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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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da hinzukommen. Ich kann das nicht mehr mitansehen. Wenn Shlomo nach Hause kommt, kriegst du von ihm auch noch ein paar Takte zu hören.«
    Da hatte ich ja was, worauf ich mich freuen konnte. Nach dem Dessert — Alex bekam Pfirsich Melba, ich kriegte eine halbe Pampelmuse — gingen wir runter in mein Apartment.
    Es war zehn Uhr. Wir setzten uns auf meine Couch, pappsatt von dem köstlichen Essen. Otis zwängte sich zwischen uns und fing laut an zu schnurren. Alex kraulte sie zwischen den Ohren. Ich sagte: »Morgen sollten wir uns als erstes Herb vornehmen und ihn über seine geheime Affäre mit Belle ausquetschen. Und wir sollten uns diese Gedichte noch einmal genau durchlesen. Vielleicht haben wir was übersehen.«
    »Glaubst du wirklich, daß er irgendwas mit dem Überfall zu tun hat?« fragte Alex.
    »Ich habe immer noch Probleme, daran zu glauben, daß dieser Überfall überhaupt stattgefunden hat. Aber sie sagen, vom Körpertyp her könnte es Herb gewesen sein. Ich hab’ ihn freilich noch nie mit einem Hut gesehen.« Mir fiel der Mann mit dem Schlapphut ein, den ich vor Do It Right hatte herumlungern sehen.
    »Alle Dinge klären sich irgendwann«, sagte Alex. »Wir müssen nur warten.«
    Otis streckte jedes Bein einzeln von sich und sprang runter. Sie trabte zu dem Napf, den ich ihr hingestellt hatte. Ich sagte: »Alex, ich fand gut, was du vorhin oben gesagt hast.«
    »Was?«
    »Das, was du Santina über Shlomo gesagt hast. Das mit dem Vertrauen.«
    »Ach, das.«
    »Das hat mir unheimlich gefallen.« Ehrlich gesagt törnte es mich sogar an. Das und der Wein.
    Er sagte: »Gut.«
    »Hast du das wirklich so gemeint?«
    »Ja.«
    »Du meinst also, Vertrauen ist so wichtig?«
    »Für mich schon.«
    Ich sah auf die Uhr auf dem Video. Ich sagte: »Du kannst heute nacht hierbleiben, wenn du keine Lust mehr hast, noch zu dir zu fahren.« Alex wohnt in einem unscheinbaren Ein-Zimmer-Apartment auf der Delancey Street. Es ist dort laut bis tief in die Nacht hinein.
    Er sagte: »Okay. Danke.«
    »Ich mein’ nur, falls du nicht noch woanders hin mußt.« Ich meinte damit zu seiner Freundin.
    »Wo sollte ich denn hin müssen?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht in die Dunkelkammer.« Sein Euphemismus.
    Er sagte: »Ich nehm’ mir heute nacht frei.« Ich überlegte, was er damit meinen konnte. Hieß das, er nahm sich die Nacht frei von seiner Frau, um eine Sex-unter-Freunden-Nummer mit mir zu schieben? Oder hatten sie Krach, und er hatte keine Lust, sich mit ihr herumzuzanken? Oder nahm er sich von Frauen überhaupt frei, indem er die Nacht bei mir, einer Kollegin, verbrachte? Ich beschloß, es auszuprobieren. Ich rückte näher an ihn heran, die Lücke schließend, die Otis geschaffen hatte. Ich sagte: »Vertraust du mir?«
    Er schaute mich an, blinzelte. Er sagte: »Du bist nicht meine Frau.«
    Ich legte meine Hand auf sein Knie und sagte: »Ich vertraue dir.« Ich küßte ihn auf die Wange. Er schloß die Augen. Ich spielte an seinem Ohr. Ich küßte ihn wieder. Er rutsche ein Stück zur Seite und schob mich sanft von sich weg.
    Er sagte: »Nein, Wanda.«
    »Was meinst du mit >nein    »Na was schon?«
    »Du sagst also >nein    »Ja, ich sage >nein<.«
    Ich sagte: »Was zum Teufel meinst du damit?«
    »Du hast einen Freund, hast du das vergessen?« Ich brauchte eine volle Minute, um zu kapieren, daß er von Skip redete.
    »Er hat nichts mit dir zu tun.« Aber in der Zwischenzeit war meine Lust schon wieder verflogen.
    Er sah mich nicht an, als er erwiderte: »Es ist spät geworden, Wanda. Laß uns schlafen gehen.« Sein Ion hatte nichts Neckendes.
    »Ich hol’ dir eine Decke«, sagte ich. »Für die Couch.«
    »Prima.«
    Ich stand auf und holte eine Decke und ein Sofakissen. Die körperliche Distanz half. Was hatte ich mir nur gedacht? Ich warf ihm das Zeug entgegen, als ich zurückkam. Ich sagte: »Hier. Ich hoffe, du erstickst dran.«
    »Danke.« Er lächelte in sich hinein.
    »Was grinst du so blöd?«
    »Du bist so supercool. Aber du benimmst dich wie ein verwöhntes Balg, wenn du nicht bekommst, was du willst.«
    »Ach — und Mr. Superschlau weiß wohl, was ich will?«
    »Ich denke, ich hab’ da so eine Ahnung.«
    Otis galoppierte mir in mein Schlafzimmer nach. Ich wusch mich und ging ins Bett. Ich nahm mir vor, bei Gelegenheit meine Geschichte auf das Thema Vertrauen hin zu erforschen. Und ich machte eine Beobachtung: das Ich-bin-nicht-leicht-zu-haben-Spiel funktioniert.

Ein Haufen Überraschungen

    Alex weckte

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