Der schwarze Magier
verwünscht Ihr noch den Tag, als Ihr mich aufsuchtet. Und Ihr verwünscht mich, weil ich Euch etwas prophezeie, was Euch nicht gefallen wird.«
»Ihr macht mir keine Angst. Was habt Ihr mir zu prophezeien?«
»Der Freund in Eurem Rücken wird Euer Feind sein.«
Richard lachte auf und wies mit dem Arm nach vorn. »Der Feind ist da, vor uns im Heiligen Land. Und ich fürchte ihn nicht.«
Rupert schüttelte den Kopf. »Eure Feinde sind nicht die vor Euch, sondern die hinter Euch.«
»Wenn Ihr damit den französischen König Philipp meint, dann schreckt auch der mich nicht. Er befindet sich auf demselben Kreuzzug, und das mit Bedacht. Solange er mit mir gegen Jerusalem marschiert, kann er mich nicht meiner Macht und meiner Ländereien berauben. Allerdings, ganz vertraue ich ihm wirklich nicht. Doch er ist nicht mein Feind. Nein, de Cazeville, Ihr irrt Euch.«
Es war Ende August, als sie Neapel erreichten. Der Golf lag in der spätsommerlichen Sonne vor ihnen, überragt vom Vesuv. »Die Römer glaubten, dass in diesem Berg ein mächtiger Gott wohnt«, sagte Richard und blickte fasziniert zu dem gewaltigen Vulkan hinüber. »Ich würde etwas geben, diesem Gott ins Angesicht zu blicken.«
Rupert, der sein Pferd absattelte, fuhr herum. »Es wird ein Blick in die Hölle sein.«
»Dann schaue ich eben dem Teufel ins Antlitz«, rief Richard übermütig aus. »Das ist doch gleich. Kommen wir nicht alle vom Teufel und werden wieder zum Teufel gehen?«
Einige seiner Begleiter bekreuzigten sich. Rupert grinste spöttisch. Diese Worte aus dem Mund eines Christen waren für ihn süß wie Honig. Nicht Gott führte Richard ins Heilige Land, sondern eine unbändige Abenteuerlust. Sollte sich Richard mit dem Teufel anlegen, er würde gleich dem Teufel eine feurige Spur auf seinem Weg hinterlassen.
Sie blieben zehn Tage in Neapel. Der König besuchte die Abtei Saint-Javier, ohne Rupert zu einer Begleitung bewegen zu können. Rupert zog es nach Salerno, wo es eine medizinische Schule gab. Er traf mit dem berühmten Arzt und Magister Roger von Salerno zusammen.
»Euer Interesse ehrt mich, doctor«, sagte Roger und betrachtete interessiert den schlanken, schwarz gekleideten Mann, der sich als Absolvent der Universität Bologna vorstellte. »Und wenn Ihr nach der arabischen Medizin fragt, so muss ich Euch jedoch sagen, dass mir die byzantinische Chirurgieschule näher liegt. Sicher haben die Araber ihre Erfahrungen, doch meine eigenen Erfahrungen sehen teilweise etwas anders aus. Ich habe sie in meinem Werk Practica Chirurgica zusammengefasst. Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr Euch die Lektüre vornehmen würdet.« Er klopfte Rupert seine Hand auf die Schulter. »Aber kennt Ihr auch die Regeln der Hygiene und Speiseordnung? Nichts ist wichtiger als die Ausgewogenheit der Speisen, die man zu sich nimmt.«
Rupert erinnerte sich an die kleine hebräische Lektüre in der Bibliothek in Bologna und nickte. Roger lächelte geschmeichelt.
»Welcherlei, was und wann,
wie viel und wie häufig man
wo man sie gebe, die Speisen
der Arzt muss es lehren und weisen.«
Er erhob warnend den Finger: »Aufgewärmte Speise, Ärzte, die nicht weise, und die bösen Weiber sind Gesundheitsräuber.«
Rupert war enttäuscht, dass er hier sein Wissen nicht vervollkommnen konnte. Schweigend kehrte er zu Richard zurück.
Richard drängte ihn, mit ihm den Vesuv zu besteigen. Zum Entsetzen von Richards Begleitern erklommen sie den mächtigen und geheimnisvollen Berg. Dunkle Lava und weiche Asche bedeckten die Hänge, der Aufstieg war mühsam und gefährlich. Schwefelstinkende Brandherde überzogen die Flanken des Vulkans wie Geschwüre, die sie begleitenden Ritter zitterten und bekreuzigten sich fortlaufend.
»Fürchtet Ihr Euch vor einem heißen Berg?«, rief Richard seinen Mannen zu. »Wie wollt Ihr dann den Sarazenen entgegentreten?«
»Es ist der Vorhof zur Hölle«, ächzte Mandeville.
»Zum Teufel damit! Schaut, de Cazeville ist bereits am Kraterrand.«
Er stockte und blickte hinauf, wo Rupert sich umdrehte. Hinter ihm stieg heißer Dampf aus der Erde und hüllte ihn in einen höllischen Nebel. Sein schwarzer Umhang wehte und er breitete die Arme aus. Die Ritter fielen auf die Knie. »Der Teufel!«, stöhnten sie auf.
Für einen Augenblick beschlich Richard ein Unbehagen. »Unsinn!«, erwiderte er. »De Cazeville ist nur nicht solch ein Hasenfuß wie meine Ritter! Wartet, de Cazeville, ich folge Euch!«
Eilig erklomm er den
Weitere Kostenlose Bücher