Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
Vom Netzwerk:
Stadt vom Fluch des Laurenz Hollmann befreist. Obwohl du ein Papist bist, wird dir unser ewiger Dank gewiss sein.«
     
    Hilarius sprang auf, torkelte vor dem Tisch herum, hielt sich an der Platte fest und schrie: »Ich bin der König der Hexenschnüffler! Bringt mich zu diesem Abschaum!« Und dann fiel er betrunken zu Boden.
     
    Federlin und Martin schleppten ihn nach oben zu seinem Bett. Zuvor hatte Federlin den versammelten Männern versprochen, dass Hilarius sein Versprechen wahrmachen werde; man solle ihm bloß ein paar Stunden Schlaf gönnen. Maria ging mit ihnen nach oben, und sie alle suchten ihre Betten auf.
     
    Vorher aber fragte Martin den Gaukler, wie er die unheimlichen Bilder unten in der Schankstube hervorgebracht habe. Federlin lächelte unergründlich und sagte nach einem kurzen Schweigen: »Ach, das war nichts anderes als eine Kerze, etwas bemaltes Papier, das um die Kerze gedreht wird, Salmiak, zerriebener Kupfer und Kampfer. All das zusammen ergibt hübsche Dämpfe, feuriges Glühen und bewegte Bilder. Du siehst, es waren keine teuflischen Mächte im Spiel.«
     
    Nur zur Hälfte beruhigt legte sich Martin auf sein hartes und kratzendes Bett. Er schlief sofort ein. In seinem wirren Traum sah er die unbekleidete Maria, die vor einem schrecklichen Zauberer floh. Martin stellte sich diesem Zauberer, der das Antlitz von Federlin trug, in den Weg, und der Zauberer war so verängstigt, dass er von seinem Opfer abließ. Dann sank Maria in Martins Arme. Sie gingen in ein Haus, fanden dort ein Bett, und Maria ergab sich dem jungen Mönch. Sie bestieg ihn und rüttelte ihn in ihrer Wonne wild herum.
     
    Zu wild. Immer wieder.
     
    Sie verschwand in Schwärze.
     
    Martin schlug die Augen auf. Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, dass es Pater Hilarius war, der an ihm rüttelte. Neben Hilarius stand der Bucklige aus der Wirtsstube. »Wach auf, Martin, wir müssen die Welt von einem Scheusal befreien«, sagte der Mönch. Er sprach noch immer schwer, und es war deutlich zu sehen, dass er noch nicht ganz nüchtern war. »Dieses arme, fehlgeleitete Schaf hier wird uns den Weg weisen.«
     
    »Uns?«, fragte Martin entsetzt.
     
    »Du bist mein Lehrling und verpflichtet, mir überallhin zu folgen. Steh endlich auf!«
     
    Martin beugte sich. Er kroch aus dem harten Bett und warf einen kurzen Blick um sich. Federlin und Maria schliefen fest. Maria … Er schämte sich seines sündigen Traumes. Es wurde Zeit, dass er von der Gegenwart dieses Weibes erlöst wurde. Wie hieß es im Buch der Sprüche: »Dein Herz begehre nicht nach ihrer Schönheit, noch soll sie dich mit ihren Blicken fangen.« Nein, er würde sich nicht fangen lassen.
     
    Hilarius und der bucklige Mann waren bereits die Leiter heruntergestiegen. Martin folgte ihnen rasch.
     
    Draußen auf der Straße war es vollkommen ruhig. Der Mond war bereits aus dem Himmel verschwunden; der Sonnenaufgang konnte nicht mehr sehr fern sein. Der Bucklige führte sie wortlos durch die schweigenden, schwarzen Straßen, in denen die Giebel der Häuser so weit hervorkragten, dass sie sich oben zu berühren schienen. Nur wenige Sterne leuchteten verstohlen in das Dickicht der Gebäude. Nirgendwo brannte eine Kerze oder ein Talglicht.
     
    Sie stöberten ein Schwein auf, das in der Gosse geschlafen hatte; laut quiekend lief es fort. »Ist ein Schwein nicht ein böses Omen?«, fragte Martin den Pater. Er wollte unbedingt wieder umkehren, traute sich aber nicht, seinem Meister diesen Wunsch offen mitzuteilen.
     
    »Das Schwein ist ein unreines Tier; es zeigt an, dass wir auf dem richtigen Weg sind«, sagte Hilarius mit schwerer Zunge.
     
    Sie gingen an der Kirche vorbei und kamen zu einer Sackgasse, in die der Bucklige sie hineinführte. Die Gebäude hier waren unbewohnt und verfallen. Das Ende der Sackgasse bildete ein gedrungenes Haus, das als einziges in dieser Straße Fenster aus Glas besaß. Sie waren zwar blind vor Staub, aber unversehrt. »Das ist es«, sagte der Bucklige, drehte sich um und ließ die beiden Mönche allein. Martin hörte, wie sich seine Schritte sehr rasch auf dem unebenen Pflaster entfernten.
     
    Das Haus, vor dem sie standen, wirkte wie das steingewordene Böse. Es brütete stumm in der Finsternis seines schiefen Giebels, und die blinden Fenster wirkten seltsam belebt. Hass strahlte und funkelte in ihnen. Es hätte keines Hinweises bedurft, um zu erkennen, dass hier eine Zuflucht des Bösen auf Erden war. In der Mitte der wurmzerfressenen

Weitere Kostenlose Bücher