Der schwarze Magier
Berengarias Schönheit schien er keinen Blick zu haben.
»Für Euch vielleicht, lieber de Cazeville«, meinte Richard lächelnd. »Aber ich bin ein König, ich brauche Erben. Es macht mehr Spaß mit einer Frau, die man liebt.«
Rupert warf einen Blick in Richards Gesicht, dann auf die Königstochter. »Liebt Ihr sie wirklich?«, fragte er zweifelnd.
»Ich habe sie schon geliebt, als ich nur Graf von Poitiers war. Damals habe ich ihr glühende Liebesbriefe geschrieben.«
»In der höfischen Dichtung ist das Lob der Dame Pflicht«, entgegnete Rupert mit leisem Spott. »Dagegen scheint mir Eure Frau Mutter sehr bemerkenswert. Sie wirkt bescheiden, ist aber sehr mächtig, sie wirkt schamhaft, ist aber schön, sie scheint demütig, ist aber redegewandt, vor allem aber hat sie einen klugen und wachen Geist.«
Richards Augen wurden vor Erstaunen rund. »Wie habt Ihr das mit einem Blick erkannt, mein Freund?«
Ruperts Mundwinkel verzogen sich ein wenig verächtlich. »Es war taktisch klug, Berengaria unmittelbar nach Philipps Abreise herzubringen. Eure Heirat mit Philipps Schwester wird damit überflüssig. Sie hat Euren Widersacher elegant ausgeschaltet. Sie kennt Euch gut, Sire, Euch und die Exzesse, denen Ihr Euch bisweilen hingebt. Mit ihrer Geheimwaffe, dieser Prinzessin, hat Eure Mutter eine sehr diplomatische Lösung gefunden. Na, dann viel Spaß in der Hochzeitsnacht!«
Richard schwieg und er schien seltsam beeindruckt.
Einhundertfünfzig große Schiffe und dreiundfünfzig Galeeren durchpflügten das dunkle Wasser des Mittelmeeres im April des Jahres 1191 und nahmen Kurs auf das Heilige Land. Endlich war der lange Winter vorbei, der Kreuzzug konnte fortgeführt werden.
Rupert vermutete, dass Richards Ungeduld damit zusammenhing, dass Philipp einen großen Vorsprung hatte und wahrscheinlich bereits vor Akkon lag. Er wollte seinem Widersacher den Triumph bei der Eroberung nicht gönnen. So verlief der Aufbruch von Messina überstürzt und hektisch. Wenn Rupert geglaubt hatte, dass Richard Berengaria heiraten würde, so hatte er sich gründlich geirrt. Auch Eleonore wartete nicht die Hochzeit ihres Sohnes ab, sondern verließ wenige Tage später Sizilien, um an den Feierlichkeiten zur Kaiserkrönung von Heinrich VI. teilzunehmen. Rupert konnte nur staunen über die Energie dieser über siebzigjährigen Frau.
Die Wogen schaukelten das Schiff sanft, die Pferde blieben zum Glück ruhig. Immer wieder ließ Richard den Horizont beobachten.
Rupert gesellte sich zu ihm an die Reling. »Ist es nicht ein seltsames Zusammenspiel, dass zwei Könige, die sich feindlich gesinnt sind, für ein gemeinsames Ziel kämpfen?«, fragte Rupert.
»Wenn Ihr damit Philipp August meint, habt Ihr Recht. Wir alle folgen dem Ruf, das Heilige Land zu befreien. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass Philipp ein hinterhältiger Hund ist. Wenn es gegen die Sarazenen geht, stehen wir auf derselben Seite. Doch wenn wir die Ungläubigen besiegt haben, würde ich mit Freuden Philipp den Schädel spalten. Schließlich stehen genug Getreue an meiner Seite.«
»Das ist verwunderlich, wo Ihr doch keine Gelegenheit auslasst, Euch Feinde zu schaffen.«
»Nein, eigentlich nicht«, widersprach Richard. »Ich habe alle davongejagt, die von meinem Vater zu mir übergelaufen sind. Behalten habe ich die, die ihm treu geblieben sind. Wer einmal zum Verräter wurde, wird es immer wieder.«
Rupert deutete hinüber zu einem Schiff, auf dem er Richards Schwester Jeanne und in deren Obhut Prinzessin Berengaria wusste. »Und was wird mit ihr?«, fragte er leise.
Richard hielt das Gesicht in den Wind und schloss die Augen. »Mich sollen die Seeungeheuer verschlingen, wenn ich sie nicht liebe«, sagte er.
»Ihr solltet die Seeungeheuer nicht herausfordern«, rügte ihn Rupert.
Der Sturm brach unvermittelt und mit großer Heftigkeit aus. Er türmte das schwarze Wasser des Meeres zum Gebirge auf und versprengte die Schiffe von Richards Flotte. Menschen, Ladung und Pferde purzelten auf den Schiffen durcheinander, Maste brachen, Segel zerfetzten, Ruder knickten weg. Die Wellen peitschten mit gewaltiger Wucht gegen die Planken der Schiffe, das Wasser ergoss sich schäumend und zischend über die Decks. Es war eine schreckliche Katastrophe. Mit Mühe und Not rettete sich Richard mit einigen Schiffen auf die Insel Kreta. Die Ungewissheit, was mit den anderen Schiffen geschehen war, hielt ihn nicht lange auf und er ließ nur die gröbsten Schäden
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