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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Beamish!«
    Auf dem Dach fuhr Wachtmeister Garroway auf wie ein Kriegsroß beim Erschallen der Drommete. Diese Stimme glaubte er zu kennen.
    »Himmel!« rief Wachtmeister Garroway, wie Espenlaub zitternd.
    Auch auf Mrs. Waddington blieb die Stimme nicht ohne Wirkung. Sie sprang von dem Bett, auf das sie gesunken war, wieder auf.
    »Setzen!« rief Wachtmeister Garroway.
    Mrs. Waddington setzte sich.
    »Mein guter lieber Konstabler«, begann Lord Hunstanton.
    »Mund halten!« rief Wachtmeister Garroway.
    Lord Hunstanton hielt den Mund.
    »Himmel!« wiederholte Wachtmeister Garroway.
    Er sah seine Gefangenen unentschlossen an, weil er in der angenehmen Lage war, an zwei Stellen gleichzeitig sein zu wollen. Was sollte er tun? Was sollte er tun? »Herrgott! Himmel!« seufzte Wachtmeister Garroway.
    Abgemessene Schritte wurden laut. Ein Mann mit wohlgefüllter Weste, der wie ein Diplomat aussah, erschien auf dem Dach. Als der Polizist ihn erblickte, stieß er einen Begeisterungsschrei aus.
3
    »He!« rief Wachtmeister Garroway.
    »Sir?« fragte der Hinzugekommene.
    »Sie sind Ersatzschutzmann.«
    »Nein, Sir. Ich bin Hausmeister.«
    »Hören Sie, Beamish!« blökte die Stimme unten.
    Dies brachte den Polizisten zu verzweifelt raschem Handeln. In einem ruhigeren Augenblick hätten ihn vielleicht die hervorstehenden grünbraunen Augen, die ihn so erhaben anblickten, eingeschüchtert, doch jetzt hatten sie keine Schrecken für ihn.
    »Sie sind Ersatzschutzmann«, wiederholte er. »Sie wissen doch, was das heißt, Sie Dummkopf? Ich bin die Autorität des Gesetzes und ernenne Sie zu meinem Vertreter.«
    »Ich lege nicht den geringsten Wert darauf, Ihr Vertreter zu sein«, erwiderte der andere in kühlem Ton.
    Auf Wachtmeister Garroway übte dieser Ton keine Wirkung aus: »Ob Sie Wert darauf legen oder nicht, ist mir ganz gleichgültig. Ich habe Sie zum Ersatzschutzmann gemacht, und Sie werden gehorchen, oder Sie kommen wegen Widerstandes gegen das Gesetz ins Kittchen, ganz davon abgesehen, daß Sie mit dem Knüppel eins über den Kopf bekommen. Also?«
    »Da die Situation so ist«, antwortete der Hausmeister voll Würde, »habe ich keine andere Möglichkeit, als mich Ihren Wünschen zu fügen.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Rupert Antony Ferris.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »Ich bin in Stellung bei Mrs. Sigsbee H. Waddington, zur Zeit Hempstead, Long Island.«
    »Also, da drin habe ich zwei Gauner, die von der Polizei gesucht werden, verstanden? Ich sperre sie ein.« Wachtmeister Garroway schlug die Tür zu und drehte den Schlüssel um. »Sie brauchen bloß hier Wache zu stehen, bis ich zurückkomme. Das ist doch nicht zuviel verlangt, was?«
    »Die Aufgabe scheint mir durchaus im Bereich meiner Kräfte zu liegen, und ich werde mich bemühen, sie nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.«
    »Also los«, sagte Wachtmeister Garroway.
    Ferris stellte sich mit dem Rücken an die Schlafveranda und blickte sehnsüchtig zum Mond empor. Zu seiner Überraschung murmelte eine Stimme seinen Namen.
    »Ferris!«
    Der Hausmeister ließ sich selten aus der Fassung bringen, doch jetzt war er nicht weit davon entfernt. Körperlose Stimmen, die seinen Namen murmelten – so etwas hatte er noch nicht erlebt. Es konnte kaum einer der beiden Gauner in der Schlafveranda sein, denn diese waren hinter dicken Mauern und einer festen Tür und hätten lauter sprechen müssen, um sich vernehmlich machen zu können.
    »Ferris!«
    Vielleicht ein Engel, dachte der Hausmeister und wollte seine Gedanken schon anderen Dingen zuwenden, als er sah, daß in die Mauer, an der er stand, hoch oben ein kleines Fenster eingelassen war. Es war also doch einer der Gauner. Und da sprach die Stimme auch schon wieder, und diesmal so deutlich, daß er sie als die seiner Brotgeberin erkennen konnte.
    »Ferris!«
    »Madame?« fragte Ferris.
    »Ich bin es. Ferris – Mrs. Waddington.«
    »Sehr wohl, Madame.«
    »Was sagen Sie? Kommen Sie näher. Ich kann Sie nicht verstehen.«
    Der Hausmeister näherte seinen Mund dem Loch in der Wand und wiederholte seine Bemerkung.
    »Ich sagte: ›Sehr wohl, Madame‹«, erklärte dieser moderne Pyramus.
    »Ach so. Also, machen Sie rasch, Ferris.«
    »Rasch, Madame?«
    »Lassen Sie uns rasch hinaus.«
    »Sie wünschen, daß ich Sie befreie, Madame?«
    »Ja.«
    »Hm!«
    »Was sagen Sie?«
    Der Hausmeister, den das Stehen auf den Zehenspitzen ein wenig angestrengt hatte, richtete sich wieder auf.
    »Ich sagte ›Hm‹, Madame.«
    »Er sagt

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