Der schwarze Magier
spürte, wie ihre Muskeln sich lockerten, wie sie sich der Wärme, den aromatischen Dämpfen und seinen streichelnden Händen hingab.
»Du bist so schön«, flüsterte er heiser und er meinte es ehrlich.
Ihr tägliches Leben bestand aus harter Arbeit. Die schmalen Felder, die sie dem Wald abgetrotzt hatte, waren steinig und wenig ertragreich. Trotzdem hackte sie unermüdlich die Erde auf, verzog das Unkraut und hütete die zarten Pflanzen. Sorgfältig erntete sie das Gemüse und bereitete es in ihrem kleinen Häuschen zu köstlichen Speisen zu. Es waren einfache Gerichte, aber niemals verspürte Rupert Hunger. Er spürte, dass sein Körper sich erholte. Fisch und Wild waren ebenso Bestandteile ihrer Speisen wie Pilze und Beeren. Tagtäglich gingen sie in den Wald, sammelten Holz und Beeren, Pilze und Wurzeln, angelten am Fluss oder legten Schlingen aus, um kleines Wild zu fangen.
Sie trennten sich. Rigana blieb auf der Lichtung. Hier wuchsen seltene Orchideen, deren Wurzeln eine besondere Heilkraft nachgesagt wurde. Aufmerksam, in gebückter Haltung suchte sie die Wiese ab. Ihr Vorrat vom vergangenen Jahr war aufgebraucht, das Frühjahr mit seinen sonnigen Tagen ließ überall neues Leben erwachen.
Rupert suchte sich einen erhöhten Platz am Ufer des Baches und warf die Angelsehnen aus. Im klaren Wasser konnte er die Forellen sehen, wie sie zwischen den Steinen standen und sich gegen die Strömung stellten. Er mochte die Einsamkeit am Bach, die kühle Klarheit des Wassers, die Eleganz der Fische.
Er lehnte sich an einen Baumstamm, wo er die Angeln beobachten konnte. Doch bald darauf glitt sein Blick hinüber ins Geäst der Bäume am anderen Ufer. Seltsam, jeder Baum hatte einen anderen Wuchs, die Stämme waren verschieden geformt, mal mit Rissen, Moospolstern, knorrigen Verwachsungen. Fast wie ein Mensch, ging es Rupert durch den Kopf. Bäume waren Individuen wie Menschen. Jeder sah anders aus, hatte ein eigenes Leben und eine eigene Seele. Ja, Bäume waren beseelt, das spürte er, ohne dass er sagen konnte, wieso. Er spürte ihre Kraft, ihre stumme Weisheit und ihr Alter. Und er wünschte sich, ebenso unerschütterlich, weise und zeitlos wie ein Baum zu sein.
Plötzlich sah er – nein, er fühlte – eine, zwei dunkle Gestalten. Und er glaubte einen Schrei zu hören. Er hörte ihn nicht wirklich, er spürte ihn. Rigana!
Entschlossen sprang er auf, packte das Messer, mit dem er die Fische ausnehmen wollte, und rannte mit langen Schritten durch den Wald. Sein Herz klopfte zum Zerspringen, Angst schnürte seine Kehle zu. Er spürte, dass Rigana in großer Gefahr war.
Inmitten des weichen Grases auf der Lichtung bemerkte er die verschlungenen Körper, einen dunklen, in Lumpen gehüllten obenauf, die sich verzweifelt wehrende Rigana darunter. Mit einem zornigen Schrei sprang Rupert auf das Knäuel menschlicher Leiber und stieß sein Messer tief in den Rücken des zerlumpten Mannes. Gurgelnd bäumte er sich auf und kippte zur Seite.
Hastig zerrte Rupert den Körper beiseite. »Rigana!«, hauchte er. »Hat er dir etwas getan?«
»Noch nicht«, keuchte sie und rieb sich ihren Hals, an dem deutliche Würgemale zu sehen waren. Sie blickte auf den Mann, der im Todeskampf zuckte.
»Wer ist das?«, fragte Rupert.
Rigana hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ich sehe ihn zum ersten Mal. Aber ich mag nicht, wenn fremde Menschen in meinem Wald sind.«
Ein leichtes Lächeln flog über sein Gesicht. »Ich bin auch ein Fremder in deinem Wald«, sagte er.
»Nein«, widersprach sie ernst. »Du nicht.« Sie deutete auf den Mann. »Du hast sein Herz nicht richtig getroffen. Jetzt blutet es in die Lunge hinein.«
Interessiert hockte sich Rupert neben ihn. Mit der blutigen Messerspitze schob er die schmutzigen Lumpen beiseite und entblößte seine linke Brustseite.
»Wo liegt das Herz?«, fragte er.
Rigana legte den Zeigefinger auf eine Stelle. Rupert setzte die Spitze des Messer an die Stelle, die Rigana ihm gezeigt hatte.
»Hier?«
Sie nickte. Mit einem gezielten Stoß rammte er das Messer bis zum Heft in den Brustkorb. Der Kopf des Mannes fiel lautlos zur Seite, sein Blick brach.
Rigana hob die Augenbrauen. »Du tötest ohne Gewissensbisse?«, fragte sie erstaunt.
»Es war für ihn eine Erlösung. Außerdem wollte er dich töten.«
Sie erhob sich. »Du hast eine seltsame Art, über das Töten zu denken. Seltsam für einen Christen.«
»Ja, vielleicht. Der Tod schreckt mich nicht. Er interessiert mich.«
Sie
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