Der schwarze Kanal
gesunken. Dass die Verbraucher dennoch immer mehr zahlen, um es zu Hause gemütlich zu haben, liegt an den staatlich verfügten Subventionen für die Energiequellen, von denen nun so viele das Heil erwarten.
Es braucht keine besondere prophetische Gabe für die Voraussage, dass sich die Begeisterung für den schnellen Atomausstieg schnell abkühlen wird, wenn die Bürger schwarz auf weiß vor sich haben, was er sie kostet. Vier von fünf Deutschen waren zwischenzeitlich für ein baldiges Ende der Kernenergie, wenn man den Umfragen glauben darf. Aber das ist keine sehr verlässliche Basis für politische Entscheidungen, wie jeder weiß, der die Methodik solcher Meinungsumfragen kennt. Genauso gut könnte man die Menschen fragen, ob sie nicht auch eine größere Wohnung oder ein schnelleres Auto bevorzugen würden. Solange es so aussieht, als ob es etwas umsonst gibt, sagt niemand von sich aus nein.
Deutschland unterzieht sich einem spannenden Großversuch, wie ihn keine Industrienation bislang gewagt hat. Das allein ist noch kein Grund für Pessimismus – man sollte sich eben nur im Klaren sein, worauf man sich einlässt. Die Äußerungen einiger führender Politiker aus dem Regierungslager geben allerdings wenig Anlass zur Vermutung, dass alle die Sache dort wirklich durchdacht haben. Wenn der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister nun erklärt, Wind, Sonne und Wasser würden keine Rechnungen schicken, weiß man nicht, was man mehr bewundern soll: die Evangelikalrhetorik, mit der er jeden Kirchentag verzaubern würde, oder seine Unbekümmertheit angesichts einer Zukunftsfrage, von der mehr als die nächste Wahl in Hannover abhängt.
Wie schwierig die Lage schon jetzt ist, zeigt die Entscheidung der Bundesnetzagentur in Berlin im vergangenen Herbst, alle Wartungsarbeiten an den vorhandenen Hochspannungsleitungen auszusetzen, weil die Verantwortlichen den Blackout fürchteten. Man darf gespannt sein, welchen Verlauf die Diskussion über die Energiewende nehmen wird, wenn im Süden erstmals die Lichter ausgehen und an den Fließbändern bei Daimler und BMW mangels Strom die Arbeit ruht. Was wird die Bundesregierung dann wohl verfügen, um die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen? Den «schnellstmöglichen» Wiedereinstieg in die Atomenergie, um in der Diktion der Kanzlerin zu bleiben? Ein Moratorium zur Risikoabschätzung der erneuerbaren Energien? Oder die Sicherung der Energiezufuhr aus Frankreich und Tschechien, notfalls auch unter Androhung deutscher Truppen nach Fessenheim?
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Die große Datenfresserangst
Der Datenschutz ist einer der letzten Totempfähle der Linken. Wo immer sich jemand daranmacht, private Informationen zusammenzutragen, hebt die Klage über einen möglichen Missbrauch an. Es wird gewarnt und gemahnt, als stehe Orwells Überwachungsvision «1984» mit Zeitverzug kurz vor der Verwirklichung. Groß ist die Aufregung, wenn Google Straßen und Häuser fotografieren lässt, damit man sich in der Fremde besser orientieren kann, oder Apple die Positionen seiner iPhone-Kunden speichert, an denen sie sich ins Netz eingewählt haben. Von einer «Totalerfassung des öffentlichen Raums» ist dann die Rede respektive einem «Eingriff in die Privatsphäre», der Menschen «weltweit entsetzt», wie man im Verbandsorgan der deutschen Datenschutzgemeinde, der «Süddeutschen Zeitung», anschließend verlässlich nachlesen kann.
Ein Unternehmen, das Kundendaten sammelt, ist schlimm. Noch schlimmer ist ein Staat, der über seine Bürger nicht nur Steuernummer und Wohnort festhält. Es reicht schon, dass den Strafverfolgungsbehörden bei der Fahndung nach Gewalttätern der Zugriff auf die Telefonverbindungen der Verdächtigen zugestanden werden soll, und die Datenphobiker stehen kopf. In den Debatten des Frühlings ging das etwas unter, aber über die sogenannte Vorratsdatenspeicherung tobte in der Regierung ein Stellungskrieg, gegen den sich der Atomstreit wie ein beiläufiges Scharmützel ausnahm.
Die Union wollte eine Lösung, die es zum Beispiel im Terrorfall möglich macht, anhand der Rufnummern zu sehen, mit wem ein Verdächtiger in der Zeit davor so alles Kontakt hatte. Es sind, nur zur Erinnerung, exakt diese Angaben, die es den Sicherheitskräften in England erlaubten, der Attentäter auf die Londoner U-Bahn binnen weniger Tage habhaft zu werden. Die FDP , vertreten durch die Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, bot einen «Quick Freeze» an, also
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