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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Tumler
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sie drehte. Sie hatte es zuerst gedacht, als noch Nacht gewesen war, da hatten draußen im Dunkel die Hähne gekräht, und davon war sie wach geworden. Sie hatte nicht mehr einschlafen können. Im Fenster war es grau geworden. Sie war vors Haus getreten, die Erde warm und das Gras trocken – da hatte es sich zu drehen begonnen für sie: dies ist der Tag, an dem ich hinüber muß, sie war wieder zu Bett gegangen. Aber wieder hatte sie nicht einschlafen können, die Staubbilder und die Fäden von Liedern, die über ihr Gesicht hinwegwehten, hatten geredet zu ihr. Und ein zweites Mal hinaus, da war das Gras naß und die Luft kühl, der Tau gefallen inzwischen. Sie hatte sich wieder hingelegt mit geschlossenen Augen. Ich muß mich ausruhen, denn heute gehe ich hinüber! Aber es hatte ihr nichts genützt, die feinen Schleier aus der Luft zitterten auf ihren Gliedern, und nun, am Vormittag, war sie sehr müde.
    Die Hähne schwiegen längst, die Hühner kratzten sich im Staub an der Holzlage, die Tauben auf der Dachrinne schlugen mit den Flügeln. Die Geräusche rührten Susanna an der Haut an. Sie dachte, das ist es überhaupt nur, ich bin gar nicht müde, ich bin nur an der Haut müde, aber ich darf mich nicht aufregen, es ist doch dieser Tag heute, ich muß doch hinüber, ich mache nun einfach so vor mich hin.
    Fini sagte: Es wird ein herrlicher Tag!
    Ja, sagte Susanna; sie spürte die unsichtbaren Finger, die auf ihrer Haut immerzu schrieben, sie hatte den Schleier aus Asche und erkaltetem Licht in der leeren Brust, trotzdem saß sie nun wie eine Katze im Bett und nahm das Frühstück. Sie ließ sich von Fini bedienen, und das gab ihr wieder ganz den Anschein einer lebendigen Person. Und Fini wunderte sich sogar, wie munter und eitel sich Susanna dann zurechtmachte und auch an diesem Tag nicht abging von ihren, für die kleine Stube anspruchsvollen Gewohnheiten. Sie setzte einen Topf Wasser auf den Herd und kroch in dem grünen Morgenrock noch einmal zurück ins Bett. Als das Wasser im Topf zu singen begann, wartete sie noch eine Weile. Das Wasser kocht schon, sagte Fini. – Ja, jetzt muß ich auf, sagte Susanna; sie ließ den Morgenrock im Bett, schlüpfte in die Pantoffeln, goß das Wasser in einen Eimer und stand in der Dampfwolke, die davon aufstieg, nackt und glatt und geschmeidig.
    Fini betrachtete sie und sagte:
    Bei Ihnen wird man neidisch, Sie sind anders als unsereines! – Was ist da anders? fragte Susanna. – Fini sagte: Ich kenne es ja von mir nicht. Aber bei Ihnen kommt mir das so vor, da ist alles richtig angeschaut worden – geliebt und angeschaut!
    Susanna konnte nicht genug Hitze bekommen, und nun dampften die feuchten Schleier auch von ihrer Haut, und davon war sie eine Weile weniger müde. Sie sagte: Ach, Fini, was Sie da erzählen, das ist alles Verwechslung, eigentlich brauche ich nichts als ein heißes Bad! – Sie trocknete sich ab.
    Übrigens, das habe ich einmal zu Jorhan gesagt.
    Das darf man einem Mann nicht sagen!
    Er war auch gekränkt.
    Susanna kämmte sich, puderte sich und tuschte sich die Wimpern. Die Müdigkeit kam ihr erst wieder mit den Kleidern, mit der Wahl, was sie anziehen sollte für diesen Besuch in der Stadt.
    Fini nahm ein Kostüm vom Haken, für sie stand es fest, was man bei einer solchen Reise anhaben mußte, Bluse, Kostüm und Hut; und Susanna brauchte nur stillzuhalten. Fini zog ihr Stück für Stück an. Susanna wollte sich auch nicht wehren, aber dann sah sie sich in den Spiegel und sah, wie das alles sie unkenntlich machte, dieses Kostüm aus einer Zeit, an die sie sich kaum noch erinnerte, wer würde sie darin erkennen, Jorhan vielleicht, aber er hatte doch niemals gewußt, was sie anhatte. Sie sagte: Nein, Fini, ich will kein Kostüm, ich will nur ein Kleid tragen, ich habe doch noch mein weißes Kleid! – Fini sagte: Nur ein Kleid, – und weiß – das schmutzt doch so leicht! – Aber Susanna blieb dabei: Nein, ich will „weiß“ tragen!
    Fini holte das Kleid widerwillig hervor, es war ein weißes Kleid, das von oben bis unten zu knöpfen ging, ohne Ärmel und aus glattem dünnen Stoff. Susanna schlüpfte hinein. Da merkte sie, ihr Körper war nicht Asche geblieben, und nun bekam er etwas von dem Kleid, und wenn auch noch immer die unsichtbaren Finger auf ihrer Haut schrieben und die Müdigkeit nicht wegging, – das Unbestimmte in der Brust begann zu atmen. Ja, das paßt, so kann ich gehen, sagte sie. Freilich, im Spiegel sah sie noch immer anders aus als

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