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Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Der Schuss nebenan Kommissar Morry

Titel: Der Schuss nebenan Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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zurückziehen."
    „Trotz der hundert Dollar, die Sie täglich verdienen könnten?"
    „Ich arbeite nicht für Verbrecher."
    „Ist das eine Prinzip- oder eine Preisfrage?"
    „Eine Prinzipfrage, Sir."
    Bramsey steckte das Kärtchen ein. „Sie hören von mir, mein Lieber."
    „Soll das heißen...?"
    Bramsey lächelte. „Beruhigen Sie sich. Ich habe niemand umgebracht. Aber ich hätte mir die Hilfe eines Menschen verbeten, der keine moralischen Skrupel hat, solange er hundert Dollar am Tag verdienen kann. Prost!"
    Sie tranken. „Eine Frage“, meinte Miller, als sie die Gläser abstellten. „Warum sind Sie wirklich nach Amerika gekommen?"
    „Ich will ehrlich sein", erwiderte Lord Bramsey, „mir geht es darum, einen Menschen abtreten ... und einen anderen neu erstehen zu lassen!“
    Miller blinzelte. „Hört sich reichlich kurios an, um nicht etwas Schlimmeres zu sagen!"
    „Es ist nicht so übel, wie Sie denken. Vielleicht weihe ich Sie gelegentlich ein.“
     
    *
     
    Mabel Reley stand hinter der schmalen, ins Zimmer ragenden Tischplatte der Hausbar, an deren Seiten hohe, rot gepolsterte Barhocker standen. Am äußersten Ende des Bartisches stand ein silbergerahmtes Foto, das Rodrigez zeigte... ein dunkelhäutiger Mann mit einem schwarz glänzenden Bärtchen auf der Oberlippe.
    Mabel lächelte spöttisch. Sie hielt ein Glas in der Hand. In dem Glas befand sich nur noch ein winziger Rest Gin. Mit einem plötzlichen Schwung schleuderte sie den Inhalt des Glases gegen das Bild. Die Flüssigkeit tropfte von dem Foto.
    „Warum tust du nichts? Warum sagst du nichts?" fragte sie höhnisch. Ihrer Stimme war anzumerken, daß sie schon einiges getrunken haben mußte. „Weißt du noch?“ fuhr sie fort. „Vor einer Woche hast du etwas ganz ähnliches mit mir angestellt. Nur trafst du nicht mein Bild, sondern mein Gesicht, und dein Glas war nicht halb leer, sondern bis zum Rand gefüllt! Eines der Eisstücke traf mein Auge; es tat höllisch weh. He, kannst du nicht antworten? Ich spreche mit dir!“
    Es läutete. Mabel stellte das Glas beiseite und legte das Foto um, so daß es mit der Vorderseite auf dem Tisch lag. Dann ging sie hinaus, um zu öffnen.
    Kurz darauf kehrte sie in Begleitung von Charles Hoogan ins Zimmer zurück. Der Sekretär zog den leichten Sommermantel aus und warf ihn über die Lehne eines Sessels. Er schnupperte in der Luft. „Du hast getrunken!"
    „Nur zwei Gläser", meinte sie und stellte das Foto wieder auf. „Was du riechst, ist auf ein Gesichtsbad zurückzuführen, das ich dem liebwerten Arturo angedeihen ließ..."
    Charles trat hinter sie und warf einen Blick auf das durchweichte Foto, das sich in Wellen zu legen begann. „Du bist von Sinnen!" sagte er.
    „Ich konnte seine Visage nicht mehr ertragen."
    „Das braucht doch niemand zu wissen! Du bringst dich in unnötige Gefahr."
    „Keine Angst. Ich habe noch mehr Bilder von dem Gentleman. Ich brauche es nur auszuwechseln."
    „Tu das! Was hast du bei Bramsey erreicht?"
    Mabel lachte kurz. „Du wirst es nicht glauben: um ein Haar hätte ich mich in ihn verliebt!"
    „Wie bitte?"
    „Ich sag die Wahrheit. Er hat das, was dich so begehrenswert macht: Energie und Männlichkeit, und noch etwas Unwägbares, einige zusätzliche Pluspunkte, die für dich immer unerreichbar bleiben werden. Es ist schwer, das zu beschreiben. Man spürt, daß er nicht aus der Gosse kommt wie du und ich..."
    „Ich komme nicht aus der Gosse", sagte Hoogan scharf.
    „Ach richtig, ich vergaß. Du hast sogar studiert. Zu schade, daß es mit dem Examen nicht klappte!"
    „Laß meine Vergangenheit ruhen. Verschone mich auch mit diesen albernen, auf Bramsey bezogenen Schwärmereien. Das berührt mich gar nicht. Ich möchte wissen, ob und wie er eingestiegen ist."
    „Er hat mich rausgeschmissen."
    „Ist das dein Ernst?"
    „Ja, er scheint keinen Skandal zu fürchten."
    „Dann müssen wir ihn noch ein wenig mehr unter Druck setzen."
    „Wie willst du das anstellen?"
    „Laß das nur meine Sorge sein. Rufe ihn an und bitte ihn, sich hier einfinden zu wollen."
    „Was denn... jetzt?"
    „Ja."
    „Es ist gleich Mitternacht!"
    „Na, und? Wenn er so männlich ist, wie du ihn schilderst, wird er mit Vergnügen die Gelegenheit ergreifen, einer so entzückenden und begehrenswerten jungen Dame seine Aufwartung zu machen."
    „Nicht Bramsey!" erklärte sie bitte. „Ich will nicht behaupten, daß er aus Holz ist, aber anscheinend ist er mit meinen Auffassungen des

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