Der schwarze Magier
Bad?«
»Mylord hat angeordnet, dass Ihr ein Bad nehmen sollt, wenn Ihr erwacht.«
»Ein Bad!« Gwendolyn stöhnte leise. Warum war dieser Mann so verrückt nach Wasser? Und warum wollte er, dass sie genauso verrückt danach war?
»Wo ist mein… Lord de Cazeville?«
»Er begleitet den König.«
Jetzt war Gwendolyn vollständig munter. »Wohin?«
»In die Normandie, Mylady. Die Feindseligkeiten mit dem französischen König sind wieder ausgebrochen. Vorgestern kam ein Bote und gestern sind sie losgeritten…«
Gwendolyn sprang ungeachtet ihrer Nacktheit aus dem Bett. »Gestern? Meine Güte, welchen Tag haben wir heute?«
»Donnerstag, Mylady. Mylord haben angeordnet, dass niemand Euch wecken darf, bis Ihr von selbst erwacht. Wir… hm… haben uns etwas Sorgen gemacht. Schließlich ist es ungewöhnlich, dass man nach der Hochzeitsnacht drei Tage schläft.«
»Drei Tage!« Sie ließ sich auf die Bettkante sinken. »Großer Gott!«
Die Magd hielt ihr einen Umhang hin, den Gwendolyn gedankenversunken umlegte. Wieso ritt Rupert mit dem König in eine Schlacht? Wollte er sie verlassen? Durfte sie deshalb niemand wecken, damit er sich heimlich und leise davonstehlen konnte?
Sie spürte den seltsamen Kloß in ihrem Hals. Was war nur mit ihr los? Sie wollte ihn doch gar nicht! Sie presste die Hände auf ihr Gesicht und sehnte sich nach Dunkelheit. Und nach ihm!
Löwenherz
Die Burg von Milly lag vor ihnen und erzitterte unter dem Ansturm von Richards Truppen. Sonnenstrahlen fielen auf die Rüstungen der Ritter und ließen sie silbrig blinken. Ein ohrenbetäubender Lärm stieg zum Himmel. Stahl prallte auf Stahl, dass die Funken stoben, Männer schrien, Pferde wieherten. Richard stand in vorderster Front und organisierte den massiven Angriff. Unter dem geschlossenen Visier keuchte sein Atem. Neben ihm kämpfte William Marshai, einer seiner getreuesten Gefolgsmänner. Die Leitern lagen an den Mauern der Festung, wieder und wieder hagelte ein Pfeilregen von den Burgmauern herab. »Schilde hoch!«, brüllte Richard wie ein Löwe. Auf Richards Anweisung sollte Rupert sich zurückhalten und verwundete Kämpfer behandeln.
Mit Belustigung erinnerte Rupert sich daran, dass Onfroy von Toron ihm seine Mutter Stephanie von Milly als Frau angeboten hatte. Vielleicht wäre er jetzt der Herr von Milly gewesen! Nur sehr unwillig war er Richard auf diesen Feldzug gefolgt. Er hatte trotzdem das kleinere Übel gewählt. Denn im warmen Bett ließ er seine ihm angetraute Gemahlin, Lady Gwendolyn, zurück. Er hoffte, dass sie nach der Hochzeitsnacht ein für alle Mal von ihm genug hatte.
Richard sah mit Entsetzen, dass William Marshai spontan auf eine Leiter stieg und die Burgmauer erklomm. Einer seiner Kampfgefährten war auf der Mauer von den Verteidigern der Burg in die Klemme genommen worden. Der bereits über Fünfzigjährige ließ alle Acht beiseite, um den jungen Ritter aus seiner misslichen Lage zu befreien.
»Marshai«, schrie Richard, »ein Mann Eures Ranges und Standes sollte sich nicht in solche Unternehmungen stürzen! Lasst die jungen Ritter ihr Ansehen verdienen!«
Wütend warf er seinen Helm auf die Erde, als er zum Lager zurückritt. »So eine Unbesonnenheit in diesem Alter! Ich brauche Marshai noch.«
Rupert reichte ihm heißen Wein und grinste. »Solcher Leichtsinn dürfte Euch wohl bekannt sein, Sire.«
»Das ist etwas anderes, wenn ich das mache«, erwiderte Richard. Er sprang auf, als seine Ritter einen sich mit Händen und Füßen wehrenden Mann ins Zelt zerrten. Er trug Kettenhemd und Waffenrock, das Schwert hatte man ihm abgenommen. Richard starrte ihm ins Gesicht. »Philipp de Dreux«, staunte er.
»Lasst mich los!«, tobte der Gefangene. »Ich bin ein Mann der Kirche!«
»Ein Bischof, der in ganz Europa Lügen über mich verbreitet und schnell mal zur Waffe greift, wenn ihm danach gelüstet. Ihr seid wie ein Festbraten auf meiner Tafel. Wir nehmen ihn mit nach Rouen!«
Zufrieden mit seiner erfolgreichen Eroberung in der Normandie, zog Richard mit seinen Soldaten nach Rouen. Zu seiner Zufriedenheit trug auch der Fang seines Widersachers bei. Der Bischof von Beauvais wollte sich nicht beruhigen und tobte wie ein Wahnsinniger. Bislang wollte Richard ihn nicht in Fesseln legen lassen, es wäre eine unangemessene Demütigung für den Bischof. Doch als sie an einer Kirche vorbeizogen, sprang Philipp de Dreux wie ein Affe an die Kirchentür und krallte sich an der Klinke fest. »Ich
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