Der schwarze Fürst der Liebe
innere Stimme empört. Wieder morden, zerstückeln und hacken? Hast du immer noch nicht die Nase voll davon? Bartel starrte vor sich hin.
Engellin beobachtete ihn nachdenklich von der Seite. »Hör zu, du grübelst mir zu viel«, meinte sie munter. »Lass uns doch heute Nachmittag Pilze suchen gehen.«
»Mit dieser Wunde?« Er schaute auf seine festen, behaarten Beine mit dem weißen Verband hinunter.
»Weißt du was, ich suche die Pilze und du schaust mir einfach von einem netten Plätzchen aus zu!« Ihre Heiterkeit war nicht zu erschüttern.
»Was bekomme ich denn dafür?«, fragte er lauernd.
»Pilze zum Abendessen!« Sie lachte.
Maus kam auf Bartel zu, als er am Nachmittag aus dem Haus trat. Bartel musterte ihn. Volmars Tod hatte ihn ebenfalls mit genommen, denn sein Gesicht war vergrämt.
»Wie geht’s dem Bein?«
Bartel nickte nur und winkte ab.
Engellin, mit einem großen Korb am Arm, nahm ihn an die Hand. Die Hunde umrundeten sie freudig.
Langsam wanderten sie in den Wald. Die Schmerzen beim Laufen waren erträglich. »Wir gehen nicht weit«, meinte Engellin munter. Ihre grünen Augen blitzen übermütig.
Sie führte ihn einen schmalen Waldpfad entlang, der nach einer Weile in einer verschwiegenen, sonnenbeschienenen Waldwiese mündete. Er konnte sich erinnern einmal im Winter dort gewesen zu sein, als sie still und eingefroren war. Nun, in diesem warmen Sommer, hatte die kleine Lichtung einen ungewöhnlichen Liebreiz mit all den flatternden Schmetterlingen.
Engellin suchte ein schönes Plätzchen im hohen Gras, und er ließ sich seufzend nieder. Selbst der kurze Weg war bereits anstrengend gewesen. Sie hatte jedoch gut daran getan, ihn aus dem Haus zu locken. Es war angenehm in der Sonne. Rücklinks sank er in die Wiese. In dem strahlendblauen Himmel wanderten kleine weiße Wolken wie eine flauschige Schafherde. Engellin setzte sich an seine Seite, den Korb zwischen den Beinen. »Wenn Rudger wieder da ist, werde ich ihn bitten den Wallach hierzulassen, solange du verletzt bist.« Gäule. Bartel schnaubte.
»Du weißt, ich kann die Viecher nicht leiden«, erwiderte er trotzig, »und zum Reiten habe ich auch keine Lust.«
Engellin schürzte die Lippen. »Das ist mir egal, Bartel. Wir brauchen ein Pferd, während du dich auskurierst. Du musst ja nicht reiten - Maus übernimmt das.«
Er gab auf. Sie setzte sich ja sowieso durch. Sie erhob sich und begann die Gegend zu durchstreifen. Ab und zu hörte er einen kleinen Freudenschrei, wenn sie einen Pilz gefunden hatte. Die Hunde schnüffelten und verschwanden stöbernd im Unterholz.
Bartel verschränkte die Arme hinter dem Kopf und kaute an einem ausgerupften Grashalm. Obwohl er gerade dem verheerenden Scharmützel entkommen war, fühlte er sich innerlich angespannt. Die meisten Menschen waren froh dauerhaft Frieden zu haben. Und er? Er brauchte den Kampf – wurde sonst ruhelos und ungenießbar. Warum war das so?
Engellin stieß einen begeisterten Schrei aus – ganz in seiner Nähe. Bartel richtete sich auf. »Schau mal!« Sie deutete lachend auf eine Stelle am Rande der Lichtung. Eigentlich war er zu faul, um schon wieder aufzustehen, jedoch wollte er ihr nicht den Spaß verderben. Schwerfällig kam er auf die Beine und humpelte zu ihr. Ja, das war wirklich erstaunlich: Kleine weiße Pilze hatten einen fast vollkommen geschlossenen Kreis gebildet. Das war selten. Allerdings hatte dieser Ring etwas, das ihn misstrauisch werden ließ.
»Sind die nicht giftig?«, fragte er argwöhnisch.
Engellin lachte glücklich. »Natürlich, du Dummchen! Aber die wollen wir ja nicht essen!« Sie war fröhlich an diesem Tag und regelrecht aufgedreht. Was war nur los mit ihr? Wollte sie ihn um jeden Preis aufheitern? Er würde grübeln, hatte sie gesagt. Erstaunt sah er, wie sie die leichten Schuhe abstreifte und in den Pilzkreis hüpfte.
Nach einer Melodie, die er nicht hören konnte, begann Engellin zu tanzen. Leichtfüßig drehte sie sich um sich selbst und sprang in die Höhe. Er starrte mit offenem Mund. Sie sprang wieder und er sah, wie sie ein Stückchen vom Boden schwebte. Bartel blinzelte. Sie bewegte sich anmutig, ihre Arme zogen sanfte Kreise, ihre bloßen Füße befanden sich einige Handbreit über dem Gras. Sie schienen zu strahlen und lautlos zu lachen. Zeit und Raum blieben stehen. Die Zeit hielt einfach den Atem an – ganz still. Die Luft, kühl und unwirklich, bildete eine festgefrorene, kristallklare Blase um sie herum. Engellin machte eine
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