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Der Schuß im Nachtklub

Der Schuß im Nachtklub

Titel: Der Schuß im Nachtklub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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etwas mit Biologie zu tun. Verstehen Sie,
es ist gefährlich, die chemischen Reaktionen zu unterdrücken, Al. Es...«
    Ich knirschte mit den Zähnen.
»Ich weiß«, erwiderte ich. »Es führt zu Verdrängungskomplexen und
Zwangsneurosen!«
    »Richtig!«
    »Noch ein paar Fragen«, flehte ich.
»Haben Sie eine Ahnung, wer die Absicht haben konnte, Ihren Bruder zu ermorden,
oder aus welchem Grund er ermordet wurde?«
    »Natürlich«, erklärte sie mit
Bestimmtheit. »Jeder, der ihn kannte, hatte ein Motiv für diesen Mord.«
    »Jemand Bestimmten haben Sie
dabei nicht im Auge?«
    »Tja«, meinte sie, »da wären
ich, Vater und Talbot. Und dann die Köchin und Elsie, das Stubenmädchen, und Jannings , der Gärtner. Da wäre der Briefträger und...«
    »Sehr witzig«, sagte ich kalt.
    »Finden Sie?« Ich hätte darauf
schwören mögen, daß echte Verwunderung in ihren Augen lag, als sie zu mir
aufblickte. »Es war aber nicht so gemeint.«
    »Kennen Sie außerhalb Ihrer
nächsten Angehörigen und Angestellten jemand?«
    »Ich glaube nicht«, sagte sie.
»John hat seit drei Monaten nicht mehr bei uns gewohnt. Davor hatte ich so
wenig wie möglich mit ihm zu tun gehabt. Es war sicherer.«
    »Sicherer?«
    »Er neigte immer zu kleinen
Scherzen, wenn wir zusammenkamen«, erklärte sie mit einem metallischen Unterton
in der Stimme. »Er drehte mir den Arm auf den Rücken oder trat mir gegen das
Schienbein oder — na ja, eben lauter solche Sachen.«
    »Reizend«, sagte ich.
    »Er war ein völliger
Kindskopf«, sagte sie mit leicht gelangweilter Stimme. »Er hatte einen
manischen Hang zum Entarteten: in seiner Art, sich zu kleiden oder zu reden —
ein Kauderwelsch, das ich niemals habe verstehen können; sogar die Musik, die
er mochte... Jazz!«
    Ich zuckte zusammen.
    »So glaube ich, Al, können Sie
praktisch jeden nehmen«, erklärte sie strahlend. »Mir hätte es nichts
ausgemacht, ihn umzubringen. Es wäre eine neue Erfahrung gewesen.«
    »Wie die Gaskammer«, sagte ich.
»Die letzte Erfahrung.«
    »Das war wahrscheinlich auch
die Überlegung, die mich davon abhielt«, sagte sie.
    Sie zog die Beine auf das Sofa
und streckte sich, die Hände hinter dem Kopf, aus. Der Schlitz in ihrem Kleid
öffnete sich nun ganz und offenbarte, wo die Sonnenbräune aufhörte.
    »Haben Sie sonst noch Fragen,
Al«, sagte sie, »oder können wir uns jetzt der Liebe zuwenden?«
    Eine Menge Leute werden es ja
nicht glauben, aber ich bin auch nur ein Mensch. Ich wußte, wenn ich jetzt
ablehnte, würde ich nächtelang nicht schlafen können. So ging ich langsam um
das Sofa herum auf sie zu.
    »Niemand wird uns stören«,
sagte sie leise, »Seien Sie also nicht so nervös, Al.«
    »Seit ich Stimmbruch hatte, ist
das das erstemal , daß mir ein Mädchen das sagt«,
sagte ich ihr.
    Ich war ihr ganz nah.
»Vielleicht läßt meine Technik zu wünschen übrig?«
    »Sie ist wahrscheinlich nur ein
wenig veraltet«, erwiderte sie ruhig.
    Mit katzenhafter Anmut erhob sie
sich vom Sofa, nahm ihre Brille ab und legte sie vor sich auf den Tisch. Ihre
Augen waren verschleiert, als sie mich ansah, und es lag nicht nur an ihrer
Kurzsichtigkeit.
    »Sie sind etwas außer Übung,
Al«, sagte sie. »Sie brauchen ein wenig Hilfe.«
    Sie nahm meine Hände in die
ihren und legte sie über ihren festen jungen Nacken und wandte sich dabei halb
von mir ab. Ich spürte die Wärme und Weichheit ihres Halses. Sie drückte mich
einen Augenblick fest an sich, und dann schob sie meine Hand ein wenig abwärts.
    »Das Ding nennt man Reißverschluß «, flüsterte sie. »Man braucht nur daran zu
ziehen.«
    Und ich zog.
    Dann legte sie sich wieder in
meine Arme und preßte ihren Körper gegen den meinen. Ihre scharfen weißen Zähne
nagten einen Augenblick an meiner Unterlippe.
    »Das muß aber auf einer
Fünfzig-zu-fünfzig-Basis vor sich gehen, Al«, sagte sie heiser. »Du mußt dich
auch ein wenig anstrengen!«
    Das war der Augenblick, in dem
ich hörte, wie die Tür hinter mir aufging und jemand das Zimmer betrat. Ich
dachte, es sei vielleicht der Butler, aber es war nicht der Butler, der sprach.
    »Rena!« sagte eine kalte
Stimme. »Geh auf dein Zimmer!«
    Sie bückte sich, ergriff ihr
Kleid und richtete sich dann langsam auf, während sie das Kleid an sich
drückte. Ihr ganzer Körper begann zu zittern.
    »Vater!« stieß sie mit
unsicherer Stimme hervor, »ich... wußte nicht, daß du...«
    »Geh auf dein Zimmer«,
wiederholte er mit einer kleinen Pause zwischen jedem

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