Der schüchterne Junggeselle
heute heiraten sollte. Wie ich von Mrs. Waddington hörte, gab es eine kleine Unannehmlichkeit, und sie gewann den Eindruck, daß Mr. Finchs Moral nicht ganz so sei, wie sie sein sollte. Später ereigneten sich Dinge, die sie davon überzeugten, daß sie sich geirrt habe, und sie eilte nach New York, um Mr. Finch aufzusuchen und ihm zu sagen, daß alles in Ordnung sei und die Hochzeit ihre volle Billigung finde. Das ist doch richtig, Mrs. Waddington?«
Mrs. Waddington schluckte. Doch sie war nicht mehr die Frau, die sie gewesen war. »Ja … Oder eigentlich … Ja, ja.«
»Kurz, Sie wollten ihren künftigen Schwiegersohn aufsuchen und ihn mütterlich umarmen. Stimmt das?«
»Ganz richtig«, sagte sie mit rauher Stimme.
»Ausgezeichnet. Sie sehen also, Garroway, daß Mrs. Waddingtons Gründe für ihre Anwesenheit in dieser Wohnung mehr als billigenswert waren. Damit wäre dieser Punkt aufgeklärt.«
»Warum sie mir Pfeffer ins Gesicht geworfen hat, ist noch nicht aufgeklärt.«
Hamilton Beamish nickte.
»Damit, Garroway«, sagte er, »haben Sie auf die einzige Seite von Mrs. Waddingtons Benehmen hingewiesen, die nicht ganz untadelhaft war. Was den Pfeffer betrifft, sind Sie, wie mir scheint, durchaus berechtigt, verletzt zu sein und eine Klage wegen tätlicher Beleidigung einzureichen. Aber Mrs. Waddington ist eine vernünftige Frau und wird zweifellos bereit sein, diese kleine Angelegenheit in einer Weise zu ordnen, die alle Teile befriedigt.«
»Ich werde ihm bezahlen, was er verlangt«, rief die vernünftige Frau. »Alles, alles!«
»He!«
Es war die Stimme Sigsbee H.s. Er stand machtvoll und gebieterisch da und kaute an seiner ausgegangenen Zigarre.
»Hören Sie, sagen Sie mal!« rief Sigsbee H. Waddington. »Wenn es sich darum handelt, die Polizei zu bestechen, so kommt das mir, dem Haupte der Familie, zu. Suchen Sie mich morgen in meinem kleinen Häuschen in Hempstead auf, Gallagher, dann werden wir uns darüber unterhalten. Sie werden in mir einen freigebigen Mann finden. Einen Menschen mit offenen Händen. Einen Westländer.«
»Großartig«, sagte Hamilton Beamish. »Damit wäre alles schönstens in Ordnung.«
»Und was ist mit dem da?« fragte Wachtmeister Garroway, auf George zeigend. »Er hat mir ins Auge geschlagen.«
»Zweifellos nur zum Spaß. Wo ist das geschehen?«
»Unten im ›Roten Huhn‹.«
»Aha! Wenn Sie dieses Restaurant besser kennten, würden Sie wissen, daß etwas Derartiges im ›Roten Huhn‹ zu den alltäglichsten Dingen gehört. Sie müssen darüber hinwegsehen, Garroway.«
»Aber …«
»Garroway«, sagte Hamilton Beamish in ruhigem, bezwingendem Ton, »Mrs. Finch ist mein Freund.«
»Sehr wohl, Mr. Beamish«, antwortete der Polizist resigniert.
Mrs. Waddington zupfte ihren Gatten am Ärmel.
»Sigsbee.«
»Hallo?«
»Sigsbee, mein Guter, ich verhungere. Ich habe seit dem Lunch nichts gegessen. Da drinnen ist wunderbare Suppe.«
»Gehen wir«, sagte Sigsbee H. »Kommen Sie mit?« fragte er George.
»Ich wollte mit Molly irgendwohin gehen.«
»Nein, nein, kommen Sie mit uns, George«, rief Mrs. Waddington gewinnend. Sie trat näher zu ihm. »George, ist es wirklich wahr, daß Sie dem Polizisten da ins Auge geschlagen haben?«
»Ja.«
»Davon müssen Sie mir erzählen.«
»Ja, er wollte mich verhaften, und da warf ich ihm ein Tischtuch über den Kopf und zog ihm dann ein paar Saftige über, daß er mich gehen lassen mußte.«
Mrs. Waddingtons Augen funkelten. Sie legte ihren Arm auf den seinen.
»George«, sagte sie, »ich habe Sie verkannt. Ich könnte Molly keinen besseren Mann wünschen.«
Hamilton Beamish klopfte Wachtmeister Garroway auf die Schulter und sagte tröstend: »Jeder Dichter, Garroway, muß durch Leiden lernen, bevor er im Liede lehren kann. Eines Tages werden Sie voll Dank und Freude an die Ereignisse der letzten Stunden zurückdenken. Es ist das Erlebnis, das Sie zum Künstler macht. Außerdem, denken Sie an das Geld, das Sie morgen von Mr. Waddington bekommen werden.«
»Ich würde darauf verzichten, wenn ich jetzt etwas gutes Kaltes trinken könnte.«
»Mr. Garroway!«
Der Schutzmann blickte auf. Molly stand im Fenster.
»Mr. Garroway«, sagte Molly, »etwas Rätselhaftes ist geschehen. Mr. Finch hat zwei große Flaschen Champagner in seinem Büfett gefunden. Er kann sich nicht erklären, wie sie dahin gekommen sind, aber er läßt Ihnen sagen, es wäre ihm sehr lieb, wenn Sie hereinkommen und nachsehen würden, ob
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