
vor Eifer geglüht habe.
Wunder
Die Geschichte wird zur Legende, sobald sie passiert ist.
Ich versuche sie, so gut ich kann, zu erzählen.
Der Mann wird zum Zelt
des Königs und der Königin gebracht.
Aber Ferdinand macht einen Mittagsschlaf. Selbst im Krieg
geht seine siesta über alles. Isabella ordnet Aufschub an,
bis ihr Gemahl erwacht.
Der Maure wird in ein Zelt in der Nähe gebracht,
während alle warten. Ohne Wissen der Wachen
hält sich dort eine Dame mit dem Prinzen von Portugal auf.
Wer weiß, was sie dort gemacht haben.
Der Maure geht zu ihnen.
Er versteht nichts von dem, was sie sagen.
Aber er sieht ihre kostbare Kleidung. Er glaubt,
sie seien das Herrscherpaar, das er sucht.
Er zieht einen Dolch aus seinem Umhang
und sticht den jungen Prinzen in den
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