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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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Pater Hilarius.«
     
    Pater Hilarius! Der war der letzte Mensch, an den sich Martin wenden wollte. Das wäre, als bäte man den Teufel persönlich um Hilfe.
     
    Als ob der Doppelgänger seine Gedanken gelesen hätte, sagte er: »Du begreifst immer noch nicht, dass der Teufel auch Gott sein kann. Ohne Hilarius bist du verloren. Tanze mit dem Teufel nach der Musik Gottes, und du wirst verhindern, dass der schwarze Atem Gottes über die Welt weht.«
     
    »Ich begreife das alles nicht!«, stöhnte Martin.
     
    »Du wirst es begreifen«, sagte sein Spiegelbild sanft und trat einen Schritt auf ihn zu. Es hob die Hände wie zu einer Beschwörung. »Wenn du erst tot bist, wirst du vieles begreifen.«
     
    Und er legte die Hände um Martins Hals. Und er drückte mit aller Kraft zu.
     
        
     

11. Kapitel
     
    »Nimm mich mit!«
     
    Maria hatte bemerkt, dass der alte, dicke Pater den jungen Mönch geweckt und ihm befohlen hatte, ihn zu begleiten, und sie hatte bemerkt, dass Federlin dieser Aufbruch nicht entgangen war. Er hatte noch einige Minuten gewartet; dann streifte er sich seinen Ranzen über, nahm den Dudelsack, setzte seine bunte Mütze auf und versuchte sich davonzustehlen. Wollte er denn nicht mehr zurückkehren? Maria hatte Angst davor, in dieser muffigen Dachkammer mit ihren verwirrenden Gegenständen allein zu bleiben.
     
    Federlin hielt auf der Leiter inne, schien kurz zu überlegen und brummte schließlich: »Wenn du unbedingt willst …« Dann kletterte er rasch weiter nach unten in den schweigenden Bauch des Wirtshauses.
     
    Maria schlüpfte aus dem Bett und eilte mit klopfendem Herzen hinter dem Gaukler her. Was hatte sie sich da bloß eingehandelt? Sie hatte die Rohheit der Verbrecherbande gegen etwas eingetauscht, das ihr inzwischen mindestens genauso viel Angst bereitete. War sie tatsächlich unter Zauberer und Teufelsbündler geraten? Federlin war ihr unheimlich. Sie erinnerte sich noch an alle Einzelheiten seiner abendlichen Vorführung im Schankraum. Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein! Und dann dieser alte Pater, in dessen Blick alle Feuer der Hölle zu lodern schienen … Angeblich bekämpfte er das Böse, aber stimmte das wirklich? Nur dieser junge, linkische und schüchterne Mönch schien ungefährlich zu sein – langweilig ungefährlich, wie sie sich versicherte.
     
    Sie schlichen zusammen durch den Schankraum und öffneten die zum Glück nicht verriegelte Haustür. Der Wirt schien sie nicht bemerkt zu haben. Als sie auf der nachtschwarzen Gasse standen, schaute sie Federlin fragend an. »Wohin gehst du?«
     
    »Du fragst spät.« Ihre Frage aber beantwortete er nicht. Er hob den Kopf und schnüffelte, als könne er neben den üblichen Gerüchen von Pferdemist, Schweinedung und menschlichen Exkrementen in der Gosse noch etwas anderes wahrnehmen. Er drehte den Kopf in alle Richtungen, und schließlich lief er los. Maria eilte ihm hinterher. Es war nicht leicht für sie, bei ihm zu bleiben.
     
    Einmal hörten sie, wie der Nachtwächter mit verschwommener Stimme die vierte Stunde ausrief, ein anderes Mal hörten sie, wie Federvieh flatternd irgendwo aufflog. Maria erinnerte sich daran, dass Hühner oder Hähne in magischen Zeremonien eine wichtige Rolle spielten. Und einmal hörten sie, wie ein Schwein quiekte, das ein streunender Hund in einer Gosse aufgestöbert hatte. Doch sie sahen fast nichts. Wolken waren aufgezogen und schluckten das ganze spärliche Licht des Himmels. Nirgendwo brannte eine Kerze, nirgendwo ein Kienspan. Die Häuser standen wie schweigende Riesen Schulter an Schulter nebeneinander und schienen auf die beiden verlorenen Gestalten herunterzuschielen.
     
    An einer Kreuzung blieb der Gaukler wieder stehen. Erneut zog er prüfend die Luft ein.
     
    »Du suchst doch die beiden Patres, nicht wahr? Kannst du sie wirklich riechen?«, fragte Maria ungläubig. Auch diesmal erhielt sie keine Antwort. Sie war wie Luft für Federlin. Folgte er den Mönchen wirklich? Und wenn ja, warum kümmerte er sich um sie und ihr Schicksal? Was bedeuteten sie für ihn? Maria verstand ihn nicht. Sie verstand gar nichts mehr. Für sie war die Welt zu einem Labyrinth geworden, dessen verschlungenen Wegen sie blind folgte, ohne Aussicht, die Mitte zu finden, und dabei wusste sie doch nicht einmal, was sich in dieser Mitte befand. Früher hatte sie einen zwar unsicheren, aber dennoch klar umrissenen Platz im Leben gehabt; sie hatte gewusst, wie sie sich durchschlagen

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