Der schwarze Magier
tot oder lebendig«, brüstete sich Richard. Die Beute, die er in den wenigen Stunden gemacht hatte, war erheblich. »Lasst das Schiff mit Berengaria und Jeanne in den Hafen einfahren«, befahl er. »Limassol gehört uns. Morgen gehört uns ganz Zypern!«
Die Eroberung der Insel wurde Richard leicht gemacht, denn viele von Isaaks Leuten ergaben sich Richard freiwillig und schworen ihm Treue und Gefolgschaft. Fast gleichzeitig traf auch eine Abordnung hoch gestellter Persönlichkeiten aus Palästina im Hafen von Limassol ein, darunter Guy de Lusignan, der König von Jerusalem, sein Bruder Geoffrey, Onfroy von Toron, Raymond, der Fürst von Antiochia, dessen Sohn Bohemund, Graf von Tripoli, und Leo, der Bruder des Fürsten Rupens von Armenien. Sie alle bezeichneten sich als Männer Englands und schworen Richard ihre Treue. Richard konnte mit sich zufrieden sein. Innerhalb von zwei Wochen hatte er die Insel erobert, beträchtliche Beute gemacht und sein Ansehen vor den Edlen Palästinas poliert wie Gold. Er klatschte in die Hände. »Ruft mir den Kaplan Nikolaus!«, rief er froh gelaunt. »Am Tag der Heiligen Achilles und Pankratz will ich mich mit Berengaria vermählen. Bereitet alles vor!«
Übermütig klopfte der König Rupert auf die Schulter. »Nun, zufrieden? Ich werde heiraten.«
Rupert lachte. »Damit ist die glänzende Fassade wirklich perfekt«, entgegnete er.
Der König war viel zu aufgeräumt, um Rupert für seine Worte böse zu sein. Im Gegenteil! In unendlicher Großmut zog er den widerstrebenden Rupert an seine Brust. »Ihr kennt mich wie meine Mutter!«
Die Hochzeit Richards mit Berengaria fand am 12. Mai in der St.-Georgs-Kapelle zu Limassol statt. Am gleichen Tag ließ Richard die Tochter des Königs von Navarra durch den Bischof Johann von Evreux im Beisein zahlreicher Prälaten, Erzbischöfe und Bischöfe, die Kreuzfahrer geworden waren, unter ihnen auch der Bischof von Bayonne, zur Königin von England krönen. Doch mit Isaak, der sich noch immer in den unzugänglichen Bergen versteckt hielt, war Richard noch nicht fertig. Er stellte kleine Suchtrupps zusammen, die den flüchtigen Kaiser aufstöbern sollten. Zugleich ließ er mit mehreren Galeeren die Insel umfahren.
Rupert beteiligte sich nicht an diesen ganzen Unternehmungen. Er wurde das seltsame Gefühl nicht los, dass das Ganze eine von langer Hand vorbereitete und abgekartete Unternehmung war. Der Sturm kam wie eine Schicksalsfügung Richard zu Hilfe. Mit den erbeuteten Pferden ritten die Suchtrupps ins Gebirge, während Rupert auf eigene Faust die verwüstete Stadt und die nähere Umgebung durchstreifte.
Limassol war entvölkert, die Häuser geplündert, die Bewohner, so sie nicht getötet worden waren, ins Gebirge geflohen. Auch die Umgebung war menschenleer, einige Dörfer, zwei Schlösser, ein Kloster, alles geplündert und verwüstet. Rupert ritt nach Westen entlang einer idyllisch gelegenen Bucht. Unversehens lagen vor ihm die Ruinen einer römischen Siedlung. Das Rund eines antiken Theaters wurde sichtbar, das spektakulär am Rande eines Steilhanges lag, nur überragt von einem zerstörten Tempel. Zu Ruperts Erstaunen gewahrte er einige Gestalten am Fuße der schlanken hohen Säulen. Es waren ausnahmslos Frauen, in weite, griechische Umhänge gehüllt. Fast hätte Rupert sie ignoriert, hätte er nicht bemerkt, dass eine der Frauen den Mittelpunkt bildete, die anderen offensichtlich ihre Bediensteten oder Sklavinnen waren. Irgendetwas fand er merkwürdig an der kleinen Gruppe und er näherte sich ihnen in gemächlichem Tempo. Die Frauen wichen zurück, jedoch ohne zu flüchten. Wo sollten sie auch hin? Zum Meer hin brach die Küste steil ab, das Hinterland war steinig und baumlos.
»Wer seid Ihr?«, fragte Rupert auf Griechisch.
Während alle anderen Frauen sich sofort zu Boden fallen ließen, blieb die eine in der Mitte stehen und blickte ihn an.
Sie war noch ein halbes Kind, verstört und unschuldig. Dann senkte sie den Blick. »Es hat ja doch keinen Sinn«, flüsterte sie. »Ich bin die Tochter von Isaak Komnenos.« Gleich darauf warf auch sie sich in den Staub. »Ich bitte Euch um Gnade, Herr!«
Rupert stieg von seinem Pferd ab und unterdrückte ein Lächeln. »Ich habe kein Interesse, Euch Gewalt anzutun«, sagte er. »Ihr solltet aus freien Stücken mit mir kommen.«
Er hob das Mädchen auf sein Pferd, während er es am Zügel führte. Er bemerkte ihren Blick zur Steilküste hin. »Hat es mit dem Ort etwas
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