Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
tun?«
    »Folgendes. Dieses Mädchen wird bald hier eintreffen, wahrscheinlich in Begleitung meines Freundes, der sie an der Bahn abholt. Sie werden hier draußen warten. In einem geeigneten Augenblick werden Sie ins Zimmer stürzen und schluchzen: ›George! George! Warum hast du mich verlassen? Du gehörst nicht diesem Mädchen da, du gehörst mir – dem Weib, das du ins Unglück gebracht hast!‹«
    »Nicht zu machen!«
    »Was!«
    Fanny richtete sich stolz auf. »Nicht zu machen!« sagte sie. »Wenn mein Mann davon hören sollte«
    »Sind Sie verheiratet?«
    »Heute früh in der kleinen Kirche, gleich um die Ecke, getraut.«
    »Und Sie kommen her und wollen an Ihrem Hochzeitstag stehlen!«
    »Warum denn nicht? Sie wissen genauso gut wie ich, was es heutzutage kostet, eine Wohnung einzurichten.«
    »Es wäre zweifellos ein schwerer Schlag für Ihren Mann, wenn er hört, daß Sie ins Gefängnis geschickt worden sind. Ich glaube, Sie sollten lieber Vernunft annehmen.«
    Fanny machte scharrende Bewegungen mit der Fußspitze.
    »Wird das, was ich tun soll, in die Zeitungen kommen?«
    »Du lieber Himmel, nein!«
    »Und dann noch etwas. Angenommen, ich komme herein und mache die Kiste, wer soll das denn glauben?«
    »Das Mädchen wird es glauben. Sie ist sehr einfältig.«
    »Das muß sie aber auch sein.«
    »So ein ungebildetes Dorfmädchen.«
    »Und wenn man mir Fragen stellt?«
    »Das wird man nicht tun.«
    »Aber wenn ich doch gefragt werde? Angenommen, das Mädel sagt, wo haben Sie ihn kennengelernt, und wann ist das alles geschehen, und verdammt noch einmal, und lauter so Zeug, was soll ich dann sagen?«
    Hamilton dachte einen Augenblick nach.
    »Ich glaube, am besten wird es sein, wenn Sie sofort nach der kleinen Rede, die ich Ihnen vorgesprochen habe, so tun, als ob Sie vor Aufregung schwach würden. Ja, das ist das beste. Wenn Sie das gesagt haben, rufen Sie: ›Luft! Luft! Ich muß Luft haben!‹ Und stürzen hinaus.«
    »Jetzt reden Sie. Das mit dem Hinausstürzen gefällt mir. Ich werde so schnell laufen, daß man mich gar nicht sehen wird.«
    »Sie sind also bereit, es zu tun?«
    »Scheint so.«
    »Gut. Wiederholen Sie, bitte, Ihre kleine Rede. Ich muß mich davon überzeugen, daß Sie ganz textsicher sind.«
    »George! George! …«
    »Machen Sie vor dem zweiten George eine Pause und holen Sie Atem. Denken Sie daran, daß die Intensität oder Lautheit der Stimme von der Schwingungsweite der Stimmbänder abhängt, während die Tonhöhe von der Anzahl der Sekundenschwingungen abhängt. Der Ton wird verstärkt durch die Resonanz der Luft in den Luftwegen und in der Rachen- und Mundhöhle. Noch einmal, bitte.«
    »George! George! Warum hast du mich verlassen? …«
    »Arme ausstrecken.«
    »Du gehörst nicht dem Mädchen da.«
    »Pause. Atmen.«
    »Du gehörst mir – dem Weib, das du ins Unglück gebracht hast!«
    Hamilton Beamish nickte billigend.
    »Nicht schlecht. Gar nicht so schlecht. Wenn es möglich wäre, würde ich gern Ihren kannenförmigen Schildknorpel von einem Spezialisten untersuchen lassen, und es wäre mir auch sehr angenehm, wenn Sie Zeit gehabt hätten, mein Büchlein ›Stimmbildung‹ zu studieren … Aber, ich glaube, es wird schon gehen. Jetzt verstecken Sie sich wieder im Rhododendron, das Mädchen kann jeden Augenblick kommen.«

ZEHNTES KAPITEL
    Hamilton Beamish schlenderte in die Diele. Es war etwas geschehen, es war etwas getan, er verdiente eine Zigarette. Er zündete sich gerade eine an, da hörte er Räder auf dem Kies knirschen und sah durch die offene Tür Madame Eulalie aus einem roten Zweisitzer steigen. Erfreut sprang er ihr entgegen.
    »Sie haben es also doch möglich gemacht, zu kommen!«
    »Ja. Aber ich muß sofort wieder zurück. Ich habe heute nachmittag drei Verabredungen. Sie bleiben wohl während der Hochzeit hier?«
    »Ich hatte es vor. Ich habe George versprochen, Trauzeuge zu sein.«
    »Schade. Ich hätte Sie mitnehmen können.«
    »Ach, das kann ich mit Leichtigkeit wieder rückgängig machen«, sagte Hamilton Beamish rasch. »Sowie George wieder da ist. Er kann Dutzende von Trauzeugen kriegen. Dutzende.«
    »Wieder da? Wohin ist er denn gegangen?«
    »Zum Bahnhof.«
    »Das ist aber dumm. Ich bin eigens hergekommen, um ihn zu sehen. Na, macht nichts. Aber ich muß wohl Miss Waddington wenigstens für einen Augenblick aufsuchen.«
    »Sie ist nicht zu Hause.«
    Madame Eulalie zog die Augenbrauen hoch.
    »Bleibt denn in dieser Gegend niemand zu Hause, wenn eine

Weitere Kostenlose Bücher