Der schwarze Magier
aufgegeben, für Richards ungebärdiges Verhalten das personifizierte Gewissen zu spielen. Die Tollheiten Richards stießen ihn ab und er suchte eine Gelegenheit, die Fronten zu wechseln. Doch solange er mit Richard in Jaffa festsaß, bot sich keine Gelegenheit dazu. Er musste die Geschicke selbst in die Hand nehmen. Der bedenkliche Zustand von Richards Armee, der zahlenmäßige Schwund und die immer komplizierter werdenden Verhältnisse drängten nach einer Entscheidung. Und die hieß Kompromiss.
»Beide Armeen sind ausgeblutet und am Ende ihrer Kräfte, Sire. Das Land ist verwüstet, beide Seiten haben Gut und Leben geopfert. Es ist jetzt an der Zeit, ein Ende zu machen, oder wollt Ihr König eines Friedhofs werden?«
»Ich weiß«, entgegnete Richard plötzlich ganz nüchtern und sachlich. »Die strittigen Fragen sind Jerusalem, auf das wir aus Glaubensgründen nicht verzichten können, das Land jenseits des Jordans und das Wahre Kreuz. Für die Moslems ist es nur ein Stück wertloses Holz. Wenn der Sultan es uns überlässt, bin ich bereit, mit ihm Frieden zu schließen. Ich werde ihm eine Botschaft senden.«
Richard hatte seine Gemahlin Berengaria und seine Schwester Jeanne, die ihn auf einem der Schiffe begleiteten, an Land bringen lassen. Doch kurz darauf kam es zu einem heftigen Streit zwischen Richard und seiner Schwester. Richard hatte an Malik el-Adil eine Botschaft gesandt und erwog allen Ernstes, ihm Jeanne zur Frau zu geben, wenn Saladin ihm dafür Jerusalem und das gesamte Westjordanland kampflos zurückgäbe. Saladin fasste dieses Angebot als Scherz auf, el-Adil lehnte mit morgenländischer Höflichkeit ab, Jeanne jedoch war außer sich.
»Niemals werde ich einen Muselmanen heiraten«, tobte sie.
»Kein Problem, dann tritt el-Adil eben zum Christentum über«, beschwichtigte Richard sie. »Ein päpstlicher Dispens bewegt dich möglicherweise dann zu einer Sinnesänderung.«
Wutschnaubend verließ Jeanne den Raum und ließ einen nachdenklichen Richard zurück. »Wenn Jeanne nicht will, dann vielleicht meine Nichte Eleonore von Bretagne.«
Rupert hatte es vorgezogen, sich aus Richards wirrer Politik herauszuhalten und sich allein in Jaffa umzusehen. Überall herrschte rege Bautätigkeit. Obwohl die Stadt reich und blühend war, ließ Richard einfach große Teile niederreißen, um Befestigungsanlagen zu bauen. Außerdem hatte Saladin den Hafen und Teile des Hafenviertels verwüstet. Dieser Hafen war für die Versorgung des Binnenlandes jedoch strategisch so wichtig, dass Richard es für richtig fand, ihn wieder aufzubauen.
Vor einem palastähnlichen Gebäude gewahrte Rupert Hugo, den Herzog von Burgund, und eine große Anzahl französischer Ritter. Unauffällig näherte Rupert sich ihnen und belauschte sie, hinter einem Pfeiler des Innenhofes versteckt.
»Ihr wisst, dass der König von Frankreich fortgegangen ist, doch die Blüte der französischen Ritterschaft ist geblieben. Der König von England hat nur noch wenige Leute. Wenn wir weiter vorrücken und Jerusalem einnehmen, wird es heißen, nicht die Franzosen hätten es erobert, sondern der König von England, während der französische König geflohen sei. Das würde Schande über Philipp und das ganze Land bringen. Es darf aber nie ein Vorwurf auf Frankreich lasten. Deshalb schlage ich vor, dass wir nicht weiter vorrücken.«
Unter den Rittern und Herzögen, Baronen und Grafen brach Tumult aus. Viele gaben dem Herzog Recht, andere widersprachen. »Philipp hat sich feige aus dem Staub gemacht. Wäre er mitgezogen, hätte er Anteil am Ruhm gehabt, den Richard nun allein einsteckt.«
Der Herzog hob die Hände. »Es steht jedem frei, sich zu entscheiden. Wer mir folgen will, der folge!«
Rupert hatte genug gehört. Er kehrte zurück ins Quartier. Richard erwartete ihn. »Habt Ihr Euch auch in der Stadt vergnügt, de Cazeville?«, fragte er gut gelaunt. »Mir scheint, auch die feurigen Blicke der schönsten Mädchen lassen Euch kalt. Ihr solltet dem Leben etwas mehr die lustigen Seiten abgewinnen. Morgen werden wir aufbrechen nach Jerusalem. Ich werde Jaffa unter der Obhut des Bischofs von Evreux und des Grafen von Chalons lassen. Ihnen vertraue ich.«
Richard schien von Hugos Verschwörung nichts zu ahnen. Rupert senkte den Kopf. »Ich hege den Verdacht, dass Jerusalem gar nicht Euer eigentliches Ziel ist.«
»Was redet Ihr da, de Cazeville? Natürlich wollen wir Jerusalem aus der Hand der Ungläubigen befreien.« Doch seine Augen
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