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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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klug für einen einzigen Mann. Sie sollten Ihren Verstand verteilen.«
    Hamilton Beamish schien der Augenblick gekommen zu sein, da er offen und ohne alle Hinterhältigkeit sprechen, in den rundesten Phrasen, die ihm zu Gebote standen, die Liebe enthüllen sollte, die in seinem Herzen blühte, seitdem er an der Schwelle des Hauses Nummer sechzehn in der Neunundsiebzigsten Straße ein Staubkörnchen aus dem Auge dieses Mädchens entfernt hatte. Er wollte gerade damit beginnen, als sie an ihm vorbeisah und vergnügt auflachte.
    »Nanu, George Finch!«
    Verzweifelt drehte Hamilton Beamish sich um. Sooft er von seiner Liebe sprechen wollte, schien etwas dazwischenzukommen. Gestern war es der widerwärtige Charley am Telefon gewesen, und jetzt war es George Finch. George stand in der Tür, seine Wangen waren rot, wie nach raschem Gehen. Er starrte das Mädchen in einer Weise an, die Hamilton Beamish empörte. Um seiner Empörung Ausdruck zu verleihen, räusperte er sich stark. George achtete nicht darauf, er starrte weiter.
    »Du hast eine sehr interessante Geschichte unterbrochen, George.«
    »May!« George Finch steckte einen Finger in der Kragen. »May! Ich – ich war gerade an der Bahn, um dich abzuholen.«
    »Ich bin mit dem Auto gekommen.«
    »May?« rief Hamilton Beamish, dem ein furchtbares Licht dämmerte.
    Madame Eulalie wandte ihm ihr strahlendes Gesicht zu.
    »Ja, ich bin die kleine Landpomeranze.«
    »Aber Sie sind gar keine kleine Landpomeranze«, sagte Hamilton Beamish, dem plötzlich das Denken schwerfiel.
    »Als George mich kannte, war ich es.«
    »Und Sie heißen Madame Eulalie.«
    »Das ist mein Berufsname. Wir waren uns doch einig, daß jeder, der einen Namen wie May Stubbs hat, ihn so rasch wie möglich ändern würde.«
    »Sie sind wirklich May Stubbs?«
    »Ja.«
    Hamilton Beamish biß sich auf die Lippen. Er musterte seinen Freund mit kalten Blicken.
    »Ich gratuliere dir, George. Du bist mit zwei der hübschesten Mädchen verlobt, die ich kenne.«
    »Das ist aber nett von Ihnen, Jimmy!« sagte Madame Eulalie.
    George Finchs Gesicht zuckte wie in Krämpfen.
    »Aber, May, wirklich … hab doch ein Herz! … Du betrachtest mich doch nicht allen Ernstes als deinen Verlobten!«
    »Warum nicht?«
    »Aber … aber … ich dachte, du hättest mich ganz vergessen.«
    »Was, nach den vielen schönen Briefen, die du mir geschrieben hast!«
    »Eine Kindersache«, stammelte George.
    »So, meinst du!«
    »Aber, May! …«
    Hamilton Beamish hatte diesem Wortwechsel mit schnell wachsender Temperatur zugehört. Sein Herz pochte fieberhaft. Niemand wird, wenn die Liebe ihn packt, so primitiv wie der Mann, der sein ganzes Leben in der kühlen Welt des Verstandes verbracht hat. Als er jetzt dastand und den beiden lauschte, empfand er so wütende Eifersucht, daß er sich nicht länger zügeln konnte. Hamilton Beamish, der Denker, hatte zu existieren aufgehört; an seiner Stelle stand Hamilton Beamish, der Abkömmling von Vorfahren, die ihre Liebesaffären mit plumpen Keulen regelten und beim Anblick eines Rivalen keine Zeit in ruhiger Überlegung verloren, sondern mit der Wucht einer Tonne Ziegelsteine auf ihn losfuhren und sich redlich bemühten, ihm den Schädel abzubeißen.
    »He!« sagte Hamilton Beamish.
    »Aber May, du weißt doch, daß du mich nicht liebst.«
    »He!« sagte Hamilton Beamish zum zweitenmal in häßlich schnarrendem Ton. Und es wurde still.
    Der Höhlenmensch rückte sich die Brille zurecht und warf seinem verflossenen Freund einen Blick voll Ekel zu. Seine Finger bewegten sich, als wollten sie eine Keule umfassen.
    »Du, hör mir zu«, sagte Hamilton Beamish, »und versteh mich gut! Hörst du? Kein Wort mehr davon, daß dieses Mädchen dich liebt, wenn du nicht willst, daß ich dir die Birne einschlage. Ich liebe sie, verstanden? Und mich wird sie heiraten, verstanden? Keinen anderen Menschen, verstanden? Und wer etwas anderes sagt, wird gut daran tun, seine Freunde davon zu verständigen, wohin seine Leiche geschickt werden soll, verstanden? Dich lieben, so etwas! Sonst nichts? Mich wird sie heiraten, verstanden? Mich!«
    Und die Arme kreuzend, wartete er auf Antwort.
    Diese erfolgte aber nicht unverzüglich. George Finch, der auf so primitive Regungen von dieser Seite nicht gefaßt war, blieb völlig erstarrt. Es war Madame Eulalie überlassen, sich zu äußern.
    »Jimmy!« sagte sie leise.
    Hamilton Beamish umfaßte mit herrischer Gebärde ihre Taille und küßte sie elfmal.
    »So!« sagte

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