Der schüchterne Junggeselle
nicht?«
»Nein, Sir.«
»Warum nicht?«
»Sie findet nicht meine Billigung, Sir.«
»Warum?«
»Es ist nicht wie die Gegend in England.«
»Die Gegend in England ist wohl hübsch?«
»Ich glaube, sie erregt allgemeine Zufriedenheit, Sir.«
»Was gefällt Ihnen an dieser Gegend hier nicht?«
»Ich bin mit den Moskitos nicht einverstanden, Sir.«
»Aber es gibt doch nur ganz wenig.«
»Ich bin auch mit einem einzigen Moskito nicht einverstanden, Sir.«
George scharrte unbehaglich mit den Füßen.
»Sie haben hoffentlich nichts gegen Hochzeiten, Ferris?«
»Doch, Sir.«
»Warum?«
»Ich halte sie für traurige Angelegenheiten, Sir.«
»Sind Sie verheiratet, Ferris?«
»Ich bin Witwer, Sir.«
»Nun, waren Sie nicht glücklich, als sie heirateten?«
»Nein, Sir.«
»Und Mrs. Ferris?«
»Die Zeremonie schien ihr ein gewisses kindliches Vergnügen zu bereiten, Sir. Aber das ging bald vorüber.«
»Wie erklären Sie sich das?«
»Das könnte ich nicht sagen, Sir.«
»Es tut mir sehr leid, daß Hochzeiten Sie deprimieren, Ferris. Wenn zwei Menschen einander lieben und immer weiter lieben wollen …«
»Die Hochzeit ist kein Prozeß, der das Liebesleben verlängert. Sie mumifiziert die Leiche der Liebe.«
»Aber, Ferris, was würde aus der Nachkommenschaft werden, wenn es keine Hochzeit gäbe?«
»Ich kann keine Notwendigkeit für Nachkommenschaft sehen.«
George ging nachdenklich aus dem Haus. Ferris mochte wohl ein passender, sogar ein idealer Gefährte für ein Begräbnis sein, aber wenn die Hochzeitsglocken läuteten, schien er durchaus nicht am Platz zu sein.
Mit ernüchtertem Blick sah er auf den hübschen Garten hinaus und gewahrte, daß Sigsbee H. Waddington aufgeregt auf das Haus zuschritt.
»Hören Sie, sagen Sie mal!« rief Sigsbee H. »Was macht denn der verfluchte Hausmeister im Zimmer mit den Hochzeitsgeschenken?«
»Er gibt darauf acht.«
»Wer hat ihm das denn aufgetragen?«
»Ich.«
»Verdammt!« sagte Sigsbee H. Er warf George einen eigentümlichen Blick zu und schlich davon. Bald darauf fuhr ein Automobil vor, dem Mrs. Waddington, Molly und ein Mann mit einem Pferdegesicht entstiegen.
»Molly!« rief George.
»Da sind wir, mein Herz«, sagte Molly. »Das ist der Reverend Gideon Voules, der uns trauen wird.«
»Das hier«, sagte Mrs. Waddington zu dem Geistlichen in einem Ton, in dem Georges empfindliches Ohr etwas wie eine Bitte um Entschuldigung hörte, »ist der Bräutigam.«
Der Reverend Gideon Voules betrachtete George aus stumpfen, spiegelähnlichen Augen und begrüßte ihn.
»Wie geht es Ihnen?« fragte George.
»Meine Gesundheit läßt nichts zu wünschen übrig, danke schön.«
»Herrlich! Sie haben sich nichts an den Füßen getan, was?«
Der Reverend Gideon blickte an sich hinunter und schien mit seinen unteren Extremitäten zufrieden zu sein, obgleich sie in weißen Socken staken.
»Nichts, danke.«
»Heutzutage fallen nämlich so viele Geistliche vom Stuhl und verstauchen sich den Fuß«, erklärte George.
»Ich falle nie vom Stuhl.«
»Dann sind Sie der Mensch, nach dem ich die ganze Gegend abgesucht habe«, sagte George. »Wenn alle Geistlichen wären wie Sie …«
»Darf ich Ihnen ein Glas Milch bringen lassen?« fragte Mrs. Waddington.
»Nein, danke, Mutter«, sagte George.
»Ich habe nicht mit Ihnen gesprochen, sondern mit Mr. Voules. Er hat eine lange Fahrt hinter sich und braucht zweifellos eine Erfrischung.«
Sie ging in das Speisezimmer voraus, wo kleine Erfrischungen auf einem Tisch an der Wand bereit standen.
»Was machen Sie hier, Ferris?« fragte sie.
»Ich bewache die Geschenke, Madame.«
»Wer hat Ihnen das aufgetragen?«
»Mr. Finch, Madame.«
Mrs. Waddington warf einen angewiderten Blick auf George.
»Das ist durchaus nicht nötig.«
»Sehr wohl, Madame.«
»Nur ein Schwachkopf konnte auf einen solchen Gedanken kommen.«
»Jawohl, Madame.«
Der Hausmeister entfernte sich. Sigsbee Horatio, der sich am Büfett einen kleinen Gin zu Gemüte führte, seufzte unglückselig auf. Wozu war es gut, daß Ferris jetzt ging? Das Zimmer würde bald voll sein. Schon kamen Automobile, und ein Schwarm von Hochzeitsgästen hielt sich in der Nähe des Tisches auf.
Der Reverend Gideon Voules, der nachdenklich ein Glas Milch und ein Schinkensandwich in den Abgrund seines inneren Menschen versinken ließ, hatte George in eine Ecke gezogen und bemühte sich, ihn näher kennenzulernen.
»Ich plaudere immer gern ein wenig mit dem
Weitere Kostenlose Bücher