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Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier
Autoren: Susan Hastings
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schaute ihn nachdenklich an. »Woher wusstest du überhaupt, dass… er mich überfallen hat.«
    »Ich habe es gesehen«, sagte er nur.
    »Gesehen? Warst du nicht am Bach?«
    »Doch. Ich habe es nicht wirklich gesehen… ich habe es gespürt.«
    Sie packte seine Schultern und zog ihn zu sich heran. Dabei blickte sie ihm tief und ernst in die Augen.
    »Du meinst, du hast das in dir drinnen gesehen? Wie eine Vision?«
    Er nickte und hob die Schultern. Er wusste nicht, wie er es ihr hätte erklären sollen.
    »Hattest du das… schon öfter?«
    »Ja.«
    »Mein Gott, du hast es auch!«
    »Was?«
    »Das Gesicht! Du bist hellsichtig. Weiß jemand davon?«
    »Ich habe einmal mit meiner Mutter darüber gesprochen. Sie war sehr erschrocken und hat mir geraten, darüber mit niemandem zu sprechen.« Er wandte den Blick ab, als wäre es ihm peinlich.
    »Ja, da hat sie Recht. Es ist gefährlich.«
    Er wollte sich aus ihren Armen winden, doch sie hielt ihn fest. »In deiner Welt da draußen ist es gefährlich. Es ist eine Gabe, die dir geschenkt wurde. Es liegt an dir, was du daraus machst. Du kannst sie zum Guten wie zum Schlechten anwenden, aber du wirst sie verbergen müssen.«
    »Ich will sie nicht haben«, sagte er unwillig.
    Sie schüttelte bekümmert den Kopf. »Du kannst dich nicht dagegen wehren. Es wird immer wiederkommen. Du solltest lieber lernen, damit umzugehen.«
    Er schaute sie erstaunt an. »Was weißt du darüber?«
    »Alles. Ich habe sie auch.«
     
     
    Sie warfen die Leiche des Mannes ins Moor, wo sie leise glucksend versank. Rupert blickte ihr versonnen nach. Das war es also, diese Visionen, diese seltsamen Träume und Bilder, diese Vorahnung, das Wissen um Dinge, die in der Zukunft geschahen. Er hatte das zweite Gesicht! Warum gerade er? Und was ließ sich damit anfangen? Man würde ihn als Zauberer brandmarken, vielleicht als Hexer auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Er schauderte. Nein, er wollte diese Gabe nicht! Er wollte ein ganz normaler Mensch sein, vielleicht wirklich ein Ritter, der irgendwo auf dem Schlachtfeld durch das Schwert des Feindes fiel, überladen mit Ruhm und Ehre.
    Er blickte zu Rigana, die neben ihm stand. »Wir müssen zum Bach, die Forellen holen«, sagte er mit ruhiger Stimme. Sie senkte den Kopf und folgte ihm.
    An allen Haken hingen große Forellen und Rupert zog sie vorsichtig ein. Er lachte zufrieden, als die glitzernden Fischleiber im Gras lagen. Er stach mit dem Messer hinter die Kiemen der Fische, dann schlitzte er ihre Bäuche auf und entnahm die Eingeweide. Rigana hatte sich neben ihn gehockt und beobachtete ihn. Seine Hände waren lang und schmal, seine Finger von sehenswerter Eleganz, wie er in die Bauchhöhle hineingriff und das Gekröse herausholte. Sie war fasziniert von diesen Händen und Rupert zögerte, als er ihren Blick bemerkte. Er schaute sie fragend an.
    Sie schüttelte nur den Kopf und bedeutete ihm, weiterzumachen. Seltsam, sie benötigten keine Worte, um sich zu verständigen.
    Er nahm die Fische aus, fädelte sie auf einen dünnen Ast auf und erhob sich. Sorgfältig spülte er seine Hände und das blutige Messer im Wasser ab.
    Auf dem Heimweg schlenderten sie schweigend nebeneinander.
    »Ich möchte einmal einen Menschen aufschneiden«, sagte er unvermittelt.
    Riganas Kopf fuhr herum. »So?«
    »Ich möchte wissen, wie ein Mensch von innen aussieht.«
    Sie antwortete nicht. Es gab eine Zeit, da hätte er es tun können, als Priester der alten Götter.
    »Ich sollte dir etwas von unserem Glauben erzählen«, sagte sie.
    »Du glaubst nicht an Gott, nicht wahr?«
    »Doch, aber nicht in der Weise, wie es die Christen tun. Es ist alles viel… komplizierter, verwobener. Gott thront nicht im Himmel und verteilt Gnade und Ungnade nach Gutdünken. Das Göttliche ist überall, in uns, um uns, in allen Dingen, die uns umgeben.«
    Er nickte wie zur Bestätigung. »Als ich vorhin am Bach saß, da glaubte ich zu spüren, dass auch die Bäume eine Seele haben.«
    »Glaubtest du es zu spüren oder hast du es tatsächlich gespürt?«
    »Ich bin nicht ganz sicher.« Er packte plötzlich Riganas Hand. »Hilf mir!« Jetzt sah er wieder wie der kleine, ängstliche Junge aus, den sie am Bach gefunden hatte. Sie erwiderte seinen Händedruck.
    »Ja, ich werde dich lehren, alles was du wissen musst, um diese Kräfte zu beherrschen. Du gehörst hierher!«
    An diesem Abend ging sie mit ihm wieder in den Wald. Sie liefen weit und es war bereits tiefe Nacht, als sie eine kleine,
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