Der schwarze Korridor
das alte Haus, in dem er mit seinen Eltern gelebt hatte. Dort war ein großer, verwilderter Garten gewesen, und sie hatten mehrere Katzen gehalten. Der Traum handelte von einem Luftgewehr, das ihm gehörte, und einer weißen Katze – einem Eindringling – die den Garten betreten hatte.
Irgend jemand – nicht er, so erinnerte er sich des Traumes, hatte auf die Katze geschossen. Er hätte nicht selbst auf die Katze geschossen, aber er hatte nichts dagegen, daß jemand anders auf sie schoß. Sie hatten die Katze bereits einmal angeschossen, und die Nachbarn hatten sie gesundgepflegt. Man sah noch das Pfla ster an ihrer linken Flanke. Die Person hatte das Gewehr abgeschos sen und die Katze ernsthaft verwundet. Aber das Tier schien das gar nicht zu bemerken. Sie lief vertrauensvoll die Mauer entlang, den Schwanz erhoben, und schnurrte. Sie hatte eine große blutige Wunde in der Flanke, aber es war, als merke sie sie nicht.
Die Katze kam ins Haus und in die Küche. Sie schnurrte noch immer und fraß aus der Schüssel einer der Hauskatzen.
Ryan hatte nicht gewußt, ob er sie töten sollte, um sie von ihren Leiden zu erlösen, oder ob er sie so laufen lassen sollte. Das Seltsame war, daß sie nicht zu leiden schien.
Ryan schüttelte seinen Kopf. Ein verwirrender Traum. Warum erinnerte er sich gerade jetzt daran?
Er hatte früher nicht einmal eine weiße Katze besessen.
Ryan runzelte die Stirn. Auf jeden Fall war das nicht die Zeit, um sich über seltsame Träume Gedanken zu machen. Er mußte über einiges wirklich ernsthaft nachdenken – realistisch nachdenken. Es machte ihn stolz, daß er eher ein Pragmatiker war als ein Menschenfresser. Seine unternehmerischen Qualitäten waren allgemein bekannt. Er hatte die besten Leute in der gesamten Spielzeugindustrie. Die Leute rissen sich geradezu darum, für ›Ryan-Spielzeuge‹ zu arbeiten. Die Bezahlung war besser, die Bedingungen waren besser. Ryan wurde von den anderen Unternehmern und von den Gewerkschaften respektiert. In seiner Fabrik hatte es nie Ärger gegeben.
Aber er mußte ans Geschäft denken und natürlich letztlich auch an das Land, denn Ryans Exporte waren hoch.
Oder, sie waren es gewesen, dachte Ryan, bevor die Welle von Nationalismus über die Welt hereingebrochen war und den Han del unterband.
Es würde schon gut gehen. Man mußte nur wissen, wie man mit diesen seltsamen politischen Krisen, die kamen und wieder gingen, fertig wurde. Er selbst war nicht sonderlich an der Politik interessiert. Er nannte sich ein Liberaler mit einem kleinen l .Er hatte ein vorzügliches Schema ausgearbeitet, nachdem alle am Gewinn beteiligt waren, es gab viele Sozialleistungen und ein Abkommen mit der Gewerkschaft, nach dem die Arbeiter die Fabrik nach seinem Tod erben würden und nur eine gewisse Summe an seine Erben abzuführen hätten. Er war generell für den Sozialismus, solange er sich unblutig einführen ließ. Er weigerte sich standhaft, zu Privatärzten zu gehen und war krankenversichert wie jeder andere auch. Er war nicht zu freundlich mit seinen Arbeitern, stand aber auf gutem Fuß mit ihnen, und sie mochten ihn.
Ryan holte tief Atem. Er wurde überängstlich. Das war das Problem. Wahrscheinlich dachte er immer noch an die Schulden von Davis. Das Beste war es, Davis gegenüber hart zu bleiben, auch wenn das bedeutete, ein paar Tausender zu verlieren. Das ganze Geld war den ständigen Ärger, den es mit sich brachte, nicht wert.
Er ließ sich erneut mit Powell verbinden. Powell lag wieder auf den Knien und spielte mit einer Puppe.
»Ah«, sagte Powell und richtete sich auf.
»Haben Sie die Anrufe bereits erledigt, Powell?«
»Ja, ich habe mit Arnes gesprochen und ich habe Davis angeru fen. Er sagte, er würde sein Bestes tun.«
»Gott sei Dank«, sagte Ryan und schaltete hastig ab.
Kapitel 8
Ryan arbeitet an einem kleinen Problem. Die Wasseraufbereitungsanlage im Vorderteil des Schiffes funktioniert nicht richtig, und das Wasser hat einen leichten Geschmack nach Urin. Ein Teil muß ausgewechselt werden, und er instruiert den kleinen Servoroboter, das defekte Element auszuwechseln.
Das war es, was ihn gerettet hatte, denkt er, sein Pragmatismus. Er hatte seinen Kopf behalten, während alle anderen Leute den ihren verloren hatten, hysterisch wurden, falsche Entscheidungen trafen – oder, noch schlimmer, gar keine Entscheidungen trafen.
Er lächelt. Er war immer ein Mann schneller Entschlüsse gewe sen. Sogar dann, wenn diese
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