Der schwarze Dom
eine Riesenanstrengung werden würde, die Gipfel zu erklimmen. Von oben auf dem Tank schienen sie leicht erklimmbar: zwei spitze, beinahe identische Hügel ohne jedes Anzeichen von Vegetation. Doch Carl wußte aus eigener Erfahrung, wie trügerisch Entfernungen sein konnten, vor allem dann, wenn ein Objekt allein für sich stand, wie es bei diesen beiden Hügeln jeweils der Fall war. Sie langen mindestens fünf Meilen weit in der Wüste.
Die Wüste. Jetzt waren sie schon mittendrin, und er, Carl, hatte es gar nicht mitbekommen. Zwischen ihnen und den spitzen, kargen Hügeln gab es nichts außer Echsen und Dornensträuchern. In der siebten Klasse hatte er einmal versucht, die Gipfel mit Joe zu besteigen. Sie hatten es nicht bis zur Spitze geschafft.
Carl fuhr mit seinem Lieferwagen bis eine Viertelmeile vor die Hügel. Das würde ihn demnächst einen Satz neue Stoßdämpfer kosten, denn der Boden war felsig. Das holprige Auf und Ab ließ ihm den Schädel brummen. Er machte sich Sorgen um Tom, der ohne Kissen unter dem Allerwertesten auf der Ladefläche saß. Aber jedesmal, wenn Carl ihn fragte, ob es ihm gutgehe, nickte Tom bloß stoisch.
Als sie aus dem Wagen kletterten, schlug Davey vor, daß sie ja nicht alle vier auf den Hügel hochklettern mußten. Er meinte sogar, es reiche, wenn Carl und Cessy gingen. »Warum wir?« wollte Carl wissen.
»Dann könnt ihr euch unterhalten«, erwiderte Davey, ließ sich im Schatten des Wagens auf die Erde plumpsen und lehnte sich an einen Reifen.
»Und ihr euch erholen«, meinte Carl. Verrückt, daß er sich nie eine Meinung über Davey gebildet hatte. Im Unterbewußtsein erkannte er wohl, daß er sich es mit diesem nicht verderben durfte, falls er auch nur irgendwie mit Cessy weiterkommen wollte. Aber wenn er jetzt darüber nachdachte, stellte er fest, daß er sich nicht gerade viel aus Davey machte.
»Tom kann nicht ohne Schuhe den Hügel rauf«, erklärte Davey mit geschlossenen Augen. »Und jemand muß dableiben und ihm Gesellschaft leisten. Geh nur, schnapp dir die Wasserflasche. Cessy wird dich schon auf Trab halten.«
»Also gut«, meinte Carl, der sich nicht in der Stimmung fühlte, zu streiten. Er stritt selten mit irgend jemandem. Das war eines seiner Probleme. Er hielt sich die Hand über die Augen, um diese vor der Sonne zu schützen, und blickte hoch auf die Hügel, steile fünfhundert Meter über seinem Kopf. Er hoffte nur, daß ihm beim Aufstieg nicht die Füße abfallen würden.
Die Wanderung verlief gut. Bis es steil aufwärts ging. Carl war eigentlich gut in Form, aber jetzt fühlte er sich total fertig. Er hatte sich einen durchsichtigen Wasserkanister über den Rücken gehängt, auf den die Sonne so heiß knallte, daß sie seinen Inhalt mittlerweile gut zum Teekochen hätten verwenden können. Einen richtigen Pfad die Hügel hoch gab es nicht, aber das machte nichts. Cessy war ohnehin entschlossen, den kürzesten Weg zu gehen: steil bergauf. Sie hatte es eilig, auf die Anhöhe zu gelangen, und stapfte energisch vor ihm her. Sein männliches Ego verbot ihm, sie um eine Pause zu bitten.
»Und wenn es der andere Gipfel ist?« fragte sie plötzlich über die Schulter.
»Lieber gar nicht daran denken«, keuchte er. Es war ganz in seinem Sinne gewesen, daß sie sich den höheren der beiden Hügel ausgesucht hatten. Sie drehte sich zu ihm um und sagte lächelnd: »Müde?«
»Ne.«
»Macht’s noch Spaß?«
»Ja.«
»Wärst du gerne noch bei mir im Swimmingpool?«
»Ja. Vielleicht können wir ja schwimmen gehen, wenn das hier vorbei ist.«
Sie hielt inne und blickte hinab zum Lieferwagen, der bereits bemerkenswert klein aussah. Weder Davey noch Tom waren zu sehen. Carl fragte sich, was Tom wohl von Davey hielt. Komisch, daß er ihn das nie gefragt hatte. Cessys Lächeln verflog. »Schauen wir mal«, meinte sie.
Sie hatten sich den richtigen Hügel ausgesucht. Oben auf dem Gipfel lag ein Karton. Er enthielt ein Paar Wanderschuhe. Ein Paar Cessy schlug vor, beide mitzunehmen. Ohne auch nur einen Blick in den Karton zu werfen, ließ Carl sich auf einen kleinen Felsblock in der Nähe fallen. Er war fix und fertig.
»Wäre das fair den anderen gegenüber?« keuchte er.
»Auf der Seite steht ›Ein Paar Wanderschuhe‹. Wir müssen beide nehmen. Sie könnten Tom passen.« Cessy trat an den Gipfelrand und schaute nach Osten, stadtauswärts. »Er braucht was an die Füße. Ich glaube nicht, daß wir so schnell zurück in die Stadt fahren.«
»Und wieso
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