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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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früher. Ich bin früher auch geritten, und Ihrem Schimmel sehe ich es an, ein gutes Pferd, ein guter Reiter!
    Alles von früher, sagte Kolja mitleidig. Sie waren früher Reiter und waren früher Jäger. Jetzt bin ich Reiter. Aber Jäger sind Sie noch. Sie gehen – heimlich!
    Axel hob abwehrend die Hand. Aber Kolja wiederholte: Ich weiß es, Sie gehen, Sie sind immer noch Jäger. Ich bin Reiter. Jäger und Reiter sprechen jetzt.
    Dann zeigte er auf den Hund. Wie lange haben Sie ihn schon?
    Schon immer, schon über zwei Jahre.
    Das stimmt nicht. Sie sagen, zwei Jahre, und sagen, liegt an der Kette. Aber ich sage, Ihr Hund ist nachts draußen, ich habe ihn getroffen.
    Meinen Hund doch nicht?
    Ihren Hund!
    Ich verstehe Sie nicht. Er ist immer hier an der Kette.
    Sie sagen nicht die Wahrheit. Sie verstehen nicht? Ich will es Ihnen zeigen. Ihr Hund geht auf mich los, und ich mache bumm! und er riß die Pistole heraus.
    Axel blieb ganz ruhig. Er sagte: Natürlich, wenn ein fremder Hund auf Sie losgeht, machen Sie bumm. Aber jetzt – Sie können die Pistole wieder einstecken. Die Asta ist ein Lamm.
    Dieser Hund, sagte Kolja, er geht auf mich los, ich mache bumm. Oh, ich kenne diesen Hund!
    Er sprach ganz langsam, als müsse er jedes Wort einzeln setzen. Sie waren – mit diesem Hund – fort – nachts!
    Sie müssen sich irren. Ich gehe niemals nachts aus. Das wäre für mich viel zu gefährlich, es ist verboten.
    Kolja ließ sich nicht ablenken. Sie waren, sagte er, Sie waren mit dem Hund fort. Ich habe ihn ja erschossen!
    Axel tat, als höre er nicht recht. Wie, meinen Hund, – Sie hätten meinen Hund erschossen? Aber Sie sehen doch …
    Vielleicht sehe ich, – ja, mit meinen Augen.
    Axel hörte auch das nicht recht: mit meinen Augen, – er dachte: nun will er also Haussuchung machen, ich muß achtgeben, daß er mir nicht die Maschinen entdeckt, und in der Scheune, da liegt tatsächlich das Gewehr vergraben!
    Aber Kolja – er hatte etwas mit seinen Augen gesehen, aber er war nicht davon überzeugt, daß es wirklich war, – er meinte es anders: Sehen ist noch nicht Wahrheit, Hören ist noch nicht Wahrheit. Und er wird mir nicht sagen, ob er es ist. Ich kann ihn daher nicht fragen. Ich kann mir nur sein Gesicht merken. Damals habe ich es nicht sehen können, aber jetzt sehe ich es, und jetzt weiß ich, dieser Mann, deshalb bin ich immer herumgeritten, daß ich diesen treffe und mir sein Gesicht merke. Das hat mir immer gefehlt, daß ich etwas so deutlich sehe wie sein Gesicht. Was ich mit mir selber mache, ist nicht so deutlich, aber dieses Gesicht ist wie eine Scheibe, auf die ich anschlagen kann.
    Er starrte Axel an. Ich schieße, das heißt, ich spreche es an; ich schieße, und dann beginnt es zu krähen, eine Zwölf geschossen, und dann kräht das Gesicht, und alle Figuren setzen sich in Bewegung, der Hund bellt, das Wasser fließt, das Gesicht kräht und die Mühlsteine mahlen, sie mahlen die Wahrheit hervor. Aber ich brauche sie von dort nicht mehr, ich bin endlich am Ziel, ich brauche nur meinen Finger auszustrecken und kann ihm an die Augen greifen, an die flüssige Linse, dahinter ist das Loch zur Wahrheit.
    Axel sah auf die Pistole in Koljas Hand, dieses Starren und Schweigen machte ihn unruhig, er sagte: Also, Sie sehen, es kann nicht mein Hund gewesen sein!
    Ja, ich sehe, sagte Kolja. Er ließ die Pistole sinken, langsam steckte er sie ein.
    Aber da starrte nun Axel auf ihn: Jetzt könnte ich es erfahren, – jetzt ist er da, und ich könnte ihn fragen, – aber wie soll ich es anstellen, ohne daß ich mich sofort zu erkennen gebe? Nein, ich kann ihn nicht fragen.
    Kolja stieg aufs Pferd. Platz, Hexe! zischte Axel. Sogleich fiel ihm ein, er hatte sich versprochen, – „Hexe“ statt „Asta“, es kam ihm sonderbar vor. Da hatte dieser Kolja am Ende doch recht – wenn auch ich sie nun Hexe nenne, – wenn er das gehört hat …
    Aber Kolja drehte sich nicht mehr um. Er hatte das Pferd schon gewendet, und nun schwankte er auf ihm fort über den Rasen, dann kam er auf die Bohlenbrücke, der Hufschlag drang herüber.
    Axel sah, wie der weiße Schatten in den Wald tauchte. Was war das gewesen? Ein paar sonderbare Worte, ein Starren aus hellen Augen. Ein lebendiger Hund, der von der Kette losfährt und bellt – und an ihm sollte er doch sehen, daß ich gar nicht der Mann sein kann, den er sucht!
    Er hat mich erkannt, dachte Axel. Er saß allein und sah in das grünfließende Wasser.
    Auch Susanna war an

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