Der schwarze Magier
verlange Asyl«, kreischte er. »Ich bin ein Mann der Kirche!« Mehrere Ritter versuchten, den Tobenden von der Kirchentür wegzuziehen. Philipp klammerte sich fest, während er wie am Spieß schrie. Mit einem kräftigen Hieb auf den Kopf setzte einer der Ritter den Tobenden außer Gefecht. In Rouen warf ihn Richard in den Kerker.
Das rief die Familie des Bischofs auf den Plan, die beim Papst und bei Richard die Freilassung des Gefangenen forderte. Richard eilte mit festem Schritt in die Empfangshalle, auf seinen ausdrücklichen Wunsch von Rupert begleitet. Die Kleriker und Familienangehörigen verneigten sich vor Richard. Der machte sich gar nicht erst die Mühe, seinen Platz auf dem Stuhl einzunehmen. Er blieb mitten im Raum stehen. »Seid Richter zwischen mir und Eurem Herrn«, tönte er. »Ich will gern alles vergessen, was er mir getan und gegen mich angezettelt hat, mit einer Ausnahme: Als ich aus dem Orient zurückkehrte und vom Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gefangen gehalten wurde, zollte man meiner königlichen Person eine gewisse Achtung und ich wurde mit der mir gebührenden Ehre bedient. Da erschien eines Abends Euer Herr. Was er dann in der Nacht mit dem Kaiser ausheckte, dessen bin ich am nächsten Morgen gewahr geworden. Der Kaiser nämlich erschwerte meine Lage und bald war ich so mit Ketten beladen, wie kaum ein Pferd oder ein Esel sie hätte tragen können. Und nun entscheidet darüber, welche Art von Gefangenschaft Euer Herr von mir erwarten kann, er, der solch eine Rolle bei dem spielte, der mich gefangen hielt.«
»Das ist doch nur Eure persönliche Rache«, warf einer der Kleriker ein und blickte dem König hasserfüllt ins Gesicht.
Richard lächelte liebenswürdig. »Mitnichten, Bruder Schwarzkittel. Der Bischof wurde nicht während des Predigens, sondern im Kampf ergriffen. Er tauschte Hirtenstab gegen Lanze, die Mitra gegen den Helm, das Messhemd gegen den Harnisch, die Stola gegen den Schild, das Schwert des Geistes gegen das Schwert aus Eisen. Er vergaß, dass wir uns nicht mehr auf dem Kreuzzug befinden. Es war sein eigener Kreuzzug – gegen mich!«
Damit ließ Richard die Versammelten stehen. Er packte Ruperts Arm. »Nun weißt du auch, warum mir an den Deutschen nichts liegt und warum ich die mir angetragene Kaiserkrone abgelehnt habe. Meine Erinnerung an Deutschland besteht aus Kerkerwänden!« Er atmete tief – durch, um seiner Erregung Herr zu werden. »Zum Glück ist der deutsche Kaiser gestorben, es gibt also noch so etwas wie eine himmlische Gerechtigkeit. Außerdem, mit meinem Neffen Otto hätte ich einen geeigneten Nachfolger auf den kaiserlichen Thron in Aachen.«
Sie begaben sich in Richards Privatgemach. Auf dem Tisch lagen Karten, die der König eingehend betrachte. Er tippte mit dem Finger auf eine der Karten. »Siehst du, wenn Otto den deutschen Kaiserthron besteigt, ist das Königreich meines Erzfeindes Philipp im Westen wie im Osten von den Plantagenets umgeben. Eine sehr beruhigende Vorstellung.«
»Für Euch, Sire«, spottete Rupert. Auch er bohrte mit seinem Zeigefinger auf die Karte. »Ihr solltet die Schlinge zuziehen.«
»Du meinst Flandern? Graf Balduin hat schon mehrmals Unzufriedenheit über seine französischen Verbündeten geäußert. Meinst du, wir sollten es versuchen?«
Rupert nickte. »Aber diplomatisch.«
»Ach, de Cazeville, manchmal meine ich, einen Kirchenmann vor mir zu haben, so fürchtest du den Kampf.«
»Ich fürchte ihn nicht, Sire, ich vermeide ihn, wo es möglich ist. Das unterscheidet mich von Euch.«
»Ja, ja, das unterscheidet den Hitzkopf vom kühlen Strategen. Ich weiß, wie du über mich denkst.«
»Wirklich?« Rupert warf dem König einen schrägen Blick zu.
Der König ließ William Marshai zu sich rufen. »Damit Ihr Euch nicht wieder in jugendlichem Übermut auf gefährliches Glatteis begebt, lieber Marshai, werde ich Euch mit einer Aufgabe betrauen, die Eurem diplomatischen Geschick angemessen ist. Nehmt ein paar meiner besten Ritter, Peter von Preaux, Alain Baset und Euren Neffen John und geht nach Flandern. Bringt Graf Balduin dazu, seine Lehenspflicht gegenüber dem französischen König aufzugeben. Ich will ein Bündnis mit ihm schließen.«
Selbstzufrieden strich sich Richard über den Brustkorb. »Du hast keinen Grund zum Tadel«, meinte er launig zu Rupert. »Und ich habe auch gar kein Verlangen nach deinen schwarzen Träumen, mein Freund. Ich mache dir einen anderen Vorschlag. Weil wir einmal in Rouen
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