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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Sein Kopf schmerzte, seine Füße schmerzten, und sein Kreuz schmerzte. Er hinkte zum Pennsylvaniabahnhof, nahm den nächsten Zug, und jetzt näherten seine Pilgerfahrten sich ihrem Ende.
    Im Haus schien es sehr still zu sein. Und das war auch nur in der Ordnung. Lange schon mußte die Hochzeit vorüber sein, das glückliche Paar seine Flitterwochen begonnen haben. Lange schon mußte der letzte Gast gegangen sein. Und jetzt war nur noch Mrs. Waddington unter diesem stillen Dach, die zweifellos unter der Einsamkeit ihres stillen Boudoirs vernichtende Sätze für ihre Strafpredigt zusammenstellte. Mr. Waddington blieb an der Schwelle stehen und war schon halb entschlossen, den Frieden des Werkzeugschuppens aufzusuchen.
    Doch mannhaftere Gedanken siegten. Im Werkzeugschuppen würde es nichts zu trinken geben, und nach einem Getränk um jeden Preis schrie seine leidende Seele. Er überschritt die Schwelle und fuhr in müdem Entsetzen zurück, als plötzlich eine dunkle Gestalt vor ihm auftauchte.
    »Usch!« sagte Mr. Waddington.
    »Sir?« fragte die Gestalt.
    Mr. Waddington fühlte sich erlöst. Es war nicht seine Frau, es war Ferris. Und gerade Ferris wünschte er in diesem Augenblick zu treffen, denn kein anderer konnte ihm so rasch zu einem Getränk verhelfen.
    »Sch!« flüsterte Sigsbee H. »Ist jemand in der Nähe?«
    »Sir?«
    »Wo ist Mrs. Waddington?«
    »In ihrem Boudoir, Sir.«
    »Ist jemand in der Bibliothek?«
    »Nein, Sir.«.
    »Dann bringen Sie mir dorthin etwas zu trinken, Ferris. Und sagen Sie niemand, daß Sie mich gesehen haben.«
    Mr. Waddington wankte in die Bibliothek und warf sich auf das Sofa. Köstliche Augenblicke der Ruhe verstrichen, und dann ließ sich draußen ein melodisches Klirren vernehmen. Ferris kam mit einem Tablett herein.
    »Sie haben mir keine genauen Instruktionen gegeben, Sir«, sagte der Hausmeister, »deshalb habe ich aus eigener Initiative die Whiskyflasche und etwas kohlensäurehaltiges Wasser gebracht.«
    Mr. Waddington griff mit Tränen in den Augen nach der Flasche.
    »Sie sind ein Prachtkerl, Ferris!«
    »Danke sehr, Sir. Haben Sie sonst noch Wünsche, Sir?«
    »Nein. Aber gehen Sie noch nicht, Ferris. Erzählen Sie mir alles.«
    »Welche Einzelheit wünschen Sie zu wissen, Sir?«
    »Erzählen Sie mir von der Hochzeit. Ich konnte nicht dabeisein. Ich hatte ein sehr wichtiges Geschäft in New York, Ferris. Deshalb konnte ich nicht dabei sein. Weil ich ein wichtiges Geschäft in New York hatte.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Ein sehr wichtiges Geschäft. Ich durfte es nicht vernachlässigen. Ist bei der Hochzeit alles gut gegangen?«
    »Es ist überhaupt nicht gegangen, Sir.«
    »Was heißt das?«
    »Es hat gar keine Hochzeit gegeben, Sir.«
    Mr. Waddington fuhr hoch.
    »Keine Hochzeit?«
    »Nein, Sir.«
    »Warum nicht?«
    »Es ist im letzten Augenblick ein Hindernis eingetreten, Sir.«
    »Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß der neue Geistliche sich auch den Fuß verstaucht hat?«
    »Nein, Sir. Der Geistliche erfreut sich auch weiterhin guter Gesundheit in jeder Hinsicht. Das Hindernis, von dem ich spreche, wurde von einer jungen Frauensperson verursacht, die mit der Behauptung, eine alte Freundin des Bräutigams zu sein, in das Zimmer drang, in dem die Gäste versammelt waren, und ein wenig Unruhe erregte, Sir.«
    Mr. Waddingtons Augen quollen aus ihren Höhlen.
    »Erzählen Sie mir das.«
    »Ich war selbst nicht Zeuge der Szene, Sir. Aber einer der untergeordneten Diener, der zufällig durch die Tür hineinsah, hat mich über die Einzelheiten des Vorfalles informiert. Gerade als die Hochzeitsgesellschaft zur Kirche aufbrechen wollte, scheint eine junge Frau durch die Glastür zum Garten hereingekommen zu sein. Sie blieb stehen und sagte: ›George! George! Warum hast du mich verlassen? Du gehörst nicht diesem Mädchen da. Du gehörst mir – dem Weib, das du ins Unglück gebracht hast!‹ Ich nehme an, daß diese Worte Mr. Finch galten.«
    »Heiliger Strohsack! Und was ist dann geschehen?«
    »Wie mein Gewährsmann mir sagt, kam es zu einem ziemlichen Wirrwarr. Der Bräutigam war entschieden verblüfft und behauptete mit einiger Heftigkeit, daß das Ganze ein Mißverständnis sein müsse. Darauf erwiderte Mrs. Waddington, sie hätte die ganze Zeit nichts anderes erwartet. Miss Waddington war, glaube ich, sichtlich ergriffen. Und die Gäste waren sehr verlegen.«
    »Ich mache ihnen keinen Vorwurf daraus.«
    »Nein, Sir.«
    »Und dann?«
    »Die junge Frau wurde

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