Der schwarze Fürst der Liebe
feinzahnige Säge von der Wand. Er tippte mit der Fingerspitze auf deren Zähne. Hoffentlich war sie scharf genug.
Mit der Säge in der Hand blieb er auf einem Strohballen sitzen und wartete auf Hilfe. Er fühlte sich elend.
Die Hufe der beiden Rösser trappelten auf dem gepflasterten Mühlen-Vorhof. Engellin und Maus kamen hastig durch das Tor galoppiert, sprangen von den Pferden. Er trat ihnen entgegen und winkte Engellin wortlos. Gefolgt von Maus hastete sie mit ernstem Gesicht in den Stall und hockte sich neben den verletzten Mann. Maus fühlte seinen Puls. Engellin sah auf das Bein – ihr Blick irrte zu Bartel, sah die Säge. Engellin erbleichte. Sie schluckte. Kein Vorwurf kam über ihre Lippen.
»Wir müssen ihn dringend sauber hinlegen«, befahl sie. Sie war da. Das war gut. Die Säge in der verkrampften Hand stand er wie betäubt und beobachtete Maus, wie er einige Strohballen zu einem Lager stapelte und dann ins Haus des Müllers rannte. Kurz darauf kam er mit einem Bettlaken zurück und bedeckte damit das Stroh. Engellin flößte dem Müller eine dunkelbraune Flüssigkeit aus einem Fläschchen ein und nötigte ihn mit kleinen Schlägen auf die Wangen, diese zu schlucken.
Endlich kam wieder Leben in Bartel. Er musste sich zusammenreißen. Er legte die Säge beiseite. Nur er war stark genug, um Wenzel zu tragen. Der Mann stöhnte in seinem Dämmerzustand, als er ihn behutsam auf das vorbereitete Lager niederließ. Er nahm die Säge wieder auf und stierte sie an, als wüsste er nicht, was er da in der Hand hielt. Das alles hatte er mit seiner Unbeherrschtheit verursacht. Er hasste sich in diesem Moment.
»Du musst sie ins Feuer halten«, befahl Engellin. Er sah sie an. Sein linkes Auge pulsierte. Aber das war jetzt gleichgültig. Er musste handeln.
Bartel spurtete zu des Müllers Haus in die Küche. Er hatte Glück, die Feuerstelle war noch nicht kalt. Er schob die Säge in die Glut. Maus stand wie aus dem Boden gewachsen hinter ihm und wuchtete einen Kübel Wasser in die Mitte des Ofens.
Nachdem Bartel die Säge rotglühend aus dem Feuer geholt und den heißen Griff mit einem Lappen umwickelt hatte, beeilte er sich zu Engellin zurückzukommen.
»Halte ihn fest«, befahl sie kurz angebunden und setzte das Werkzeug unterhalb des Knies an. Das konnte sie nie und nimmer schaffen. Mit ihrer wenigen Kraft würde sie viel zu lange sägen müssen.
»Lass mich das machen«, stieß er eilig hervor.
Engellin musterte ihn mit prüfendem Blick und nickte.
Rasch tauschten sie die Plätze. Engellin hielt den Mann fest auf das Lager gedrückt. Ihr Mund war verkniffen. Bartel blickte ihr flüchtig in das bleiche, hochkonzentrierte Gesicht, setzte die Säge unterhalb des Knies an und betete, dass sie scharf sein möge. Mit einigen kurzen, schnellen Zügen trennte er den zerstörten Knochen vom Bein. Trotz des starken Opiats wimmerte Wenzel leise.
Bartel nahm das abgetrennte Glied, erhob sich und lief aus dem Stall. Angewidert und mit aller Kraft warf er das Bein in das kleine Flüsschen. Die Wellen trugen es eine Weile, dann versank es. Er hatte keine Zeit dazustehen und zu gaffen, musste helfen gehen. Bartel wandte sich ab und hastete zurück. Vor dem Stall kam ihm Maus mit einer Schüssel heißem Wasser entgegen.
Maus stellte das dampfende Gefäß neben Engellin auf den Boden. Nun konnten sie nichts mehr tun. Sie beobachteten, wie sie die Verletzung versorgte – bereit jederzeit einen Befehl von ihr entgegenzunehmen. Engellin kniete vor dem Mann und begann die zerfetzten Adern mit gekochten Tierdärmen und ihrer feinsten Nadel zu nähen. Sie arbeitete konzentriert. Dann erst löste sie den Gürtel oberhalb seines Knies und kontrollierte, ob die Wunde noch blutete. Es war nichts zu erkennen. Sie nickte befriedigt. Auch als sie den Stumpf mit dem heißen Wasser reinigte, ihn mit Salbe bestrichen und einen sauberen Verband angelegt hatte, war sie völlig still. Sie erhob sich. »Wenn er keinen Wundbrand bekommt, schafft er es.« Ihre Stimme war tonlos.
Bartel schluckte. Sein Magen machte sich bemerkbar. Er hatte Wenzel zum Krüppel gemacht. Ihm war schlecht. Gleichgültig, was nun kam, er würde die Sache ausbaden. Auf eine Moralpredigt von Engellin konnte er sich schon einmal vorbereiten.
Sie hob den Kopf und blickte zu Maus: »Bitte reite in die Stadt zum Pfarrhaus. Soweit ich weiß, ist die dortige Magd seine Schwester. Erzähle ihr, was passiert ist und dass sie hier gebraucht wird.«
Sie wandte sich zu
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