Der schwarze Fürst der Liebe
hat er sogar nur schreiben gelernt, um dir diesen Brief senden zu können. Warst du nicht zu hart? Aber Bartel ist tot!, schrie sie tief in sich. Machen ihn dein Zorn und deine Rachegefühle wieder lebendig? War Rudger dir nicht immer ein guter Freund, den du mochtest, und wenn du ehrlich bist – der dir auch ein bisschen gefiel? Ich ... Sie sprang auf und lief zur Tür. Ohne Schuhe und Umhang rannte sie aus dem Haus. Wo war der Bote? Er konnte nur den Weg durch den Wald genommen haben. Sie hastete los. Da war er – wollte soeben zwischen den Bäumen verschwinden.
»Halt! Bitte wartet!« Ihre Stimme wurde fast völlig vom Schnee verschluckt. »Haltet ein!«
Der Mann sah sich verwundert um. »Bitte gebt mir den Brief zurück!«, flehte sie. Zu ihrer Erleichterung sah sie, wie er das Pferd wendete und zurückkam. Er blickte erstaunt auf ihre bloßen Füße. Jetzt erst merkte sie, wie die Kälte ihre Beine hinaufkroch.
»Bitte kommt noch einmal hinein. Ich gebe Euch eine andere Botschaft.«
Der Kurier nickte, begleitete sie bis vor die Hütte, stieg ab und zog den Brief aus seinem Umhang. Er reichte ihn ihr. »Ich warte hier draußen, denn ich will gleich aufbrechen.«
»Ja!« Sie stürmte in das warme Blockhaus. Das war ihr recht. Hauptsache sie hatte das Schriftstück wieder. Maus stierte sie mit offenem Mund an, während sie eilig ein weiteres Stück Pergament herbeiholte und schnell schrieb: Ich danke dir, dass du mir das erzählt hast, auch wenn ich dir im Moment nicht verzeihen kann. Ich werde Zeit brauchen, das alles zu verarbeiten. Engellin
Sie versiegelte das Papier und eilte mit eisigen Füßen hinaus, um dem Boten den Brief zu übergeben. Sie war dumm und würde sich den Tod holen! »Vielen Dank«, keuchte sie und lief zurück ins Haus. Kurz darauf hörte sie die Hufe des Kurier-Pferdes klackernd auf den Steinen vor dem Haus, die dann knirschend im Schnee verschwanden.
Maus hatte sich von seiner Verwunderung erholt. Er deutete mit einer dampfenden Tasse in der Hand auf eine Schüssel mit warmem Wasser, die vor der Bank stand. Ein Fußbad! Er fragte nicht nach dem Wieso und Warum, sondern war für sie da. »Du bist ein Goldstück, Maus.« Sie lächelte, setzte sich und schob die Füße stöhnend in das Gefäß. »Ich erkläre dir das nachher.« Plötzlich hatte sie das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben.
Es war Nachmittag, und Mortiferius turnte an den Ringen in der Exerzierhalle. Er war so gut in Form wie nie zuvor. Als Matthias mit einem Brief für ihn in den Raum geeilt kam, schwang er sich sofort auf den Fußboden, griff ein Tuch von der Wand und wischte sich den Schweiß vom Leib.
Matthias vergewisserte sich, dass sie allein waren, dann lächelte er Mortiferius an. Dieser nickte zufrieden – der Junge hatte gelernt.
Gespannt nahm er das Schreiben entgegen – sein Gesicht versteinerte. Engellin antwortete ihm! Damit hatte er nicht gerechnet. Er steckte das Papier in den Bund seiner Hose und ging sich ankleiden – hatte nicht den Mut den Brief zu öffnen. Matthias, der in der Halle auf ihn gewartet hatte, blickte ihn erstaunt an, aber er reagierte nicht. Gedankenverloren lief Mortiferius mit ihm ins Quartier zurück. Er trug nun ständig Uniform. Sie saß wie angegossen, brachte seine breiten Schultern und seine schmalen Hüften exzellent zur Geltung und unterstrich seine Augenfarbe. Matthias hatte ihn bewundernd mit offenem Mund bestaunt, als er ihm zum ersten Mal darin gegenübergetreten war.
Er befahl dem Jungen, in ihrer Unterkunft zu bleiben und schritt wie in Trance in die Bibliothek. Sie war zu seinem Zufluchtsort geworden, wenn er nachdenken und allein sein wollte. Wie immer in der kalten Jahreszeit brannte dort ein angenehmes Feuer im Kamin.
Mortiferius setzte sich, zog den Brief hervor, brach das Heilerinnensiegel und las die wenigen Worte. Sie erbat sich Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. Sein Herz tat einen heftigen Schlag. Zeit! Was war schon Zeit? Die hatte er zu Genüge. Wenn sie um Zeit bat, dann sah sie also doch noch Hoffnung, ihm irgendwann verzeihen zu können. Er presste ihre Nachricht an seine Brust. Gab ihm diese die Erlaubnis, wieder von ihr träumen zu dürfen? Konnte er es wagen, Zuversicht zu empfinden? Ja. Sein Herz hämmerte. Er wollte ihr sofort antworten.
Erneut holte er Pergament und Feder aus einem Schreibpult. Kleckerte in seiner Aufregung mit der Tinte – musste neu beginnen. Nein, musste abwarten, bis seine Hände aufhörten zu zittern.
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