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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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wir jetzt endlich klargestellt. Und warum Sie wie eine Katze um den heißen Brei herumgehen, kann ich nicht begreifen. Also, ich muß Ihnen sagen, Pinch – und ich sage es Ihnen höchst ernsthaft als älterer, weiserer und schönerer Mann –, folgendes will ich Ihnen sagen.« Mr. Waddington sog eine Weile nachdenklich an der Füllfeder. »Ich sage Ihnen, Pinch, achten Sie sorgfältig darauf, daß Sie eigenes Geld haben, wenn Sie heiraten. Und wenn Sie eigenes Geld haben, dann sehen Sie zu, daß Sie es behalten. Sie dürfen nie wegen der kleinen Summe, die auch der umsichtigste Mann braucht, auf Ihre Frau angewiesen sein. Sehen Sie sich meinen Fall an. Als ich heiratete, war ich ein wohlhabender Mann. Ich hatte eigenes Geld. Haufenweise. Ich wurde von allen geliebt, weil ich bis zur Schwäche freigebig war. Ich kaufte meiner Frau – ich spreche jetzt von meiner ersten Frau – ein Perlenkollier, das fünfzigtausend Dollar kostete. Und was ist geschehen? Bald nach meiner zweiten Heirat verlor ich infolge unglücklicher Börsenspekulationen mein ganzes Geld und geriet in Abhängigkeit von meiner zweiten Frau. Und deshalb, Winch, sehen Sie heute in mir einen gebrochenen Mann. Ich will Ihnen etwas sagen, Pinch – etwas, was niemand ahnt und was ich noch niemand erzählt habe, was ich auch Ihnen nicht erzählen würde, wenn mir nicht Ihr Gesicht sympathisch wäre … Ich bin nicht Herr in meinem eigenen Haus.«
    »Nein?«
    »Nein. Nicht Herr in meinem eigenen Haus. Ich möchte im großen, glorreichen Westen leben, und meine zweite Frau besteht darauf, im seelenzerstörenden Osten zu bleiben. Und ich will Ihnen noch etwas sagen.« Mr. Waddington unterbrach sich und musterte verärgert die Füllfeder. »Die verdammte Zigarre will nicht ziehen.«
    »Ich denke, das ist eine Füllfeder«, sagte George.
    »Eine Füllfeder?« Mr. Waddington schloß ein Auge, überprüfte diese Behauptung und fand sie richtig. »Na also!« rief er mit finsterer Genugtuung. »Ist das nicht typisch für den Osten? Man verlangt Zigarren und kriegt Füllfedern. Gar keine Ehrlichkeit, kein Sinn für anständigen Handel.«
    »Miss Waddington sah beim Dinner wirklich reizend aus«, sagte George schüchtern.
    »Ja, Pinch«, antwortete Mr. Waddington, sein Thema wieder aufnehmend, »meine Frau unterdrückt mich.«
    »Miss Waddington steht das kurze Haar einfach wundervoll.«
    »Haben Sie beim Essen ein Teiggesicht mit Einglas und Zahnbürstenschnurrbart gesehen? Das war Lord Hunstanton. Er erzählt mir immer etwas von Etikette.«
    »Das ist sehr nett von ihm«, wagte George zu bemerken.
    Der Blick, mit dem Mr. Waddington ihn maß, zeigte ihm, daß er etwas Falsches gesagt habe.
    »Wieso freundlich von ihm? Es ist unverschämt und impertinent. Er ist ein zudringlicher Kerl. In Arizona würde man sich ihn nicht gefallen lassen. Dort würde man ihm tollwütige Stinktiere ins Bett stecken. Was soll ein Mann mit Etikette? Solange ein Mann furchtlos und aufrecht ist und der Welt ins Auge sehen kann, ist es ganz egal, ob er die richtige oder die falsche Gabel nimmt.«
    »Sehr richtig.«
    »Oder ob er den richtigen oder den falschen Hut trägt.«
    »Ganz besonders mußte ich den Hut bewundern, den Miss Waddington aufhatte, als ich sie das erstemal sah«, sagte George. »Er war aus irgendeinem weichen Material und hellbraun und …«
    »Meine Frau – ich spreche noch immer von meiner zweiten Frau; meine erste, die arme Seele, ist tot – verfolgt mich mit diesem Hunstanton und, verdammt noch einmal, aus pekuniären Gründen kann ich ihm nicht, wie meine besseren Instinkte wollen, die Nase einschlagen. Und was meinen Sie, hat sie sich jetzt in den Kopf gesetzt?«
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Sie will, daß Molly den Kerl heiratet.«
    »Das würde ich nicht raten«, sagte George ernst. »Nein, nein, ich bin durchaus dagegen. Diese anglo-amerikanischen Ehen gehen so oft schief.«
    »Ich bin ein Mann ohne alle Vorurteile und durchaus nicht unvernünftig«, begann Mr. Waddington, anscheinend ohne auf etwas Besonderes hinaus zu wollen.
    »Außerdem«, sagte George, »hat mir das Gesicht dieses Menschen nicht gefallen.«
    »Von was für einem Menschen?«
    »Lord Hunstanton.«
    »Reden Sie nicht von dem Kerl! Wenn ich an ihn denke, bekomme ich Halsweh.«
    »Ich auch«, sagte George. »Und was ich sagen wollte …«
    »Soll ich Ihnen etwas erzählen?« fragte Mr. Waddington.
    »Ja.«
    »Meine zweite Frau – nicht meine erste – will, daß Molly ihn heiratet.

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