Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
Vom Netzwerk:
sagen Sie mal! Ich weiß jemand – er hat sonst gar nichts mit der Geschäftswelt zu tun –, der ein Paket von diesen Aktien besitzt. Halten Sie es für möglich, daß er noch nichts davon gehört hat?«
    »Das ist sehr gut möglich. Aber wenn Sie ihm das Paket abnehmen wollen, müssen Sie sich beeilen. Jetzt wird die Geschichte wahrscheinlich schon in den Abendzeitungen stehen.«
    Diese Worte hatten auf Sigsbee H. Waddington die Wirkung eines elektrischen Schlages. Er ließ den Ärmel des anderen fahren, und der Vereinigte Rinderpräsident schoß auf das Büfett zu. Mr. Waddington griff in seine Hüfttasche, um sich zu vergewissern, daß er noch im Besitz der dreihundert Dollar war, die er Fanny Welsh zu übergeben gehofft hatte, und eilte aus dem Zimmer, aus dem Haus und aus dem Grundstück; nachdem er über die breite Chaussee zum Bahnhof geeilt war, sprang er in einen Zug, der wie auf Verabredung zur rechten Zeit da war. Noch nie in seinem Leben hatte Sigsbee H. Waddington einen Zug so gut erreicht; und das schien ihm ein günstiges Omen zu sein. Im Coupé begann er die Eröffnungsworte seiner geschäftlichen Unterhaltung auszuprobieren.
    »Hören Sie, sagen Sie mal«, würde er sagen. »Hören Sie, sagen Sie mal, mein lieber …«
    Er fuhr mit einem Ruck von seinem Sitz hoch. Er hatte den Namen des Polizisten vergessen.

ZWÖLFTES KAPITEL
    Einige Stunden später, als die Sterne schon funkelten und die Vögel sich schläfrig in den Bäumen zurechtsetzten, bewegte sich eine einsame Gestalt langsam auf den Eingang der Waddingtonschen Sommerwohnung in Hempstead zu. Es war Sigsbee H., der von seinen Wanderungen heimkehrte. Er ging vorsichtig wie eine Katze, die auf einen Ziegelsteinwurf gefaßt ist. Oh, singt der Dichter, wieder daheim, wieder daheim, wieder daheim; doch Sigsbee H. Waddington konnte sich nicht zu so sonnigen Gedanken aufschwingen. Es war nicht das erstemal, daß er in der Zeit, da er seine zweite Strafe als Ehemann abbüßte, etwas getan hatte, womit seine Frau nicht einverstanden war; aber ein derartiges Verbrechen hatte er bis jetzt nicht begangen. Er hatte sich von der Hochzeit seines einzigen Kindes entfernt, nachdem er den ausdrücklichen Auftrag erhalten hatte, sie am Altar zu übergeben. Er seufzte traurig auf. Er wollte jetzt nichts anderes, als sich seiner Schuhe entledigen und mit irgendeinem Getränk allein auf einem Sofa sitzen. Denn er hatte viel in der großen Stadt durchzumachen gehabt.
    Sigsbee H. Waddington war, wie vielleicht schon klargeworden ist, kein Mensch, der viel denken konnte, ohne Kopfschmerzen zu bekommen; aber auf seiner Reise nach New York hatte er sehr viel denken müssen. In den schlammigen Tiefen seines Unterbewußtseins hatte etwas gebieterisch darauf gedrängt, daß er den Namen des Polizisten mit den Aktien an den Tag bringe. Er machte sich sofort an die schwierige Arbeit, und als der Zug im Pennsylvaniabahnhof einfuhr, war es ihm gelungen, das Gebiet seiner Nachforschungen einzugrenzen – er war sicher, daß der Mann entweder Mulcahy oder Garrity hieß.
    Nun hat ein Mann, der einen Polizisten namens Mulcahy in New York sucht, reichlich einen Nachmittag zu tun. Ebenso ein Mann, der einen Garrity sucht. Für jemand, der beide finden will, gibt es keinen Augenblick der Ruhe. Sigsbee H. Waddington eilte in der ganzen Stadt hierhin und dorthin und befragte die einzelnen Schutzleute, denen er begegnete. Der Verkehrsschutzmann auf dem Times Square sagte, es gäbe einen Mulcahy in der Nähe des Grabmales Grants und eine ganze Auswahl von Garritys am Columbus Circle und auf dem Irving Place. Der Mulcahy an Grants Grabmal bedauerte, nicht dienen zu können, empfahl aber den Mulcahy von der Hundertfünfundzwanzigsten Straße und – zur Auswahl – den an der Ecke der Dritten Avenue und der Sechzehnten Straße. Der Garrity am Columbus Circle rühmte einen Garrity in der Nähe von Battery, und der Garrity auf dem Irving Place schien der Ansicht zu sein, daß sein Vetter der Gesuchte sein könnte. Als es fünf schlug, war Mr. Waddington endgültig zu der Ansicht gekommen, daß es zu viele Mulcahys gab. Um fünf Uhr dreißig dachte er daran, im Kongreß einen Antrag zur Verbietung des Namens Garrity einzubringen. Um Punkt sechs gewann er plötzlich die Überzeugung, der gesuchte Mann heiße Murphy.
    Dieser Gedanke erschütterte ihn derart, daß er zu einer Bank taumelte und sich stöhnend setzte. Er war am Zusammenbrechen und beschloß, es aufzugeben und heimzukehren.

Weitere Kostenlose Bücher