Der schwarze Krieger
Honoria den Kopf ein wenig und raunte den anderen Sklavinnen zu, sie könnten nun gehen, woraufhin sich alle zurückzogen. Da Frauen jedoch der Lüsternheit ebenso verfallen sind wie unstillbarer Neugier, zogen sie sich nicht völlig zurück, sondern verbargen sich im angrenzenden Vorraum. Sie taten so, als würden sie die Tür schließen, öffneten sie aber gleich darauf wieder einen Spaltbreit, um heimlich zwischen den zugezogenen Vorhängen hindurchzublicken und der ägyptischen Sklavin zuzusehen, die sich um ihre Herrin kümmerte.
Wie es schien, war Sosostris auch in dieser Hinsicht nicht ganz ahnungslos. Nach einer kurzen Weile schaute sie in die Richtung, in der sich die anderen Sklavinnen verbargen, und blickte sie herausfordernd an, obwohl sie sie doch in dem Schatten kaum erkennen konnte. Und sie zog ihre Brauen in die Höhe und lächelte ihnen zu, als wüsste sie ganz genau, dass sie dort waren und sie beobachteten. Sie schien es sogar zu genießen, dass sie dabei beobachtet wurde, wie sie ihre Herrin befriedigte.
Und sie … Doch nein,
horresco referens
, ich erschaudere, indem ich es erzähle … Genug, aus Gründen der Sittlichkeit. Es wäre ein großer Fehler, weitere Details einer derartigen Verschlagenheit zu schildern.
Nun ist meine Lampe beinahe niedergebrannt, und unterhalb meines Fensters liegen die Hügel des Reiches in nächtlicher Stille, durchbrochen nur vom einsamen Ruf der Schleiereule. Ich muss abbrechen. In meinem Alter ist es nicht gut, noch so lange zu arbeiten, ich könnte mich übernehmen. Das stille
scriptorium
wird allmählich ziemlich kühl, unddennoch spüre ich ein seltsames, allzu heftiges Herzklopfen, wie nach großer Anstrengung, sowie eine Art Hitzewallung. Es genüge also der Hinweis, dass Prinzessin Honoria, wie ich geschildert habe, den fleischlichen Gelüsten über die Maßen zugetan war und sie ihre Gelüste an Männern wie Frauen gleichermaßen sklavisch auslebte, mit all der Gleichgültigkeit, wie sie einer frühzeitig der Promiskuität Verfallenen zu eigen ist. Doch es wäre unrecht, sich noch länger bei den beklagenswerten privaten Praktiken der Prinzessin aufzuhalten.
Nun zu Bett – Gott möge mich vor lüsternen und unkeuschen Gedanken bewahren.
13.
Der Untergang Roms
Es ist der nächste Morgen. Zurück zu Honoria.
Nachdem ihre sexuelle Begierde erwacht war, war es nur eine Frage der Zeit, bevor sich diese unverbesserliche Nymphomanin neben den abscheulichen Zuwendungen von Sosostris noch gefährlicheren Nachstellungen durch einen anderen Mann hingab. Sein Name war Eugenius, er war ihr Haushofmeister. Die Prinzessin ignorierte das ganze lästige Hofzeremoniell, gab dem Impuls ihrer Natur nach und warf sich in seine Arme, sicherlich mehr aus dem Wunsch heraus nach Erfahrung und der Lust auf Abenteuer denn aus echter Liebe. Ihre Schuld und Schande verriet nur zu bald eine Schwangerschaft, die bei ihrer schlanken Gestalt ganz besonders ins Auge stach.
Ihre Mutter, in allem so zurückhaltend und korrekt, war über die Maßen verärgert und beschämt. Sie ließ das Mädchen ohne zu zögern in eine der dunkelsten, schummrigsten Kammern des Palastes bringen und die Tür verriegeln. Zudem verbot sie, dass man ihr etwas zu essen brachte, ganz so wie bei einem abscheulichen Verbrecher, der am nächsten Tag hingerichtet werden sollte.
Unterdessen ersann Honorias Bruder, rachsüchtig, misstrauisch und nach wie vor kinderlos, eine noch schlimmere Bestrafung.
Eines Abends tippelte in der Dämmerung ein altes Weib in den Palast und wurde zu der dunklen Kammer geführt. Dort vollführte sie unter entsetzlichem Geschrei ihre schreckliche Hexenkunst mit abtreibenden Kräutern: Rainfarn undBeifuß, der auch Teufelsdreck genannte Stinkasant. Hinzu kamen Infusionen aus gekochter Frauenminze. Sobald diese uralten, heidnischen Abortiva zu wirken begannen und die Eingeweide des armen Mädchens sich zusammenkrampften, als würden sie von einer riesigen Faust drangsaliert, hielt das alte Weib das Mädchen fest und spreizte seine Beine auseinander, während sie mit Vergrößerungsgläsern lugte und mit langen, hakenförmigen Nadeln stocherte und pulte. Endlich zog sie die geschwollenen purpurroten Überbleibsel eines drei Monate alten Fötus heraus, den sie in schmutziges Leinen wickelte und in einem Eimer neben ihr ablegte. Während sie das ganze Blut und Gewebe abtupfte, sagte sie, wohl um das Mädchen zu trösten, dass das kleine Wesen nicht überlebt hätte, da sein
Weitere Kostenlose Bücher