Der schwarze Magier
Besonderes auf sich?«, wollte er wissen.
»In grauer Vorzeit, als die Griechen diese Insel bewohnten, wurden hier verurteilte Verbrecher gerichtet, indem man sie vom Felsen in den Abgrund stieß.«
»Interessant. Und ich dachte, diese Insel sei eine Insel des Friedens und der Schönheit.«
»Des Friedens sicher nicht, wohl aber der Schönheit«, erwiderte das Mädchen. »Unweit von hier befindet sich die Stelle, wo Aphrodite, die Göttin der Schönheit und Liebe, dem Meer entstieg. Sie wurde aus Schaum geboren.«
»Wie romantisch.« Rupert musste lächeln. Diese Insel beeindruckte ihn mit ihrer Natur, der Sanftheit und Schönheit, auch wenn Richard die Harmonie empfindlich gestört hatte. Doch war es überhaupt eine Harmonie unter diesem Piraten-Kaiser gewesen? Rupert blickte zu dem Mädchen empor, das den Blick über das Meer schweifen ließ, als würde sie es zum letzten Mal sehen. Sie erwartete nichts Gutes von der Zukunft.
Rupert traf den englischen König in Limassol an, wo er die Suchaktionen nach Kaiser Isaak leitete. Bislang hatte er jedoch keinen Erfolg. Er beachtete Rupert kaum, wunderte sich bloß, dass der Einzelgänger und Eigenbrötler sich in Begleitung einer viel zu jungen Frau befand.
»Kein Erfolg, Sire?«, fragte Rupert. »Vielleicht hilft das.« Er schob das Mädchen vor sich, das verschämt das Gesicht mit dem Schleier bedeckte, der ihren Kopf und Oberkörper verhüllte.
Ein wenig ratlos blickte der König auf das Kind. »Wie sollte sie helfen?«
Spott kehrte in Ruperts Gesicht zurück, ein Spott, den Richard stets fürchtete, denn er wusste, dass er Rupert in diesem Moment wieder unterlegen war. »Auch ein Tyrann hat eine weiche Stelle, Sire. Das ist seine Tochter.«
Richard riss verblüfft die Augen auf. »Hervorragend«, stieß er hervor und zerrte das Mädchen zu sich.
»Sire!« Ruperts Stimme klang scharf. Gleich darauf wurde sie leiser und weicher. »Mäßigt Euch.«
Richard nickte. Er legte seine Hand auf Ruperts Schulter. »Danke! Jetzt kriege ich ihn.«
Isaak Komnenos ergab sich sofort, als er von der Gefangennahme seiner Tochter erfuhr. Er warf sich Richard zu Füßen und bat um Gnade für sein Leben und das seiner Familienangehörigen. Sein Reich hatte er bereits verloren.
»Gut«, sagte Richard. »Ich bin in bester Laune, weil ich mich gerade vermählt habe. Ich werde Euch das Leben schenken.«
Isaak erhob sich. »Ihr seid ein König, ich ein Kaiser. Ihr habt mich besiegt, Ihr müsst mich nicht auch noch demütigen. Legt mich nicht in eiserne Ketten wie einen Verbrecher. Ich habe mich Euch ergeben.«
»Was?« Richard fuhr herum. »Ihr wagt es? Ihr seid nicht in der Position, auch noch Forderungen zu stellen!« Erregt lief er auf und ab. In einer Anwandlung von Großherzigkeit wandte er sich um. »Gut, gut, ich verspreche es.«
Er blickte seinen Kämmerer Raoul Fitz-Godefroy an, der den gefangenen Kaiser bewachen sollte. Raoul hob genervt die Hände. »Wie soll ich ihn sonst bewachen? Er rennt ja schneller als eine Bergziege.«
»Das ist Eure Sache. Ich habe mein Wort gegeben.« Richard setzte sich neben Rupert, der langsam einen Becher kühlen Weins geleert hatte.
Rupert heftete seinen Blick lange auf Richards blaue Augen. Spielerisch drehte er den leeren Silberbecher zwischen seinen Fingern. »Es gibt ja nicht nur Eisen«, bemerkte er beiläufig.
Dem König stockte der Atem, dann lächelte er plötzlich. Er sprang auf und wies mit dem ausgestreckten Arm auf den gefangenen Kaiser. »Fitz-Godefroy, schlagt ihn in silberne Ketten!«
Das Massaker von Akkon
Ein ruhmreicher König fuhr auf seinen Galeeren gen Akkon und dieser Ruhm eilte ihm voraus wie der Geruch eines Raubtieres mit dem Wind. Er ließ seine Feinde erzittern und seine Anhänger jubeln. Wer jetzt noch nicht an den großen König Richard mit dem Herz eines Löwen glaubte, der musste mit Blindheit geschlagen sein.
Mit dem König fuhren die Edlen von Palästina, der König von Jerusalem, der er nur dem Namen nach noch war, der Fürst von Antiochia, der Graf von Tripoli, alle Fürsten, die jetzt wieder große Hoffnung hegten und daran glaubten, dass Richard der Erlöser war, der das Heilige Land vom Joch der Ungläubigen befreien konnte.
Die unglückliche Tochter des gefangenen Kaisers hatte Richard auf das Schiff zu Jeanne und Berengaria gegeben, die das Mädchen zur wahren Christin erziehen sollten. Isaak selbst wurde, in silberne Ketten geschlagen und unter der strengen Bewachung von
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