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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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war ein Manöver.«
    »Bitte, rede keinen Unsinn, Sigsbee.«
    »Ich rede keinen Unsinn.«
    »Was du keinen Unsinn nennst, vielleicht, aber außer dir kein Mensch, der nicht in einer Schwachsinnigenanstalt ist.«
    »So?« Mr. Waddington steckte die Daumen in die Ärmellöcher seiner Weste und blickte triumphierend um sich. »Also, dann laß dir von mir sagen, daß dieses Mädchen ganz einfach vorgegeben hat, zu sein, was sie nicht ist, damit wir denken, sie ist nicht, was sie ist.«
    Mrs. Waddington seufzte verzweifelt auf.
    »Geh hinaus, Sigsbee«, sagte sie.
    »Laß das nur. Ich sage dir, das Mädel ist eine Verbrecherin. Sie konnte nicht anders hereinkommen, und deshalb hat sie diese Geschichte erfunden. Sie war auf die Hochzeitsgeschenke scharf.«
    »Warum hat sie sie dann nicht weggenommen?«
    »Das hat sie ja. Sie hat Mollys Perlenkollier genommen.«
    »Was?«
    »Du hörst ja. Sie hat Mollys Perlenkollier genommen.«
    »Unsinn.«
    »Also es ist weg.«
    Molly war mit leuchtenden Augen aufgestanden.
    »Ich dachte es ja. Mein lieber, süßer George ist also doch unschuldig.«
    Sehr wenige Menschen dieser zivilisierten Welt haben jemals eine verblüffte Tigerin gesehen, aber wer Mrs. Waddingtons Gesicht in diesem Augenblick beobachtet hätte, könnte sich ausgezeichnet vorstellen, wie verblüffte Tigerinnen aussehen.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Mrs. Waddington verbissen.
    »Na, jedenfalls ist das Kollier weg, nicht wahr?« erwiderte Sigsbee H. »Und du glaubst doch nicht, daß einer der Gäste es genommen hat. Obwohl, dem Kerl, dem Lord Hunstanton würde ich es zutrauen. Natürlich war es das Mädchen. Sie ist am Tisch mit den Hochzeitsgeschenken ohnmächtig geworden, nicht wahr? Sie hat gesagt, sie braucht Luft, und ist hinausgestürzt, nicht wahr? Und nachher hat kein Mensch sie gesehen, nicht wahr? Wenn ich nicht meinen langen Spaziergang gemacht hätte, wäre ich schon vor Stunden darauf gekommen.«
    »Ich fahre sofort nach New York, suche George auf und erzähle es ihm«, rief Molly atemlos.
    »Das wirst du bleibenlassen«, sagte Mrs. Waddington aufstehend.
    »Und ich fahre nach New York und gehe zur Polizei«, sagte Sigsbee.
    »Das wirst du nicht tun! Ich fahre nach New York, und ich werde die Polizei verständigen. Ihr beide bleibt hier.«
    »Aber hör mal …«
    »Ich wünsche gar keine Diskussion darüber.« Mrs. Waddington drückte auf den Klingelknopf. »Und du«, sagte sie zu Molly, »glaubst du, ich werde dir erlauben, Wüstlinge wie George Finch in der Nacht zu besuchen?«
    »Er ist kein Wüstling.«
    »Gar keine Rede«, sagte Sigsbee H. »Ein ganz prachtvoller junger Mann. Er ist aus Idaho.«
    »Du weißt recht gut«, fuhr Molly fort, »daß George nach dem, was Vater uns erzählt hat, ganz rein gewaschen ist. Ebensogut hätte das Mädchen behaupten können, daß Vater sie verlassen hat.«
    »Aber!« sagte Mr. Waddington. »Hi!«
    »Sie wollte nur einen Vorwand haben, ins Haus zu kommen.«
    »Es ist nicht unmöglich«, sagte Mrs. Waddington, »daß George Finch in diesem speziellen Fall nicht so zu tadeln ist, wie ich zuerst angenommen habe. Das ändert aber nichts daran, daß er ein Mann ist, dem jede Mutter, der das Glück ihrer Tochter am Herzen liegt, mit dem tiefsten Mißtrauen entgegentreten muß. Er ist Maler.«
    Die Tür öffnete sich.
    »Sie haben geklingelt, Madame?«
    »Ja, Ferris. Sagen Sie Bassett, er soll sofort vorfahren. Ich muß nach New York.«
    »Sehr wohl, Madame.«
    Der Hausmeister hustete. »Darf ich mir die Freiheit nehmen, Madame, um die Erlaubnis zu bitten, neben dem Chauffeur mitfahren zu dürfen?«
    »Warum?«
    »Ich bin eben davon benachrichtigt worden, daß ein sehr naher Verwandter von mir in der Stadt erkrankt ist.«
    »Ach so, schön.«
    »Ich danke vielmals, Madame. Ich werde Bassett sofort verständigen.«
    »Übrigens«, sagte Mrs. Waddington, als die Tür sich wieder geschlossen hatte, »nach allem, was wir wissen, kann die Geschichte des Mädchens auch ganz wahr sein, und die Perlen hat sie vielleicht nur infolge einer plötzlichen Versuchung gestohlen.«
    »Mutter!«
    »Na ja, warum nicht? Sie wird wohl Geld gebraucht haben. Dein Finch hat bestimmt nicht daran gedacht, für sie zu sorgen.«
    »Das ist ja ganz falsch«, sagte Sigsbee H.
    »Was weißt du davon?« fragte Mrs. Waddington.
    »Nichts«, sagte Sigsbee H. vorsichtig.
    »Dann laß gefälligst diesen Unsinn.«
    Mrs. Waddington schritt würdevoll aus dem Zimmer, und Sigsbee H. schloß, immer

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