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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Armen trägt sie ein kleines Bündel.«
    »Nein, nein! Das nicht!«
    »Schön, lassen wir das Bündel fort. Sie streckt ihre Arme nach dir aus. Sie wankt, du eilst zu ihr, um sie zu stützen.«
    »Was soll dann geschehen?«
    »Die Braut sieht, daß das unglückliche Mädchen ein größeres Recht hat, sie legt eure Hände ineinander und geht still aus dem Zimmer.«
    George lachte bitter.
    »Du übersiehst nur eines. Wo sollen wir das Mädchen mit dem bleichen Gesicht herbekommen?«
    Hamilton Beamish kratzte sich das Kinn.
    »Das ist die Schwierigkeit. Ich muß nachdenken.«
    »Und während du nachdenkst«, sagte George kühl, »werde ich das einzige Praktische tun, was möglich ist, ich werde zum Bahnhof gehen, sie abholen, mit ihr sprechen und sie zur Vernunft zu bringen suchen.«
    »Das wird vielleicht ganz gut sein. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, daß mein Plan ideal wäre, wenn wir nur das Mädchen finden können. Es ist zu dumm, daß du keine dunkle Vergangenheit hast.«
    »Meine dunkle Vergangenheit«, sagte George düster, »liegt noch ganz vor mir.«
    Er wandte sich um und eilte fort. Hamilton Beamish schritt nachdenklich auf das Haus zu.
    Als er zum Rasen gekommen war und stehenblieb, um sich zur Unterstützung seiner Gedanken eine Zigarette anzuzünden, sah er etwas, was ihn veranlaßte, das Streichholz fallen zu lassen und hinter einem Baum Deckung zu suchen.
    Ein Mädchen war aus einem Rhododendrongebüsch aufgetaucht und stahl sich leise über den Rasen zum Speisezimmerfenster.
    Das Mädchenalter ist die Zeit der Träume. Als Fanny Welsh über die ihr von Sigsbee H. Waddington gestellte Aufgabe nachdachte, hatte sich ein phantastischer Gedanke in ihre Seele geschlichen – der Gedanke, daß sie eine Stunde vor der verabredeten Zeit kommen, das Kollier stehlen und für sich selbst behalten könnte.
    Das Glück schien auf ihrer Seite zu sein. Niemand war in der Nähe. Das Fenster stand offen, und dort auf dem Tisch lag der Schmuck. Sie schlich aus ihrem Versteck hervor, überquerte die Rasenfläche, kam in das Zimmer und hatte schon das Etui in der Hand, als sie plötzlich merken mußte, daß das Glück nicht so sehr auf ihrer Seite war, wie sie angenommen hatte. Eine schwere Hand hatte sich auf ihre Schulter gelegt, und als sie herumfuhr, gewahrte sie einen majestätisch aussehenden Mann mit energischem Kinn und Hornbrille.
    »Na, meine junge Freundin!« sagte dieser Mensch.
    Fanny atmete schwer.
    »Legen Sie das Etui hin.«
    Fanny gehorchte. Hamilton Beamish ging zum Fenster und verschloß es.
    »Na?« fragte Fanny. »Sie haben mich. Was werden Sie tun?«
    »Was glauben Sie?«
    »Mich der Polizei übergeben?«
    Die Gestalt am Fenster nickte. Fanny rang die Hände. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Liefern Sie mich nicht der Polizei aus, Mister! Ich habe es nur für Ma getan …«
    »Ganz falsch!«
    »Wenn Sie arbeitslos wären und hungern und zusehen müßten, wie Ihre arme alte Ma sich über den Waschzuber beugt …«
    »Ganz falsch!« wiederholte Hamilton Beamish nachdrücklich.
    »Was meinen Sie mit ganz falsch?«
    »Nichts weiter als schlechte Broadwaykomödie. Es gibt vielleicht Leute, die darauf hineinfallen, aber ich nicht.«
    Fanny zuckte die Achseln.
    »Na, ich dachte, ich könnte es ja probieren.«
    Hamilton Beamish musterte sie eingehend.
    »Sind Sie Schauspielerin?«
    »Ich? Gar keine Rede. Meine Familie würde so etwas nie erlauben.«
    »Nun, Sie haben eine gewisse schauspielerische Begabung. Was Sie da eben vorgebracht haben, hat doch so aufrichtig geklungen, daß es die meisten Menschen überzeugt hätte. Ich glaube, ich könnte Sie in einem kleinen Drama brauchen, das ich vorhabe. Ich werde ein Geschäft mit Ihnen machen. Ich gedenke Sie nicht ins Gefängnis zu schicken.«
    »Gesprochen wie ein Mann.«
    »Eigentlich müßte ich natürlich.«
    »Ja, aber es macht viel mehr Spaß etwas zu tun, was man nicht darf, nicht wahr?«
    »Also, es handelt sich um folgendes: ich habe einen Freund, der sich in einer Schwierigkeit befindet, aus der Sie ihn befreien könnten.«
    »Es wird mir immer ein Vergnügen sein, Ihnen dienen zu können.«
    »Mein Freund will heute heiraten und hat eben gehört, daß eine frühere Braut von ihm herkommen will, die er in begreiflicher Gefühlsemotion, als er sich in das Mädchen verliebte, die seine Frau werden soll, unglückseligerweise ganz aus den Augen verloren hat.«
    »Sie will Stunk machen?«
    »Ganz richtig.«
    »Ja, und was kann ich da

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