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Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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daran konnte er ersticken. »Hmmm … bring einen dritten Orangensaft mit. Vielleicht kriege ich ihn wach.« Als Chris ausstieg, fügte sie hinzu: »Am besten kaufst du uns auch was zum Mittagessen, was nicht verdirbt – vielleicht ein Brot und ein Glas Erdnußbutter. Und wir brauchen einen Deo-Stift und ein Haarwaschmittel.«
    Der Junge grinste. »Warum darf ich mich zu Hause nicht so ernähren?«
    »Weil du gesunde Nahrung brauchst, damit dein Verstand nicht noch mehr Schaden nimmt als bisher schon, Kleiner.«
    »Mich wundert nur, daß du nicht sogar auf der Flucht vor angeheuerten Killern daran gedacht hast, deine Mikrowelle, frisches Gemüse und eine Packung Vitaminpillen mitzunehmen.«
    »Soll das heißen, daß ich eine gute Mutter bin, aber die Gesundheitsmasche übertreibe? Okay, ich werd’s mir merken. Geh jetzt!«
    Er wollte seine Tür schließen.
    »Noch was, Chris …«, begann Laura.
    »Ich weiß«, sagte der Junge. »Vorsichtig sein.«
    Während Chris fort war, stellte Laura das Autoradio an, um sich die Neun-Uhr-Nachrichten anzuhören. Sie hörte Meldungen über sich selbst – einen Bericht aus ihrem Haus bei Big Bear, einen weiteren über die Schießerei in San Bernardino. Beide Meldungen waren erwartungsgemäß vage und nicht sonderlich aufschlußreich. Aber sie bestätigten, daß die Polizei jetzt in ganz Südkalifornien nach ihr fahndete. Wie der Reporter berichtete, rechnete die Polizei damit, sie bald ausfindig zu machen, weil sie als Schriftstellerin eine doch sehr bekannte Persönlichkeit war.
    Sie war vergangene Nacht erschrocken, als Dr. Brenkshaw sie sofort als die Schriftstellerin Laura Shane erkannt hatte. Dabei hielt Laura sich nicht für eine Berühmtheit; sie war lediglich eine Erzählerin, eine Geschichtenschreiberin, die am Webstuhl der Sprache arbeitete und Wortgewebe wob. Sie war lediglich für einen ihrer ersten Romane auf Tournee gegangen, hatte diese mühsame Reise abscheulich gefunden und hatte sich zu keiner zweiten überreden lassen. Sie war kein regelmäßiger Gast bei Fernseh-Talkshows. Sie hatte nie in TV-Werbespots für irgendein Produkt geworben, sich nie öffentlich für einen Politiker eingesetzt und im allgemeinen stets versucht, nicht in den großen Medienzirkus hineingezogen zu werden. Sie war mit dem traditionellen Photo auf der Rückseite von Schutzumschlägen einverstanden gewesen, weil es ihr harmlos vorkam, und konnte als 33jährige ohne falschen Stolz zugeben, daß sie ungewöhnlich attraktiv war – aber sie hätte niemals geglaubt, eine »doch sehr bekannte Persönlichkeit« zu sein, wie die Polizei es ausdrückte.
    Laura war nicht nur betrübt, weil der Verlust ihrer Anonymität sie zu einer leichteren Beute für die Polizei machte, sondern auch, weil sie wußte, daß Berühmtheit im heutigen Amerika zugleich den Verlust selbstkritischer Fähigkeiten und einen gravierenden Niedergang künstlerischer Schaffenskraft bedeutete. Einigen wenigen gelang es, prominent zu sein und schriftstellerisch Erfolg zu haben, aber die meisten ihrer Kollegen schienen durch die Aufmerksamkeit, die die Medien ihnen schenkten, korrumpiert zu werden.
    Mit einiger Überraschung wurde ihr plötzlich klar, daß ihre Sorge, sie könnte berühmt und dadurch künstlerisch steril werden, offenbar bedeutete, daß sie noch immer an eine sichere Zukunft glaubte, in der sie Bücher würde schreiben können. In manchen Nächten hatte sie sich geschworen, bis zum Tode zu kämpfen, bis zum blutigen Ende durchzuhalten, um ihren Sohn zu beschützen – stets aber mit dem Gefühl, ihre Lage sei praktisch hoffnungslos, weil der Gegner zu stark und für sie unerreichbar sei. Aber jetzt hatte ihre Einstellung sich irgendwie verändert, war in schwachen, vorsichtigen Optimismus umgeschlagen.
    Vielleicht hatte der Traum den Ausschlag gegeben.
    Chris kam mit einer großen Packung Zimtrollen mit Zuckerguß, drei Tüten Orangensaft und den sonstigen Einkäufen zurück. Sie aßen Gebäck, tranken den Saft dazu und hatten das Gefühl, noch nie besser gefrühstückt zu haben.
    Als Laura fertig war, stieg sie hinten ein und versuchte, ihren Beschützer aus seiner Bewußtlosigkeit zu wecken. Aber ihre Bemühungen blieben ohne Erfolg.
    Sie gab Chris die dritte Tüte Orangensaft. »Heb sie für ihn auf«, sagte sie dabei. »Wahrscheinlich kommt er bald wieder zu sich.«
    »Wenn er nicht trinken kann, kann er auch kein Penicillin einnehmen«, stellte Chris fest.
    »Das hat noch ein paar Stunden Zeit. Doktor

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