Der schwarze Dom
ausströmen. Der Krampf ließ nach.
»Es war nicht so sehr das, was Carl gesagt hat, es war mehr die Art, wie er es gesagt hat«, erklärte ihr Rick und schaute sie dabei an. Er wußte, was sie für Carl empfand. »Tut mir leid.«
Es kam ihr lächerlich vor, sich von ihm trösten zu lassen, wo er selbst doch erst fünfzehn war und Morgen für Morgen eine Stunde lang herumkrebsen mußte, nur um aus dem Bett zu kommen. Sie beugte sich zu ihm hinunter und umarmte ihn. Sein blasses Gesicht verschwand dabei in ihren Haaren.
»Wofür brauche ich denn Carl, wo du mir doch schon versprochen hast, mich zu heiraten?« sagte sie.
»Es ist allseits bekannt, daß Nuklearphysiker bessere Liebhaber sind als Automechaniker«, pflichtete er ihr bei und umarmte sie kraftlos.
Kurz darauf kam David Stepford. Nach Carl war er für Tracie der interessanteste Typ an der Schule. Er sah toll aus, wie seine Schwester ja auch: große, tiefblaue Augen, ein breiter Mund mit vollen Lippen, schwarze, lockige Haare. Sie sahen sich wirklich so ähnlich, daß Tracie ursprünglich vermutet hatte, sie wären Zwillinge. Davey sagte jedoch, dem sei nicht so. Abgesehen vom Äußeren war er auch wirklich ganz anders als Cessy. Sie wollte einfach immer nur Spaß haben, während Davey sich ständig nach vorn manövrierte. Tracie bewunderte Menschen mit Ehrgeiz. Sie hatte selbst hart gearbeitet für ihr Stipendium an der Uni von Berkeley. Sie winkte Davey zu, und er kam in seiner engen weißen Hose und seinem halbzugeknöpften roten Hemd angetänzelt.
»Hallo, Sweetie«, sagte er und bot ihr die Wange zum Kuß. »Wieso hast du mich nicht mal angerufen, damit ich dir zeigen kann, was ich für dich auf Lager habe?«
Sie tat ihm den Gefallen und gab ihm einen flüchtigen Kuß. Dann sagte sie: »Bißchen viel verlangt für ein Arbeitermädchen wie mich, auch nur im Traum daran zu denken, jemanden aus einem so gehobenen sozialen Umfeld wie dich anzurufen.«
»Hey«, schaltete sich Rick ein, »ich hab’ gehört, sie lassen jedem von uns nur fünfzehn Minuten bei der Reifeprüfungsfeier?«
Als Oberstufensprecher würde Davey bei der Feier am kommenden Freitag natürlich sprechen. Rick gehörte nicht zu den Abschiedsrednern, und das, obwohl er der einzige in der Schule war, der einen perfekten Notenschnitt hatte. Der Lehrkörper war der Ansicht, er solle separat berücksichtigt werden, weil er so viele Klassen übersprungen hatte.
Sie wollten ihm am Abschlußtag einen Sonderpreis überreichen und hatten ihn gebeten, über Technologie, Umweltverschmutzung und die zukünftige Verantwortung seiner Generation zu reden, eine Sache, die ihn total in Begeisterung versetzte.
»Das stimmt«, gab Davey zurück. »Ich bin aber vor dir dran, und ich spreche wahrscheinlich länger als eine Viertelstunde.«
»Wenn das so ist, ändere ich mein Thema und spreche über das Problem der Lärmbelästigung!«
Einen Moment lang starrte Davey ihn sprachlos an, und Tracie fragte sich schon, ob Rick ihn versehentlich beleidigt hatte. Doch dann setzte Davey wieder sein blendendes Lächeln auf, das ihm geholfen hatte, gewählt zu werden, und schlug Rick auf die Schulter.
»Wenn du willst, kannst du auch über den Weltuntergang sprechen, Dick«, meinte er.
Rick lächelte. »Rick.«
»Werd’s mir merken«, entgegnete Davey.
»Gerüchten zufolge bist du bei der Schnitzeljagd über richtig und falsch informiert«, deutete Tracie an.
Davey schüttelte den Kopf. »Das hat Cessy in die Welt gesetzt. Stimmt aber nicht. Nur die Mitglieder in Mister Partridges Club haben die Insider-Infos, und denen kommt kein Wort über die Lippen. Aber etwas weiß ich doch.« Er beugte sich vor und fuhr leise fort: »Sogar die Clubmitglieder haben keine Ahnung, wo die Jagd zu Ende ist. Bloß Mister Partridge.«
Tracie hatte Mister Partridge das ganze Schuljahr über kaum gesehen, aber Paula hatte bei ihm Unterricht. Ihrer Meinung nach war er zweifelsfrei der langweiligste Mensch auf dem ganzen Erdball.
»Aber eine Schnitzeljagd ist doch etwas, bei dem man rausfährt und irgendwelche Sachen einsammelt«, überlegte Rick. »Könnten verschiedene Gruppen nicht auch an verschiedenen Plätzen landen, um all das zu sammeln, was sie sammeln sollen?«
»Wie ich die Sache verstehe, sind gewisse Artikel auf der Liste Unikate«, entgegnete Davey.
»Du hast ja wohl Insider-Infos!« rief Tracie.
Über die Schulter hinweg warf Davey einen Blick auf den Mann, der gerade auf die Turnhalle zuging. Wie immer
Weitere Kostenlose Bücher